(5) Sieht man.

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zwei Wochen später..

Lilija POV

Seit gefühlten 2 Stunden stand ich nun in meinem Ankleidezimmer und überlegte, was ich für den Abend anziehen sollte. Nichts aufregendes, das stand schon mal fest - schließlich würde ich mich nur mit Max und einigen seiner Freunden zum Essen treffen, die mich schon in weit aus schlimmeren Zuständen gesehen hatten, als es heute der Fall war.

Eine zerissene Jeans, die ich mir bei meinem Freund geklaut hatte, da er sie nicht mehr anzog, weil 'Jogginghose ist jetzt mehr im Trend', einen grauen Sweater und meine bei Weitem nicht mehr weißen Nike Air Force 1, sollten also reichen. Irgendeine dunkle Jacke würde ich schon noch finden.

Die Klamotten legte ich auf sauber zusammen gefaltet auf den Wannenrand, ehe ich den Kimono, den ich eng um meinen Körper geschlungen hatte, zu Boden gleiten ließ und in meine Dusche stieg. Das kalte Wasser prasselte auf mich herunter und kühlte mein erhitztes Gemüt wieder etwas ab. Sofort schlichen sich die Bilder von Raphael und mir von vor wenigen Stunden in meinen Kopf, was das Feuer in mir wieder entfachen ließ.

Wie er meine Arme über meinem Kopf gehalten hatte, seine Lippen gegen meine, seine Haut auf meiner und seine unglaublichen Berühungen, die meinen Körper fast explodieren ließen. Fuck, dieser Mann machte mich so verrückt wie es noch keiner vor ihm getan hatte. Er machte mich wahnsinnig und das wusste er.

Ich schaltete die Dusche aus, wickelte mich in einem Handtuch ein, stieg aus der Dusche und stützte mich auf dem Waschbeckenschrank ab. Ein leise gezischtes, 'Fuck' entfuhr mir, als ich meinen Kopf hob und mein Spiegelbild betrachtete. "Dass auch jeder weiß zu wem du gehörst.", rief ich mir Rafs Worte wieder zurück ins Gedächtnis, als ich die großen dunklen Flecken an meinem Hals und meinem Dekolté inspizierte, die glücklicherweise durch meine unzähligen Tattos kaum auffielen.

Ich schüttelte den Kopf.

Hätte man mir damals gesagt, dass ich heute eine glückliche Beziehung führen würde, hätte ich denjenigen wahrscheinlich nur ausgelacht. Aber hier waren wir nun - drei Jahre später, nach einem scheiß One Night Stand, der einfach inszeniert werden sollte. Raphael wusste damals schon, welche Knöpfe er drücken musste, dass die eiserne Soldatin, die ich früher war, wie Butter in seinen Händen zerfloss.

Meine Fresse - so schwer konnte es doch nicht sein, sich die Haare zu flechten. Als ich es nach unzähligen Versuchen dann doch endlich mal geschissen bekommen hatte, stellte ich meinen Schminktisch auf den Kopf auf der Suche nach meinem Lippenpflegestift.
Warum hatte ich eigentlich so wahnsinnig viel Schminke, wenn ich mich sowieso nur dann aufhübschte, wenn was Großes los war?

Meine Augenbrauen waren von Natur aus ziemlich dunkel und auch meine Wimpern waren lang, wunderbar geschwungen und dicht, sodass ich wahrscheinlich noch nicht einmal Mascara benutzen müsste. Meine vollen Lippen hatte ich meiner Oma zu verdanken - eine echte Göttin. Und von Unreinheiten war ich zum Glück schon immer verschont geblieben, obwohl ich nun wirklich nichts für meine Haut tat - vielleicht war ja aber auch das das Schlüssel zum Erfolg. Die Mühe meine Spuren der letzten heißen Stunden zu überdecken machte ich mir nicht, da sie nicht auffielen - es seid denn jemand kriecht bis aus 5mm Abstand an meinen Hals heran. Die Tattoos retteten mir mal wieder den Arsch.

Gestresst rannte ich aus meinem Schlafzimmer, durch das Wohnzimmer in die Küche und stolperte wie eine Irre zu meinem Handy, dass jetzt schon zum vierten Mal in Folge klingelte.

Max.

"Was willst du? Ich hab' noch zehn Minuten.", das Smartphone klemmte ich mir zwischen Ohr und Schulter, "Wir sind aber schon da, also schwing' deinen kleinen Arsch hier runter. Wir haben Hunger.", waren das wirklich die Menschen, die ich als meine Freunde bezeichnete? Leider ja, nicht einen Tag blieb ich verschont. Selbst in meiner Wohnung hatte ich keine Ruhe, wenn sie mit Schnupfen zu mir kamen, weil sie sich behandeln lassen wollten. Und seit ich Max und Rico bei dem Unfall vor zwei Wochen getroffen hatte, hatten wir einfach keinen Termin gefunden, an dem beide Parteien Zeit hatten. Erwachsene Freunde hatte ich mir da raus gesucht. Aber was erwartete ich denn bitte? Auch die Jungs aus Afghanistan waren wie kleine Kinder - wie ich diese Scheißer vermisste.
Im Hintergrund konnte ich den Rest der Jungs laut grölen hören - ciao alter.

Lilija | Raf Camora FFWhere stories live. Discover now