Kapitel 1

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Als ich die merkwürdige Linien auf meinem Arm sah, war ich mir sicher, dass ich in einem Traum gefangen war. Das einzige, was mich daran zweifeln ließ, war diese Schärfe meines Blickfelds, das sich in meinen luziden Träumen normalerweise verschwommen vor mir erstreckte. Fasziniert beobachtete ich, wie sich die hauchdünnen Striche miteinander kombinierten wie ein Gradnetz. 

Plötzlich schnitten sich diese Linien in meine Haut, sodass meine gesamten Arme übersäht mit blutroten orthogonalen und vertikalen Linien war. Ich schrie auf. Doch der Schrei wurde von einem unmittelbar auftretenden Surren übertönt, das sich in meinen Knochen festzubeißen schien. Auf die gleiche Art und Weise schlich es sich in mein Ohr, es wurde lauter und lauter, bis mein Kopf begann zu dröhnen. Die Schmerzen ließen mich aufstöhnen, ich schloss die Augen, um wieder einen klaren Gedanken fassen zu können, ich legte einen Finger an die Schläfe, damit es aufhörte, aber nichts passierte. Ganz im Gegenteil. 

Ein beklemmendes Gefühl in der Brust verwehrte mir, meine lebensnotwendige Atemluft zu inhalieren. Währenddessen riss eine unsichtbare Macht an mir, die mir die Beine unter dem Boden wegriss. Ich hatte ein Gefühl, als würde man mir die Seele aussaugen und ich versuchte, mit all meiner Kraft dagegen anzukämpfen. Doch je stärker ich es versuchte, desto schwächer wurde ich. Schließlich gab ich nach, Ich fühlte mich leer, erschöpft, müde. Wie ein unbeschriebenes Blatt oder eine Plastiktüte im Wind.

Und plötzlich fühlte es sich so an, als würde ich in ein großes, schwarzes Loch fallen, nachdem mich niemand hatte auffangen können.

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Das erste, was ich bemerkte, als ich die Augen aufschlug, war mein brummender Schädel, als hätte man ihm tausend kleine Messerstiche hinzugefügt.
Meine Sicht war unklar, doch je länger ich blinzelte, desto mehr gewöhnten sich meine Augen an das grelle Licht. Sie fokussierten Steine und Stöcke und ausgedorrte Tannennadeln sowie vertrocknete Blätter.

Benommen blinzelte ich noch ein paar Mal. Dann richtete ich mich langsam auf. War das alles nur ein Traum? Nein, dafür fühlte sich mein pochender Schädel und mein schnell schlagendes Herz zu lebendig an. Wurde ich entführt? Allerdings würde niemand sich die Mühe machen, jemanden zu entführen, um ihn dann auf dem Waldboden liegen zu lassen. Dementsprechend befand ich mich in keinem Traum und entführt wurde ich auch nicht. Was hätte man auch von mir, ... Wer war ich eigentlich?

Ich riss entsetzt die Augen auf. Wie hieß ich? Und wieso war ich hier? Doch es dauerte nicht lange, bis mir die Antwort auf die erste Frage wieder in den Sinn kam. Ich wusste, dass ich Grace Lyall hieß. Ich wusste, dass ich bei meinen Eltern Kenan und Rosemary Lyall wohnte. Ich wusste eigentlich alles über das Leben, von der Schule bis hin dazu, wie man seine Schnürsenkel bindet, dass Zucker ungesund war und genau so gut, wie unsere Erde aufgebaut war.
Dieser Gedanke legte einen Schalter in meinem Kopf und ein Gradnetz erschien wie auf Blitzschlag in meinem Kopf.

Die Geräusche - die Kopfschmerzen - das beklemmende Gefühl - die feinen Linien auf meinem Arm - die schwarze Leere.
Alles war wieder da, bis zu dem Zeitpunkt, als alles schwarz geworden war.

Langsam stand ich von dem harten Waldboden auf und drehte mich langsam im Kreis.
Lange Fichten, Büsche, die Sonne, die zwischen dem mit Blättern bedeckten Himmel durchschien.
Hier und da waren auch ein paar Laubbäume, genau wie vereinzelt Pflanzen aus der Erdoberfläche gewachsen waren.

Ich hatte mich bis zur Hälfte um meine eigene Achse gedreht, als sich vor mir eine mittelgroße Fläche erstreckte. Auf ihr war wuchsen keine Bäume und es schien fast so, als wäre sie von Menschenhand angelegt worden.
Doch am seltsamsten waren die fünf pechschwarzen Zelte, die die Lichtung ausfüllten. Vier Stück von ihnen bildeten ein Quadrat mit zwei Meter breiten Gängen an jeder Seite und ein einzelnes stand abseits der anderen.

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