Als ich später wieder die Küche betrete, um mir ein schnelle Frühstück in den Mund zu schieben, treffe ich auf Ben und Hailey, die sich gerade eine Tasse Kaffee einschütten.

Und weil mir das Ganze Geschehen von gestern so unangenehm ist, murmele ich nur ein Guten Morgen und halte den Blick gesenkt.

»Warum siehst du so erfreut aus?«, fragt Ben sarkastisch nach und trinkt einen Schluck aus seiner Tasse.

Ich räuspere mich. »Ich glaube nicht, dass du das wissen willst.«

Ben sieht mich nur irritiert an, zuckt dann aber die Schultern und wendet sich seiner lauten Freundin zu, die dann aber das Wort ergreift. »Ist doch nichts neues, dass sie manchmal negativ ist.«

Aha. Ich spitze die Lippen und nicke zustimmend. »Du hast recht, Hailey. Ich bin froh, dass du da bist.«

»Tate«, murrt Ben und wirft mir einen eindeutigen Blick zu, der sagt, dass ich meine Klappe halten soll. Daraufhin zucke ich nur die Schultern, verdrehe die Augen und verschwinde aus der Küche, um zur Bushaltestelle zu laufen.

. . .

»Soll ich dir mal einen Tipp geben?«, fragt mich Olivia, während ich meine Bücher am Spind austausche.

Ich nicke und zucke die Schultern.

»Bring erst gar keine Bücher mit, dann musst du auch nicht zehn Jahre hier stehen, bis du deine ganzen Dinge für den nächsten Kurs zusammen hast.«

Ausdruckslos starre ich sie an. Gefühlte Minuten. Aber eigentlich sind es nur Sekunden. »Genau das ist der Grund, warum ich dich nie nach Tipps frage.«

Olivia zieht einen Schmollmund. »Es gibt viele, die die aber hören wollen.«

»Da bin ich mir sicher«, antworte ich ironisch und schließe den Spind.

»Ich wollte dich außerdem schon einmal vorwarnen«, sagt sie dann und sieht mich unsicher an.

Abrupt bleibe ich stehen. Wenn sie so beginnt, kann das nichts Gutes bedeuten. »Was?«

»Ich kann am Mittwoch nicht an der Kanutour teilnehmen, weil wir mit der Mannschaft unterwegs sind.«

»Was?« Dieses Mal ist es kein fragendes Was, sondern ein anklagendes. »Du kannst mich doch nicht alleine lassen am Wandertag.«

Liv verzieht das Gesicht. »Sie haben den Ausflug extra auf den Wandertag gelegt, damit wir nicht zweimal den Unterricht ausfallen lassen müssen«, erklärt sie.

»Wie widerwärtig«, murre ich und seufze. »Warum tut man mir das an?«

Schnell legt sie mir den Arm um die Schultern. »Hey, das wird nicht so schlimm ohne mich. Ben ist doch auch noch da und andere Leute ebenfalls.«

»Andere Leute bringen mir nichts, wenn ich nur Ben, Levin und Leo kenne. Und die sind nicht einmal in unserer Stufe, was bedeutet, dass ich wahrscheinlich alleine in ein Kanu komme, dann mit dem Teil umkippe und ertrinke, weil ich mich irgendwie darunter verheddere und niemand bei mir ist, der mich rettet.«

Olivia nickt. »Ja, Tate. Genau so wird das passieren.«

»Das ist nicht witzig, Olivia. Das kann ehrlich vorkommen«, ermahne ich sie zur Ernsthaftigkeit. »Du lässt mich alleine zu dieser Kanutour gehen. Dass ich alleine in einem Boot ende, ist ja schon vorprogrammiert.«

»Warum sagst du denn sowas? David ist doch auch noch da«, erinnert sie mich an ihren Verehrer, den ich tatsächlich komplett vergessen habe.

»Wenn ich mit David auf einer Insel strande, muss ich ja wohl oder übel etwas mit ihm anfangen, um meine schönen Gene weiter zu vererben«, überlege ich laut, lege mir den Finger ans Kinn und starre nach oben in Luft.

Blind KissWo Geschichten leben. Entdecke jetzt