Der Anfang von allem

Beginne am Anfang
                                    

Ich musste irgendwann eingeschlafen sein, denn ich lag plötzlich zugedeckt in meinem Bett, als der Wecker fiepte. ,,Schule", grummelte ich demotiviert und haute meinem Wecker ordentlich aufs Dach, damit er endlich Ruhe gab. Ich rollte mich mit einem Seufzen aus dem Bett und schlurfte mit irgendwelchen Klamotten auf dem Arm rüber ins Bad. Meine Haare waren ein zerwühlter Albtraum, weshalb ich sie mit meiner Bürste malträtierte, bis ich halbwegs zu frieden war. Gegen die Augenringe trug ich noch etwas Concealer auf, dann zog ich mich um und schlurfte die Treppe runter in die Küche. Auf dem Küchentisch fand ich einen Zettel vor, auf dem stand: Wichtiger Einsatz, hab dich lieb. Ich hatte mich schon längst dran gewöhnt, dass er des öfteren morgens nicht mehr da war, wenn ich los zur Schule musste. Ich kippte nur schnell ein Glas O-Saft runter, dann schnappte ich mir meine Schultasche von der Garderobe im Flur, schlüpfte in Schuhe und Regenjacke und spazierte nach draußen und in die Garage. Wie es für den Sommer in Forks üblich war, regnete es und dazu hingen noch Nebelschwaden in der Luft, sodass ich trotz der Sommerlichen Temperaturen von 17 °C fröstelte. Unter der Regenjacke trug ich nämlich nur ein T-Shirt. In der Garage schnappte ich mir von der Ablage an der rechten Wand den Schlüssel für mein Motorrad und dann ging es los zur Schule (natürlich nicht, bevor ich nicht das Garagentor wieder geschlossen hatte). Auf den nassen Straßen musste man vorsichtig fahren, sonst würde man schon in der ersten Kurve in hohem Bogen in die Büsche der Nachbarn fliegen. Ein Teil meines Schulweges führte auch durch einen Teil des überall anwesenden Waldes, der mich ein bisschen vor dem Regenguss schützte. Aber viel brachte es auch nicht. 

Auf dem Schulparkplatz tummelten sich schon die üblichen Verdächtigen rum. Aber ich sah auch zwei fremde Autos: Einen silbernen Volvo und einen silber-schwarzen, fetten Geländewagen. Beide Autos sahen nicht gerade billig aus. Das mussten die Autos der Cullen-Kinder sein. Die Neulinge. ,,Hey Eli, willkommen zurück im Regen", rief mir Jessica quer über den Schulhof zu, während ich mein Motorrad gerade mit der wasserdichten Plane abdeckte. ,,Ja, ich vermisse die Sonne jetzt schon", rief ich zurück. Das entsprach auch der Wahrheit. Ich genoss jedes mal die Sonne, wenn ich in Phoenix war. Die Wolkendecke über Forks riss so selten auf, dass die Sonne beinahe schon ein Phantom für uns Einwohner war. Bereits in der ersten Stunde in Englisch fielen mir zwei fremde Gesichter auf: Ein Typ mit honigblonden Locken und einem etwas leidenden Gesichtsausdruck und ein recht kleines schwarzhaariges Mädel, dessen Haare in alle Richtungen abstanden. Aber bei ihr sah das voll cool aus. Sie saßen in meiner Reihe. Ich hatte den Platz am Fenster, aber die anderen beiden Plätze waren immer frei gewesen. Meine Tasche legte ich wie immer auf die Fensterbank und kramte mein Englischheft und unsere aktuelle Lektüre raus: Slumdog Millionair. Ödes Buch. Zumindest für meinen Geschmack. ,,Hi, ich bin Eli", begrüßte ich die beiden Neulinge fröhlich, ,,Ihr seid neu hier, oder?" ,,Ja", erwiderte die kleine schwarzhaarige mit einem breiten Grinsen, während der Blondi sich etwas versteifte, ,,Ich bin Alice. Das ist Jasper. Wir sind gerade erst her gezogen." ,,Cool", erwiderte ich darauf, während der Lehrer den Raum betrat, ,,Willkommen in der langweiligsten Stadt der Welt." Alice kicherte und auch Jasper schien sich etwas zu entspannen. ,,Guten Morgen Klasse", wurden wir von einem sehr motivierten Mr Higgins begrüßt. Es gibt Lehrer, die es nicht interessiert, was ihre Schüler im Unterricht machen, es gibt neutrale Lehrer und es gibt Lehrer, die für ihr Fach leben. Mr Higgins war einer von der letzten Sorte. Ich freute mich schon drauf, den Typ in der elften los zu sein. 

Wie immer schlief ich halb in seinem Unterricht und halb hörte ich zu. Wir hatten mit Slumdog Millionair vor den Ferien irgendwann angefangen und hatten immer noch nicht das letzte Kapitel besprochen. Zwischendrin stupste Alice mich von der Seite an und meinte kichernd: ,,Ich glaube, es ist besser, nicht im Unterricht zu schlafen." ,,Danke fürs wecken", flüsterte ich ebenfalls kichernd zurück. Alice war bei mir direkt in der Kategorie cool gelandet. Jasper konnte ich noch nicht so ganz zu ordnen. Im laufe des Tages lernte ich auch die übrigen Cullens in meinem Unterricht kennen. In Biologie Edward und in Physik Rosalie und Emmet. Beim Mittagessen saß ich wie immer allein an einem Tisch in der hintersten Ecke der Mensa. Beim Essen hatte ich gerne mal meine Ruhe. Es war Suppenmontag. Ich fragte mich immer noch, ob man das wirklich als Tomatensuppe bezeichnen könnte. Sie war nicht mal rot! ,,Hi", meinte plötzlich Alice fröhlich lächelnd und ließ sich mir gegenüber auf einen der Stühle fallen, ,,Wieso sitzt du denn hier so alleine?" Auch die anderen Cullens setzten sich dazu. Ich wollte jetzt nicht wie so ein einsamer Einzelgänger wirken, deshalb antwortete ich: ,,Keine Ahnung. Irgendwo hab ich das Gefühl, in keine der Tischgruppen so richtig rein zu passen. Die sind alle so anders als ich." ,,Wäre ja auch komisch wenn nicht", meinte Emmet mit einem verschmitzten Grinsen und rührte misstrauisch in der Suppe rum. Ich schlürfte vorsichtig einen Löffel ab und entschied dann: ,,Ich glaub ich mach mir später einfach eine Pizza." Das brachte die Cullens teils zum lachen, teils zum grinsen. ,,Hey, von wo seid ihr eigentlich her gezogen?", fragte ich einfach mal in die Runde, um etwas gegen diese Stille zu tun. ,,Alaska", antwortete Edward und wirkte etwas grüblerisch. ,,Wir haben da Verwandte", erklärte Rosalie. Rosalie war wirklich eine Schönheit mit ihren langen blonden Haaren und ihrer perfekten Figur. Emmet war gebaut, wie ein Gladiator und Edward sah einfach nur aus, wie ein Model. Alice und Jasper sahen dagegen einfach nur aus, wie Filmstars. Sie sahen alle unverschämt gut aus. Und sie schienen mir sehr nett zu sein. Bis auf Jasper hatte ich mittlerweile alle zur Kategorie Cool zuordnen können. Jasper passte noch in keine meiner Kategorien rein. Irgendwas war aber mit allen Cullens anders. Sie waren nicht so normal, wie all die anderen langweiligen Schüler um mich herum. Irgendwas hatten sie an sich. Ich wusste nur noch nicht, was es war... 

Elisa Swan AliveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt