Eindeutig Zweideutig

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Kann mir jemand so nen Kerl wie Jonas besorgen? Nein? Ok ... hab ich mir schon fast gedacht...

Das Abendessen konnte in meinen Augen nicht schnell genug kommen.
Beinahe ungeduldig saß ich an einem der Tische mit Christine und Katy, die sich für mich freuten. Natürlich wurde ich mit ihren Fragen nicht verschont. Ich hatte sie so realistisch und normal beantwortet wie es mir nur möglich war. Schlussendlich brach ich das Gespräch ab, da es für mich ungewohnt war so viel über mich zu reden.

„Was wenn er eigentlich voll kein Bock auf mich hat?" Ich werde misstrauisch. Alles schien zu gut zu verlaufen. Das konnte nicht stimmen.
„Bist du blöde? Das kann ich mir überhaupt nicht vorstellen. Hast du ihn noch nie angesehen wenn ihr miteinander geredet habt?", entgegnet Christine sofort und grätscht mir in meinen negativen Gedankengang.
Ich zucke mit den Schultern und schaue auf mein halb gegessenes Abendessen. Angewidert schiebe ich es von mir weg. „Was denken die eigentlich was wir sind? Tiere? Das kann man doch nicht essen."

„Mika, du lenkst vom Thema ab.", merkt Katy beinahe besorgt an.
„Ich weiß.", gebe ich zu und atme auf. „Aber was soll ich tun? Mein ... Freund ... außerhalb von diesem Puff hier vögelt 'ne andere und ich bin hier drin und befürchte, dass ich kein Stück besser bin."
Ich sehe durch die Massen an Insassen, die in der Mensa sitzen und sich ausnahmsweise mal friedlich benehmen.
„Nein! Auf keinen Fall wirst du so wie er! Das hat er verdient, man. Du solltest dir nichts gefallen lassen. Besonders nicht, dass er dich betrügen kann!", entgegnet Christine und boxt mir leicht in die Schulter.
Ich drehe mich zu ihr und kann in ihrem Blick erkennen, dass sie todernst ist.

„Okey ... ja gut Okey ihr habt recht! Alle miteinander.", gebe ich offen zu. „Scheiß auf Mike! Dem zahl' ich alles heim." Motiviert schlage ich mit meiner Faust auf den Tisch, sodass die Tabletts wenige Millimeter von der Metallplatte abheben und wieder auf den Tisch knallen.

„Oho. Hab' ich was verpasst? Oder geht die Party erst richtig los?"
Gzuz setzt sich mit einem breiten Grinsen mir gegenüber, sodass ich aufsehe und leicht zusammen zucke.
„Sorry, war nur ein kleiner Ausraster meinerseits. Nichts besonderes, um ehrlich zu sein.", gebe ich gelassen von mir und lehne mich auf die Tischplatte.

„Hast du mich vermisst?", fragt er mich nun und ich stocke.
„Ob ich ...-"
Weiter komme ich nicht, denn Katy, die neben mir sitzt kontert mich sofort aus.
„Ja hat sie. Und wie." Wie ein kleines Schulmädchen beginnt sie zu kichern, was auch Christine nun tut, die neben Jonas sitzt.
Amüsiert sieht dieser die beiden an und anschließend zu mir.
„Scheint so als wüssten deine Freundinnen Bescheid.", entgegnet er und ich kann spüren, wie sein Bein unter dem Tisch meines berührt.

„Die haben doch überhaupt keine Ahnung.", sage ich grinsend und deute auf Katy. „Das ist Katy. Wir kennen sie erst seitdem wir hier sind. Weniger Zellen bedeutet auch mehr Insassinnen in einem dieser Löcher. Und das da ist Christine. Mein Zellenpartner seit Tag eins."

So als wäre es das normalste auf der Welt, schüttelt Gazo den beiden die Hände und stellt sich vor, obwohl beide schon längst wissen, wer er ist.
„Freut mich euch kennen zu lernen. Habt ihr noch mehr Geheimnisse über eure Freundin hier, die ihr mir verraten könnt?", fragt er beide gekonnt und wie zwei Teenager Grinsen beide und sehen sich an.

