XI

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"Und was haben sie dann gesagt?"

"Sie wollen mit mir darüber weiterreden, wenn sie mehr Zeit haben."

Trotz des Gesprächs hat sich Jeno mit Jaemin getroffen und direkt die Ereignisse des Morgens erzählt, da Jaemin sehr neugierig war und Jenos dezent genervtes Gesicht sah, als er ihn zwei Stunden später am Spielplatz traf. Beide saßen auf den Schaukeln und kickten die kleinen Kieselsteine, die unter ihren Füßen waren und den Boden bedeckten.

"Das ist echt mies.", murmelte der rosahaarige Junge und schaute seine Füße an.

"Mies? Das ist komplett bescheuert und oberflächlich! Bald werden sie mich endlich in Ruhe lassen...hoffentlich."

"Wieso hoffentlich?", fragte Jaemin verwirrt nach. Er war davon überzeugt, dass Jeno sein Leben alleine und unbeschwert weiterführen würde, nachdem dieser erwachsen war.

Jeno seufzte laut, seine Situation frustrierte ihn. Sein Leben wurde ihm von Anfang bestimmt und er hatte kein Mitspracherecht, wie sollte man sich sonst fühlen? "Meine Eltern wollen mich als ihren Nachfolger, das heißt, dass ich für eine sehr lange Zeit an ihnen und an ihrer Firma gebunden sein werde."

Jaemin verstand nicht, was Jenos Problem war. Er hatte einen festen Arbeitsplatz und hatte sehr viel Geld. Wieso sollte man dann nicht glücklich sein? "Und was ist so schlimm daran? Du musst dir keine Sorgen machen, dass du eines Tages auf der Straße landen wirst und um Almosen betteln musst."

"Die Firma zu übernehmen, ist eine der größten Verantwortungen, die ich jemals bekommen könnte, wenn ich einmal scheitere, ist alles weg. Außerdem...", Jeno atmete tief ein, da er sich nach wie vor nicht mit diesem Gedanken anfreunden konnte. "Außerdem hat man meine Heirat schon geplant, ohne weder mich noch meiner 'Verlobten' nach unserer Einverständnis zu fragen."

Geschockt schaute Jaemin ihn an und sprang von der Schaukel auf. "Nichts gegen deine Eltern, aber haben die ein Hirn in ihrem Kopf? Wer zur Hölle entscheidet über das Leben seiner Kinder ohne ihr Einverständnis?"

"Reiche schnöselige Eltern, Jaemin. Das ist der Alltag jedes Erben. Aber lass uns das Thema wechseln, ich will nämlich meine wertvolle Freizeit mit dir verbringen! Schieß los, was hast du heute mit mir vor?"

Der rosahaarige Junge war für Jeno wie ein neuer Akku, der ihn sofort aufladete. Er wünschte sich, er könnte jeden Tag mit Jaemin verbringen, denn er ließ ihn wie ein normaler Junge fühlen.

"Heute...Trommelwirbel bitte!", unterbrach er seinen Satz, um für Spannung zu sorgen und forderte Jeno auf zu Trommeln,  was er sofort tat. "Heute gehen wir zu mir nach Hause! Du hast mir erzählt, dass du noch nie bei jemandem zuhause sein durftest. Also bin ich, Na Jaemin a.k.a der besteste beste Freund auf dem ganzen Planeten, der erste, der dich zu jemanden einlädt!", verkündete er selbstsicher und streckte seine Arme nach oben, während er seine Hände wackeln ließ, als wäre er der Assistent eines Magiers.

"Das Wort "besteste" gibt es doch gar nicht!", korrigierte Jeno ihn lachend.

"Zerstör den Moment nicht, Je No Jams."

"Hey! Das war echt nicht nötig! Aber ja, ich freue mich sehr, den Tag bei dir zu verbringen!"

Beide fingen an laut zu lachen, da sie sich mal wieder dämlich verhielten. Aber das machte ihnen nichts, sie sind ja noch jung und können sich so benehmen, wie sie wollen. Das sollte ja keinem interessieren.

"Okay, lass uns gehen! Du kennst den Weg zu mir nachhause natürlich nicht, also folg mir!", forderte er, nahm Jenos Handgelenk und zog ihn hinter sich her.

Nach fast einer Stunde kamen sie an. "Erwarte kein großes Haus oder sowas.", hatte Jaemin ihn auf dem Weg gewarnt, doch Jeno hatte nur den Kopf geschüttelt und gesagt, dass ihm es egal ist, wie und wo der Rosahaarige wohnte.

Das Haus war beige angestrichen und an der Tür waren sowohl viele Klingeln, als auch viele Briefkasten, weshalb Jeno davon ausging, dass Jaemin in einer Wohnung lebte. Der Jüngere kramte den Schlüssel aus seiner Hosentasche heraus, steckte den in die Tür und öffnete das Schloss.

"Geh ruhig schon ins zweite Stock, ich muss noch die Post holen gehen.", sagte er dem Schwarzhaarigen, der nickend die Treppen hochging.

Das Treppenhaus war weiß angestrichen und die Treppen waren grau. Jeno schaute sich jede Tür an, bis er an der Tür ankam, die mit dem Namen "Familie Na" beschmückt war. Vor der Tür lag eine Fußmatte mit der Aufschrift "Willkommen" für denjenigen, der die Wohnung betrat, und "Auf Wiedersehen" für denjenigen, der die Wohnung verließ.

"Da bin ich schon! Hoffentlich hab ich dich nicht allzu lang warten lassen!", meinte der sehr energiegeladene Junge, der in der rechten Hand die Schlüssel und in der linken ein Haufen Zeitung und Briefe hielt, die kurz davor waren zu fallen.

"Warte, ich helfe dir bevor-", fing Jeno an, wurde aber vom Krach der nun auf dem Boden liegenden Post unterbrochen. Sofort bückte sich der ältere und sammelte alles wieder ein.

"Das hättest du nicht machen sollen, es passiert mir jedes Mal. Aber danke!", sagte Jaemin, der erneut wegen Jenos Hilfsbereitschaft lächeln musste.

"Ich helfe doch gerne.", antwortete Jeno, der mit dem Sortieren der Post fertig war und endlich vom Boden aufstand.

"Okay, bist du bereit, mein kleines Paradies zu sehen?", fragte Jaemin mit einem sehr komischen Ton, den der Schwarzhaarige gar nicht beschreiben konnte. Wegen der Stimme lachend, nickte er.

"Du klingst wie ein Clown oder so!", platzte es aus dem Jungen heraus, der immer noch lachen musste.

"Das war auch meine Absicht, lieber Jeno!", sprach er weiterhin mit diesem komischen Ton und öffnete die Tür zur Wohnung.

Als Jeno die Wohnung betrat, wurde er von ein willkommendes Gefühl und süßen Geruch nach frisch gebackenes Brot begrüßt. Die Wohnung war zwar sehr klein, da sie gerademal zwei Zimmer plus Küche und Badezimmer beinhaltete, aber sehr niedlich und schön geschmückt. Die Schuhe waren ordentlich an der Seite des schmalen Korridors sortiert, überall waren kleine Pflanzen platziert und die Möbel waren aus Holz, die weiße Tapete perfekt ergänzte. Insgesamt schien die Wohnung viel wärmer und freundlicher als die große Villa, in der Jeno aufgewachsen war und immer noch lebte.

"Und, wie ist der erste Eindruck? Ich weiß, wir haben nicht so viel Platz und es scheint sehr arm im Vergleich zu deinem Haus.", sagte der rosahaarige Junge stotternd. Zum ersten Mal erlebte Jeno ihn in diesem nervösen Zustand, was er irgendwie auch süß fand, da Jaemin sonst derjenige war, der selbstsicher wirkte.

"Wie viele Male noch? Hör auf meine Verhältnisse mit deinen zu vergleichen. Du bist genauso toll, wenn nicht sogar besser als die reichen Schnösel, die ich kenne. Hier fühlt man sich wie zuhause! Alles ist so willkommend und warm und gerade das macht diese Wohnung toll.", antwortete Jeno ehrlich, näherte sich Jaemin und platzierte seine Hand auf der Schulter des Jüngeren.

"Findest du echt?", fragte Jaemin weiterhin unsicher.

"Ne, ich lüg dich nur an. Ich hasse alles hier."

"Oh...", sagte Jaemin enttäuscht, nachdem er die Worte und den ernsten Ton des Älteren hörte.

"Jaemin, du Idiot! Das war Ironie!", lachte Jeno und umarmte Jaemin, um ihn zu versichern, dass er es tatsächlich toll fand, hier zu sein.

"Süß.", dachte Jeno, als er bei der Umarmung Jaemins schnellen Herzschlag spürte.

Meine Welt || l.jn x n.jmWhere stories live. Discover now