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Schlürfenden Pantoffelschrittes ging Barnes zum Briefkasten und holte seine abonnierte Tageszeitung heraus.

Ächzend setzte er sich an den mit Brötchen und Milchkaffee gedeckten Küchentisch. Seine Knochen und Gelenke knirschten, sie waren eben nicht mehr das was sie einmal waren.

Obwohl es seine Gewohnheit war, eine Zeitung von hinten anfangen zu lesen, fesselte dieses Mal das Titelbild seinen Blick.

„Katastrophe eingetreten", lautete die Schlagzeile.

Darunter begann der Text wie folgt: „Die globale Erderwärmung schmelzt weiterhin das Eis an den Polkappen. Dabei offenbart sich etwas in der schmelzenden Landschaft des Eises. Etwas Riesiges."

Herrje, die machten es aber heute spannend. Dann legte er die Zeitung auf den Stuhl neben sich.

Bis vor drei Jahren war das der Platz seiner geliebten Anja gewesen. Kein Tag verging, an dem er nicht darüber nachdachte, ob er sie nach seinem Leben wiedertreffen würde.

Es wäre schön und währte es auch nur einen Augenblick, aber wie jeder Mensch war er sich der Ewigkeit nicht sicher.

Bevor er weiterlas, beschmierte er sein Brötchen mit Olivenölmargarine und streute Salz darüber. Dann biss er mit geschlossenen Augen ab und genoß seinen Lieblingsgeschmack. Ein Kaffeeschluck spülte die letzten Brocken aus seinen Mund.

Raschelnd nahm er die Zeitung zu sich und las weiter: „Dabei handelt es sich um Berge sogenannten Plastiks. Augenzeugenberichten zufolge geht ein übelriechender Gestank von diesen Ansammlungen aus, was eine Bergung schwierig gestaltet. Wissenschaftler haben herausgefunden, dass bei der letzten Wärmephase unseres Planeten die Polkappen ebenso vom Eise befreit waren wie heute. Wegen fehlenden weltweiten rechtlichen Regelungen, landeten Einwegverpackungen wie Tüten oder Flaschen von Getränken im Müll. Während einige versuchten, diese Stoffe wiederzuverwenden, gab es andere die diesen Unrat dem Meer übergaben, wo er mit den Strömungen zu den Polen driftete und Inseln bildete. Die nächste Eiszeit überdeckte alles zu und konservierte es bis heute.

Was sollen wir damit tun?

Untätigkeit wie vor achthundert Jahren bringt uns nicht weiter. Meeresforscher schlagen Alarm. Erste Robben und Pinguine wurden durch diese zweifelhaft Zwangserbschaft bereits schwer verletzt, einige sogar getötet.

Es gilt zu handeln."

Dieser Artikel verdarb Barnes die gute Laune. Hatten die Menschen damals nur Knete im Schädel? Wie konnten sie es zulassen, derartig viel unnützes Zeugs zu produzieren?

Er wünschte sich eine Zeitmaschine.

Den Menschen in der Vergangenheit hätte er erzählt, was jetzt passiert ist. Entweder hätten sie ihn ausgelacht oder tatsächlich angefangen, ihr Plastik aufgehört zu produzieren.

Dann säße er jetzt nicht auf der größten Müllhalde des Universums. Der Erde.

Er hätte sie gefragt: Was wollt ihr?

Einen Planeten oder Plastik?

Die Erde im Jahr 2870 - #PlanetOrPlasticWhere stories live. Discover now