„Bitte, alles aber keine Geschichten über mich, die ich davor nicht abgesegnet habe, alles klar?" Ich wende mich von den beiden ab und hin zu Gzuz. „Wenn, dann erzähle ich sie dir wenn du sie dir verdient hast."
Ich grinse dreckig und weiß genau was ich damit gemeint habe. Unauffällig schiebe ich währenddessen mein Fuß an der Innenseite seines Oberschenkels hinauf.

„Ooooh!", kommt es beinahe gleichzeitig von Christine und Kelly, die aus dem Spaß gar nicht mehr herauskommen.

Nun ist es Gzuz, der ins Stocken kommt und überspielen möchte, dass er gerade nervös seine Hände ruhig halten muss. Gekonnt kaschiert er seine Unsicherheit mit einem Grinsen.
„Ich soll's mir also verdienen hm? Was sind so deine Forderungen?"
Nun bin ich diejenige, die aus seinem Bann nicht mehr herauskommt. Sprachlos sitze ich ihm gegenüber und habe keine Ahnung, wie ich ihm nun erklären sollte, dass ich eigentlich gar nicht darauf gefasst war, dass er darauf eingeht.

„Ich denke wir gehen dann mal. Jonas, richtig? War nett dich kennen zu lernen.", löst Christine die spannungsgeladene Stimmung und steht zusammen mit Katy vom Tisch auf, um uns beide allein zu lassen.

Gzuz verabschiedet sich freundlich von beiden, doch nachdem diese in der Menge der Mensa verschwunden sind, gilt seine Aufmerksamkeit wieder ganz mir. „Also, wo waren wir stehen geblieben? Ach ja, welche Forderungen hast du denn?"

Sein Blick lässt mich nicht mehr los und der Unterton in seiner Stimme lässt mich sofort wissen, dass er genauestens weiß, wovon ich gesprochen habe. Ein angenehmer Schauer macht sich auf meinem Rücken bemerkbar und ich spiele unbemerkt nervöser an einem meiner Zöpfe.

„Ich weiß nicht.", sage ich unschuldig und richte meine Gedanken. „Aber vielleicht hättest du da einige Ideen, die ich vielleicht gut finden würde."
Ich lege meine Unterarme flach auf dem Tisch auf, sodass meine Hände beinahe direkt vor Jonas auf der Tischplatte liegen.
Schnell sieht dieser sich um, damit er gekonnt mit seinen Händen nach meinen greifen kann, nur um mich an ihnen langsam zu sich zu ziehen, damit ich aufstehen und mich über den Tisch lehnen muss. Auch er kommt mir langsam entgegen und sieht mich dabei durchdringend an.

„Uns bleibt nicht lange bevor die Wärter dazwischen gehen. Aber ich denke wir beide wissen, dass deine unschuldigen Augen nur Tarnung für das dahinter, in deinen Gedanken ... in deinem süßen, kleinen Kopf sind."
Hinter uns höre ich Wachen uns rufen, doch wir befolgen ihre Anweisung nicht, uns von einander zu lösen. Aus dem Augenwinkel erkenne ich zwei der Wachen, die auf uns zu stürmen.

Jonas sieht mich noch einmal an, bevor er mir ins Ohr flüstert.
„Und das nächste mal, wenn du so über einen Tisch gelehnt bist, dann werde ich dir nicht gegenüber sitzen. Dann werde ich dich von einer ganz anderen Perspektive betrachten."

Noch bevor ich verarbeiten kann, was gerade passiert war, werden wir von den Wärtern auseinander gezogen und bereits früher in unsere Zellen gebracht. Wir könnten ja eine potenzielle Gefahr darstellen, da andere Insassen sich an uns ein Beispiel nehmen könnten, was nicht erlaubt ist.

Während ich also abgeführt werde, bringe ich keinen geraden Gedanken oder Satz mehr hervor. Alles was mein Kopf gerade verarbeitet, sind diese beiden Sätze, die mir Gazo gefährlich nahe an meinem Ohr zugeflüstert hatte.

Manchmal sind gewählte Worte wirklich ein wirkungsvolles Mittel, um einen Menschen zu beeinflussen.
Oder genauer gesagt, Gzuz' Mittel um meinen Kopf -mehr oder weniger- zu ficken...

Auf Worte folgen normalerweise Taten ...🌚

Hinter Gittern (momentan pausiert)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt