16. Kapitel: Nathan

Mulai dari awal
                                    

„Was ich sehr wohl verstehe ist, dass du offensichtlich unglücklich ohne sie bist. Seit ich dich kenne warst du noch nie so offen und umgänglich wie während der Zeit, die du mit ihr verbracht hast. Was ist also falsch daran?", versuchte Damien sachlich zu bleiben und mir wohl irgendwie ins Gewissen und sogar ins Herz zu reden, aber wenn er mich wirklich so gut kennen würde, wüsste er, dass das zwecklos war.

„Oh Damien, du hast noch so viel zu lernen. Sei bloß froh, dass wir hier gerade in aller Öffentlichkeit sind, sonst würde ich dir eine ordentliche Lektion erteilen, die es in sich hat. Wie kannst du es wagen dich einfach so über mich hinweg zu setzen? Wie konnte ich auch glauben, dass du einfach ohne jegliche Hintergedanken hierherkommen und mich herbestellen würdest", grummelte ich aufgebracht und wollte gerade wieder einen Schluck Whiskey zu mir nehmen, als mir einfiel, dass ich mein Glas mittlerweile ja in seine Einzelteile zerlegt hatte. Kurzerhand griff ich nach Damiens Drink und leerte ihn in einem Zug, was Damien nicht schlecht staunen ließ. „Wir gehen jetzt. Auf der Stelle", bestimmte ich als ranghöherer Keeper und wandte mich gerade zum Gehen, als ich spürte, dass jemand hinter mir stand.

„Was hast du denn mit deiner Hand gemacht?", sagte diese angenehme weiche und liebliche Stimme, die mich noch einmal tief Luft holen ließ.

„Damien, verschwinde. Wir klären das morgen. Los, hau ab!", bluffte ich ihn barsch an, damit er uns endlich alleine ließ, doch nach dem Bruchteil eines Zögerns, schien er es wohl geschnallt zu haben, dass er sich um seinetwillen nun besser aus dem Staub machte.

Sobald er weg und ich mit ihr alleine war, hatte ich das Gefühl einen so großen Kloß im Hals zu haben, dass es mir nicht mehr möglich war zu sprechen. Ich schluckte mehrfach und als sie sich schließlich neben mich setzte, was sich für eine Frau eigentlich überhaupt nicht schickte, fand ich endlich wieder die Möglichkeit zu sprechen.

„Nicht so wichtig. Was machst du hier?", fragte ich zurück und versuchte locker zu bleiben, aber mein Körper hatte sich bereits von oben bis unten komplett angespannt.

Verstohlen erhaschte ich aus den Augenwinkeln einen Blick auf sie. Ich vergaß fast zu atmen. Sie sah einfach nur unglaublich hinreißend in ihrem langen himmelblauen Kleid aus und diese Hochsteckfrisur stand ihr einfach unbeschreiblich gut. Ich fragte mich unmittelbar, wie sie es mit dieser langen Schleppe eigentlich auf den Barhocker geschafft hatte, ohne zu fallen.

„Naja, die bessere Frage sollte doch sein, was du hier eigentlich machst", kam es künstlich lachend von ihr und mir entging nicht, dass sie sauer war.

Oh, und wie sauer sie war. Ich konnte gar nicht schnell genug reagieren, da hatte sie mir schon eine schallende Ohrfeige gegeben. Meine Wange glühte und schmerzte mehr, als meine immer noch blutenden Hände. Nein, ihr Verhalten überraschte mich überhaupt nicht. Ich verstand sie vollkommen, ich hatte das ja verdient, wenn man bedachte, wie sehr ich sie vor den Kopf gestoßen hatte. Ich hatte wirklich Mist gebaut, aber es war zwingend nötig gewesen, wenn ich nicht wollte, dass sie in Ärger hineingezogen wurde.

Die Musik war zwar sehr laut in diesem riesigen etwas verwinkelten Saal, aber trotz allem hatten einige Menschen um uns herum unsere Auseinandersetzung oder wie auch immer man das nennen sollte bemerkt. Die Verachtung und Missbilligung stand ihnen ins Gesicht geschrieben, aber was kümmerte es mich?

„Die habe ich wohl verdient, schätze ich", sagte ich nur und sah ihr zum ersten Mal direkt ins Gesicht. Ihre Augen waren so voller Zorn, das mochte ich so überhaupt gar nicht an ihr.

„Wie konntest du nur?", war alles was sie sagte und intuitiv wieder die Hand hob, sie im allerletzten Moment aber wieder herunternahm und sich innerlich sichtlich zusammenreißen zu schien. Ob es nun wegen mir oder wegen der ganzen versammelten Mannschaft hier im Raum war, ich konnte es nicht sagen.

