„Ich habe mir Ihre Unterlagen vor ein paar Tagen angesehen und dann auch noch einmal Rücksprache mit ein paar Kollegen geführt. Außerdem haben wir nach Schottland telefoniert. Dr. Duncan, ihr ehemaliger Vorgesetzter hat nur gutes über Sie erzählt. Darum will ich Ihnen sehr gern die Chance geben. Was halten Sie davon nächsten Monat also ab Anfang August bei uns zu arbeiten?"

Mir klappte der Mund auf. Er schloss sich wieder, aber kein Ton kam heraus. „Natalie, sind Sie noch dran?"

„Ja, entschuldigen Sie. Ich, ja. Das würde ich sehr gerne! Vielen Dank, dass Sie mir die Chance geben."

Dr. Human lachte. „Ich würde sagen, wir klären alle Formalitäten im Laufe der nächsten Woche. Ist das für Sie okay? Kommen Sie einfach nächste Woche irgendwann zwischen 10 und 17 Uhr vorbei. Da bin ich auf jeden Fall da. Falls nicht wieder irgendwelche Notfalloperationen dazwischenkommen."

„Gut, das mach ich. Vielen Dank, Dr. Human." Damit legte sie auf. Vollkommen verdattert schaute ich auf mein Telefon.

„Wer ist Dr. Human? Ist das ein seltsames Pseudonym?" Ich lachte und wandte mich wieder Liam zu. „Nein, sie ist wirklich Ärztin und heißt tatsächlich so. Wird spannend herauszufinden, ob das ihr Name ist, oder ob sie vielleicht verheiratet ist."

„Hast du schonmal mit ihr persönlich gesprochen? Trug die da keinen Ehering?"

„Ärzte dürfen teilweise gar keine Ringe tragen. Das würde das Desinfizieren der Hände erschweren."

„Gut, das ist logisch. Aber jetzt sag doch mal, warum hat sie angerufen? Darfst du bald wieder arbeiten?" Liam klang zuversichtlich. Er schien sich wirklich für mich zu freuen. Als ich nickte, klatschte er in die Hände. „Na bitte. Und wo?"

„Im San Francisco Medical Center. Das liegt wirklich fast direkt am Wasser und ist auch gar nicht so weit von der Uni entfernt."

„Ja, ich weiß, welches du meinst. Mike und ich wohnen da in der Nähe."

„Tatsächlich? Wow nicht schlecht."

„Ja oder? Mikes Vater hat viele Häuser hier in San Francisco. Er hat uns eine Wohnung zu einem recht günstigen Preis vermietet."

„Oh, das ist aber freundlich."

„Mikes Vater macht oft einen echt strengen Eindruck, ist aber in Wirklichkeit ein sehr netter Mensch", sagte Liam. „Jedenfalls, herzlichen Glückwunsch, Natalie."

„Danke, ich bin wirklich froh. Damit ist mir jetzt schonmal ein großer Stein vom Herzen gefallen."

Ich hatte ein gutes Gefühl, was Dr. Human anging. Sie schien eine nette Frau zu sein. Ich würde ihr beweisen, dass es kein Fehler war, mich einzustellen. Irgendwie würde ich schon alle von mir überzeugen.

Das Wochenende verbrachten Grandma und ich zusammen. Wir machten eine Sightseeing-Tour durch San Francisco, gingen Eis Essen und ließen es uns einfach gut gehen. Es war wirklich ein schönes Wochenende. Für zwei Tage hatte ich sogar mal die Wohnungssuche beiseite geschoben.

Grandma hatte es als eine Art 'Feiern' angesehen, da ich nun bald einen Job haben würde. Sie war ganz euphorisch gewesen, als ich ihr von dem Anruf erzählt hatte. Dabei fiel ganz unter den Tisch, dass ich eine Wohnungsbesichtigung gehabt habe. Ich hatte am Rand nur erwähnt, dass daraus nichts geworden ist und die Einzelheiten verschwiegen. Ich konnte mir nicht vorstellen, wie Grandma auf sowas reagieren würde. Und ich verspürte wirklich nicht den Drang danach, das jedem zu erzählen. Es reichte, dass Liam es wusste. Natürlich war ich froh, dass er dagewesen war, doch ich wollte aus einer Mücke keinen Elefanten machen.

Am Montag in der darauffolgenden Woche machte ich mich auf den Weg ins Krankenhaus zu Dr. Human. Ich wusste nicht, ob es einen schlechten Eindruck machen würde, wenn ich sofort am Montag auftauchen würde. Man konnte das unterschiedlich interpretieren. Entweder war ich überpenibel, viel zu euphorisch oder auch total verzweifelt, dass ich den Job so schnell wie möglich haben wollte. Auf der anderen Seite wollte ich die Absprache auch nicht unnötig nach hinten verzögern. Das war nicht meine Art und letzten Endes wollte und brauchte ich diesen Job wirklich. Also stand ich um 15 Uhr vor dem Medical Center und hoffte Dr. Human zu erwischen.

Solange ich bei dir binWo Geschichten leben. Entdecke jetzt