30th Kiss

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30th KISS

... oder als ich etwas wirklich Dummes tat

Es ist acht Uhr am Abend. Wir haben schon gegessen und sitzen seit einer Weile draußen auf der Veranda. Wir machen nichts Spannendes. Wir sitzen hier einfach, lauschen den Gesprächen der anderen und geben ab und zu unseren eigenen Senf dazu – ob es sie interessiert oder nicht.

Dass Steph noch immer dabei ist, finde ich alles andere als super. Aber ich akzeptiere es. Langsam. Eigentlich habe ich gedacht, dass sie wieder nach Hause geht und den Abend mit ihren Eltern verbringt. Zumindest war das meine Hoffnung, auch wenn ich die ganze Zeit wusste, dass das nicht der Fall sein würde. Das Schlimme ist, dass sie mir nicht unsympathisch geworden ist. Eigentlich mag ich sie sogar. Sie ist ganz nett - abgesehen von der Sache, dass sie Sex mit Levin will.

Als in weiter Entfernung zischende, knallende und sausende Geräusche zu hören sind, schauen wir alle auf. In den Himmel. Das Feuerwerk hat begonnen. Es ist zwar noch nicht stockdunkel, aber dunkel genug, um die schönen Muster und Farben der Raketen zu sehen.

Damit wir das Feuerwerk besser betrachten können, stehen wir auf und stellen uns in die Auffahrt, den Blick nicht vom Himmel genommen.

»Ich hol die Sachen«, informiert uns Ryan, verschwindet im Haus und kommt kurze Zeit später nach draußen. In den Händen hält er drei Tüten mit Knallzeugs.

Wie kleine Kinder beugen die Jungs sich über die Tüten, suchen sich etwas aus, was ihnen am meisten zuspricht und zünden es schließlich mit einem Feuerzeug an. Die erste Rakete fängt an, laut zu zischen und einen schrillen Ton von sich zu geben, ehe sie abrupt nach oben schießt und viele Meter über uns mit einem Knall explodiert. Bunte Funken verteilen sich in alle Richtungen, was mich zum Lächeln bringt. Ich liebe Feuerwerke.

Wir sind bestimmt eine Stunde damit beschäftigt, die Tüten zu leeren, die Raketen anzuzünden und das Feuerwerk zu betrachten. Morgen wird sich ein riesiger Müllhaufen vor der Haustür tummeln, aber für den Augenblick denkt niemand darüber nach, dass das Ganze auch wieder aufgeräumt werden muss.

Die Funken im dunklen Himmel lassen mich regelrecht aufleuchten. Voller Euphorie drehe ich mich um, suche die Gruppe nach Olivia ab, finde sie aber nicht, weil ich meine Suche vorher unterbreche. Mir wird schlecht. Ich habe das Bedürfnis einfach laut los zu schreien. Ich will auf den Boden stampfen und heulen.

Ein paar Meter abseits unserer Gruppe küssen sich Levin und Steph. Sie küssen sich. Nach einem Tag. Und ich warte seit einem Jahr darauf. Dass er mich so hält, wie er sie gerade hält. Dass er mich so küsst, wie er sie gerade küsst. Dass er mir diese Aufmerksamkeit schenkt, die er ihr gerade schenkt.

Ich will da wirklich nicht hinsehen. Aber ich kann meinen Blick einfach nicht von ihnen losreißen. Warum kann ich nicht wegsehen? Erst als mich jemand an der Schulter berührt, zucke ich aus meiner Starre und schaue mich um. Es ist Olivia. Sie sieht bestürzt aus.

»Sieh da nicht hin«, sagt sie leise. Ihre Stimme ist voller Mitgefühl.

Ich erwidere nichts. Weil ich überhaupt nicht weiß, was ich dazu noch sagen soll.

»Dadurch wird es nicht besser.«

Ich weiß. Das weiß ich wohl. Immerhin bin ich nicht blöd. Ich atme tief aus und schließe die Augen. Ich lasse sie so lange geschlossen, bis mich jemand antippt. Blinzelnd schlage ich die Lider auf. Es ist wieder Olivia.

»Wir wollen jetzt zum Pub«, flüstert sie, unsicher was ich davon halte.

Nickend wische ich mir die Tränen aus den Augenwinkeln. »Okay.«

Blind KissWo Geschichten leben. Entdecke jetzt