Gedankensplitter - Peinlich

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Sie vergrub ihr Gesicht in den Händen und ich musste mich beherrschen nicht laut los zu lachen bei dem Gedanken daran, dass die großartige Rojana Majhi halbnackt und mit Kohlsuppe übergossen auf dem Campingplatz gestanden hatte. Ich hatte es natürlich verpasst, weil ich zur Strafe für mein Fehlverhalten am Vormittag dazu verdonnert worden war mit den größten Idioten meines Jahrgangs Feuerholz sammeln zu gehen. Natürlich alles unter dem Vorwand, dass ich als ehemaliger Pfadfinder der geborene Anführer für diese Gruppe war. „Du glaubst gar nicht wie schrecklich das war!", beteuerte Rojana und seufzte in ihre Armbeuge hinein. Tatsächlich wusste ich das nicht. Mir machte es nichts aus, wenn mir etwas peinliches geschah. Für Rojana jedoch war Peinlichkeit wie ein Stoß von der Klippe. Sie fühlte sich persönlich in ihrer Ehre angegriffen. „Und man konnte den ganzen Ausschlag von diesem dämlichen Efeu sehen!", warf sie hinterher. Diesmal musste sie selbst über sich lachen. So elegant wie Rojana wirkte, sie war vom Pech verfolgt und das machte die Freundschaft mit ihr erst so lustig. „Mit Giftefeu ist eben nicht zu spaßen", sagte ich dahin und ernte dafür einen Schlag auf den Oberarm, der mir bei ihrer geringen Kraft kaum etwas ausmachte. „Das Video ist auch schon im Netz!" beschwerte sie sich. „Hey", ich zückte mein Smartphone und hielt es wie ein heiliges Objekt in die Höhe, „Meine beste Freundin ist ein Internetstar!" Gleichzeitig prusteten wir los. „Ich wäre am liebsten gestorben!", lachte sie.  „Ich würde manchmal auch gerne im Erdboden versinken", meinte ich dahin. „Nein", murmelte sie, „Nicht im Erdboden versinken. Ich wäre am liebsten gestorben." Rojana machte es nichts aus, dass sie von so vielen halbnackt gesehen worden war. Ihr machte auch der Giftefeu nichts aus, oder die Tatsache, dass die danach die Kohlsuppe für die versammelte Mannschaft alleine neu hatte kochen müssen. Sie stand über solchen Dingen, aber peinlich war ihr, dass dieser Vorfall bereits der dritte diese Woche war und wir hatten erst Dienstag. Erst viel später begriff ich, dass Rojana all diese Kleinigkeiten nicht peinlich waren, dass ihr nichts peinlich war. Sie fühlte sich vom Pech verfolgt und mit jeder Peinlichkeit die ihr geschah, sah Rojana Majhi sich bestätigt in dieser Annahme. Solange bis sie es nicht mehr ertrug.

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