„Nur zu, schlag mich, Samantha. Tu dir keinen Zwang an. Ich bin ein Idiot, ich weiß", provozierte ich und hielt ihr sogar noch meine andere Wange hin, die sie noch nicht erwischt hatte.

„Wieso tust du das? Du weißt genau, dass ich das nicht will", fragte sie mich kopfschüttelnd, während ihre Miene sich für den Bruchteil einer Sekunde wieder aufzuhellen schien, kurz darauf aber wieder im alten Muster versank und ein großer Schatten sich wieder darauf verteilte.

„Du weißt wieso", murmelte ich und ich spürte selbst, wie ich mich etwas zu entspannen anfing.

Gott, diese Frau hatte einfach eine unbeschreibliche Wirkung auf mich, das liebte ich so abgöttisch an ihr, aber genau das war der Grund, wieso ich sie gehen lassen musste. Es ging einfach nicht anders, auch wenn es wie ich zugeben musste das Schwerste war, was ich meinem gesamten Leben bisher tun musste. Eben weil ich sie liebte und sie mir so wahnsinnig wichtig geworden war in dieser kurzen Zeit, musste ich sie ein für alle Mal gehen lassen. Es tat gut sie noch einmal zu sehen, doch auf der anderen Seite war es mindestens genauso schmerzhaft. Damien hatte keine Ahnung, was er damit eigentlich angerichtet hatte.

„Nein, tu das nicht. Sieh mich nicht wieder so an! Du weißt genau, dass...", begann sie sofort und der Ausdruck in ihren Augen machte mir nur allzu schnell ersichtlich, wie sehr sie das verletzte. Dass sie jeden Augenblick anfangen würde, zu weinen.

Ich könnte es nicht ertragen sie so zu sehen. Hasste es, sie traurig zu sehen. Es hatte mich schon all meine Überwindung gekostet, sie überhaupt so vor den Kopf zu stoßen. Verdammt nochmal!

„Bitte verzeih mir, aber ich kann nicht anders. Ich liebe dich, aber es geht einfach nicht, verstehst du? Du verdienst das nicht. Ich bin nicht gut für dich", zwang ich mich zu sagen und mir jedes einzelne Wort über die Lippen zu quälen. „Ich sollte jetzt besser gehen", beschloss ich dann schließlich und seufzte, doch in dem Moment, indem ich mich auf den Weg machen wollte, beugte sie sich so schnell vor in meine Richtung, dass ich gar nicht mehr rechtzeitig schalten konnte.

In der Sekunde in der mich ihre Lippen trafen, brach ich innerlich zusammen. Wie sollte ich bloß jemals von dieser Frau loskommen? Wieso tat sie das, obwohl ich sie so voller Kraft von mir gestoßen hatte? Wieso glaubte sie immer noch an mich? Ich war eigentlich der Ansicht gewesen, dass ich das gut hinbekommen hatte. So gut man das eben hinbekommen konnte.

„Sam, nein. Es ist besser so, glaub mir einfach", wimmelte ich sie so gut ich konnte ab. „Ich verschwinde jetzt und du wirst hier bleiben und einen schönen Abend haben. Ich bin mir sicher, dass du jemand zum Tanzen findest. Du liebst doch solche Bälle, richtig? Genieß es und schau bitte nicht zurück", schloss ich, vermied es dabei aber in ihre Augen zu sehen. Es fiel mir so oder so schon unheimlich schwer.

Ich stand einfach auf und ging. Diesmal hielt sie mich nicht zurück. Wieso konnte ich nicht genau sagen. Vielleicht musste sie einfach erst einmal verarbeiten, was ich ihr gerade noch einmal auf die etwas sanftere Tour gesagt hatte, als das letzte Mal, wo ich mich schon einmal von ihr verabschiedet hatte.

Ja, es war besser so. Trotzdem konnte ich nicht ihre Blicke ignorieren, die sich von der Bar aus immer noch in meinen Rücken bohrten, als ich längst schon den Ausgang der Halle erreicht hatte. Bestimmt kamen nun die Tränen hoch, die sie die ganze Zeit zurückgehalten hatte. Das hätte ich mir beim besten Willen nicht mehr ansehen können. Das wäre definitiv zu viel gewesen, nein. Wir mussten beide lernen, damit klarzukommen. Mit der Zeit würde es schon einfacher werden.

Als die kühle Abendbrise mich umfing, sobald ich nach draußen trat, war ich unglaublich erleichtert. Tief sog ich die frische Luft ein und hielt kurz inne. Die nervige glückliche und fröhliche Musik hörte ich nur noch ganz schwach. Es war endgültig vorbei. Für immer.

Keepers of Fate [abgeschlossen] #UrbanFantasyTempat cerita menjadi hidup. Temukan sekarang