Kapitel 8 - Florenz' Bruder

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Ich erinnerte mich, was gestern wieder passiert war. Heute würde er bekanntgeben, wer seine nächste Ehefrau sein sollte. Er hatte jetzt bestimmt nur unheimlich Stress.

Es klopfte an der Tür und kurz darauf kam eine Frau im mittleren Alter hinein. Ich beobachtete sie aufmerksam. Sie trug dieselbe Zofentracht, in die ich vor kurzem noch hinein gesteckt wurde.

„Fräulein Hope, ich bin hier um die Maße für ihr Kleid zu erfahren."

„Was?" War das einzige, was mir dazu einfiel. „Der König hat mich damit beauftragt ihnen ein Kleid für den heutigen Anlass zu nähen."

„Gut, dann..." Ich schmiss die Reste des Apfels aus dem offenen Fenster und stellte mich dann vor die Zofe hin. Sie maß mich an der Taille, an der Hüfte, an den Schultern, am Kopf – einfach überall. Alles dauerte eine halbe Ewigkeit.

„Sehr schön, jetzt habe ich alles was ich brauche. Hoffentlich schaffe ich das Kleid noch vor der Zeremonie fertig zu bringen. Jetzt muss ich mich beeilen." Eilig huschte sie aus dem Raum.

Ich entschloss mich dazu nochmal mit Mirko zu reden. Wenn er überhaupt noch mit mir reden würde.

Ich klopfte an seiner Tür und kurz darauf öffnete er mir sogar. Er bat mich aber nicht hinein, sondern musterte mich abschätzig. „Was willst du?", fragte er dann. Super, er war noch wütend. „Ich... a-also..." Wunderbar, jetzt stotterte ich schon. Ich atmete tief durch. „Lass uns einen Neuanfang beginnen! Guten Tag, ich bin Hope, schön Sie kennen zu lernen." Ich reichte ihm meine Hand, doch er regte sich nicht. „Wir haben uns nichts mehr zu sagen." Mit diesen Worten schlug er die Tür zu. Verdammt, es war ernster, als ich dachte. Ich fühlte mich vollkommen hilflos. Wie sollte ich die Sache bloß wieder gerade biegen?

Ich rannte durch das Schloss, ohne Ziel und ohne Rast. Ich konnte nicht mehr denken, mein Kopf war vollkommen leer. Ich wusste nicht, wie lange ich schon durch die Gänge gerannt war, als ich in eine Person hinein lief. Natürlich musste es ausgerechnet der König sein. Ich purzelte auf den Boden, während er sich umdreht und mich mit verengten Augen ansah. Ich fühlte mich wie ein lästiges Insekt.

„Entschuldige dich gefälligst!", befahl er. Ich konnte ihn nur anstarren. „Entschuldige dich!", wiederholte er sich. Ich tat wie befohlen: Stand auf, verbeugte mich und murmelte: „Verzeihung." Im Hintergrund hörte ich ein Kichern, das einem kranken Pferd ähnelte. Dann entdeckte ich das Problem für Florenz' Gereiztheit: Sein Zwillingsbruder Felius. Was machte er bloß hier? Florenz konnte ihn unmöglich eingeladen haben – beide hassten sich gegenseitig wie die Pest.

„Ist das eine der Bewerberinnen?", munkelte Felius. Florenz drehte sich wieder zu seinem Bruder um. „Natürlich nicht." Seine Stimme war messerscharf. Ich wusste nicht, ob ich verschwinden sollte. Er jagte mir jedenfalls eine Heide Angst ein. „Selbstverständlich, Bruderherz." Mit einem eigenartigen Glucksen lief Felius an uns vorbei. „Gib das Shadow." Florenz drückte mir einen Zettel in die Hand. „Was macht-"

„Ich habe jetzt keine Zeit." Mit schnellen Schritten folgte er seinem Zwilling. Ich starrte auf den Zettel in meiner Hand. Jetzt wünschte ich mir besonders sehr, dass ich lesen konnte, doch dieser Wunsch ging nicht in Erfüllung. Egal. Ich sprintete wieder durch die Gänge, nur diesmal mit einem Ziel: Shadow. Ich fand ihn schlussendlich mit seiner Freundin in der Bibliothek. Ohne einen Kommentar abzugeben, überreichte ich ihm den Zettel. Er sah mich fragend an, ehe er den Zettel aufklappte und sich die wenigen Zeilen durchlas. „Gut, ich muss gehen." Shadow drückte seiner Freundin einen Kuss auf die Wange, ehe er die Bibliothek wieder verließ.

„Was stand auf den Zettel?" Ich zuckte mit den Schultern. „Florenz hat ihn mir gegeben. Ich kann nichtmal schreiben."

„Wirklich?" Sie sah mich mit großen Augen an. „Ich habe jetzt nichts zu tun. Soll ich es dir beibringen?" Ich strahlte sie an. „D-Das würdest du für mich tun? Danke."

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⏰ Last updated: Oct 30, 2018 ⏰

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Die gescheiterte RäuberschwesterWhere stories live. Discover now