Teil 1 - Gilbert

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"Weisst du Großvater Fritz... eine Sache verstehe ich da nicht. " gab Gilbert von sich, als er mit einem leichten Sprung einen auf dem Waldweg liegenden Stein überbrückte.

Sein Großvater warf ihm einen fragenden Blick zu, während er neben ihm her spazierte.

"Wieso möchtest du nicht, dass Mama und ich mit dir in deinem Anwesen wohnen? Ich meine Platz gibt es da reichlich und außerdem müsstest du uns nicht mehr ständig besuchen kommen!" versuchte der verzweifelte Junge seinen Opa zu überzeugen.

Mit einer leicht traurigen Miene drehte der alte Mann sein Gesicht wieder nach vorn und senkte den Kopf.

Anschließend sprach er mit ruhiger, aber sicheren Stimme: "Gilbert, mein Junge, hierbei geht es nicht darum was ich möchte. Deine Mutter hat sich bereits entschieden, als sie mit 19 Jahren das Haus verließ, um mit diesem unzivilisierten, rebellischen, möchtegern Söldner durchzubrennen, ohne dabei ein Wort zu verlieren." *

Verdutzt starrte Gilbert seinen älteren Verwandten in der Hoffnung eine nähere Erklärung zu seiner vorherigen Aussage zu ergattern an.
Ohne dies allerdings zu bemerken, schloss Fritz das Thema mit einem Lächeln und der einfachen Bemerkung:" aber du bist noch zu jung um das zu verstehen" ab.

-
Es war ein berauschender Anblick.
Die Sonne schien mit ihren hellen Strahlen auf die stille Oberfläche des großen Sees. Tausende Tannen und Fichten bahnten sich den Weg um den See herum und ließen diese Gegend wie einen verschlossenen Raum aussehen.
Das hier war Gilberts absoluter Lieblingsaufenthaltsort.
Der Ort wo er Tage sowie Nächte verbringen kann und hat.
Der Ort an dem er die meiste Zeit mit seinem Großvater verbringt.
Es ist der Ort wo es keine Probleme gibt.
Der Ort an dem er niemandem etwas beweisen muss.
Ein Ort von Gesinnung und Freiheit.
Schwer ist es nicht zu erraten, dass dies auch einer der Lieblingsorte des alten Fritz ist. Sogar der zweite.
Was sein erstliebster Aufenthaltsort ist, hat der  weißhaarige Junge  nie richtig verstanden. Sein Opa antwortete ihm auf die Frage, dass Gilbert selbst sein liebster Ort sei. Aber Gilbert war doch kein Ort. Also wie um Gottes willen soll er bitte seine Lieblingsortschaft sein.
Der alte Mann beschloss ihn den Sinn dahinter selbst herausfinden zu lassen.
Aber der Albino wusste einfach nicht was er damit andeuten wollte.
In seinen gesamten zehn Jahren die er auf dieser Welt verbringen durfte, kann er sich an nichts schöneres  erinnern.

Nachdem sich die Beiden am Ufer des Sees ausbreiteten, nahmen sie jeweils eine Angel und positionierten sich richtung See.
Gilbert war bereits öfters angeln und kennt bereits den ein und den anderen Trick, um die Fische fangen zu können .
Neben seinen zahlreichen Eigenschaften hat er seinem erfahrenen Großvater Fritz auch diese zu verdanken.
Fritz war schon immer in sehr vielen Bereichen wie Musik, Kunst, Medizin und sogar in der Aufrüstung begabt.
Seine Zeit im Dienst hatte ihn härter und disziplinierter gemacht, jedoch war dies wahrscheinlich auch teilweise der Grund warum seine geliebte Tochter sich von ihm abwandte.
Wie gerne hätte er ihr einige seiner Fähigkeiten und/oder Lebensweisheiten weiter geben wollen, um sie vor ihrem Schicksal  bewahren haben zu können.
Nichtsdestotrotz war ihr Schicksal auch der Grund für den Erhalt seines kleinen, wundervollen Enkelsohns den er und seine Tochter über alles auf der Welt liebten und schätzten.
Und auch wenn er seine Kenntnisse nicht an sein Mädchen weiter geben konnte, wird er zumindest sicherstellen das  er Gilbert, sein zweites Herzstück, seine Prinzipien und Erfahrungen weitergibt.
Gilbert hingegen war begeistert von allem was sein Alter zu sagen hatte.  Er bewunderte und liebte ihn mit ganzem Herzen. Fritz war für Gilbert DAS Vorbild, das sein eigener Vater nicht für ihn sein konnte.
Auch Gilberts Vater leistete seinen Dienst. Ludwig Beilschmidt** war der geborene Soldat. Er war ein Meister der Waffen, hat tagtäglich trainiert und konnte besser als jeder andere rechnen. Dementsprechend war er zu Hause auch nur selten anzutreffen. Ludwig hatte schon immer die Vorstellung einer perfekten Familie im Kopf, bis an dem Tag als Gilbert auf die Welt kam. Gilbert war nicht wie jedes andere Kind. Er war außergewöhnlich. Bei seiner Geburt wurde eine Störung in der Biosynthese der Melanie festgestellt. Dies hatte Auswirkungen auf sein äußeres Erscheinungsbild. Gilbert kam mit unglaublich blasser Haut auf die Welt, er hatte so helle Haare das sie fast weiß wirkten und das merkwürdigste waren seine Augen, die einen starken rotstich aufwiesen.
Mit dieser Erkenntnis brachte eine Welt in ihm zusammen. Er konnte damit einfach nicht klarkommen. Warum? Warum ausgerechnet sein Sohn? Er konnte es nicht verstehen. Er WOLLTE es nicht verstehen.
Folglich kam es dazu, dass Ludwig noch seltener bis nie zu Hause war. Er konnte einfach nicht in diese verräterischen Augen schauen. Und falls er doch mal zu Hause war, ignorierte er den Jungen schamlos. Mit der Zeit entwickelte sich die Enttäuschung in Hass um. Traurigerweise bekamm Gilbert dies auch nicht nur selten zu spüren. Der Albino war hilflos, er wusste nicht was sich um ihn abspielte, warum er von seinem Vater so verachtet wurde. Aber für Gilbert war er nie wirklich ein Vater gewesen.
Glücklicherweise durfte er die Liebe seiner Mutter erleben. Er empfand großen Respekt für seine Mutter für ihren Mut ihrem Mann die Stirn zu bieten, für ihren mütterlichen Ehrgeiz mit dem sie sich um ihn kümmert und für ihre Stärke bei diesen Situationen fokussiert zu bleiben.
Sie war für Gilbert neben seinem Großvater der Fels in der Brandung.

Als wir Kinder waren... Where stories live. Discover now