Rätsel in der Nacht

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Er war allein wie immer, wenn er auf diesem Weg ging.

Zur späten Stunde konnte es dem einfachen Geiste unwohl werden, wenn er diesen spärlich erleuchteten Korridor durchschritt. Die vorhandene Beleuchtung tat ihren nicht unerheblichen Anteil daran, dass man sich von den steinernen Statuen beobachtet und verfolgt fühlte, die zu beiden Seiten des Ganges aufgereiht an den Wänden auf ihren Simsen standen und von dort oben auf jeden herabblickten, der sich diesen Korridor entlang wagte.

Einzig seine gleichmäßigen Schritte und das metallische Klimpern des Schlüsselbundes an seiner Hüfte erfüllten diese Stille mit einer sonoren Klangfolge, die abrupt vor einem verschlossenen Gatter endete.

Jeder andere wäre einfach weitergelaufen und hätte hier nicht die Tür erkannt, die sich in dem Portal zwischen zwei grotesken Statuen verbarg. Vielleicht war es reine Gewohnheit, die ihn hier anhalten ließ, doch er war sich dessen gewahr, dass er zu den wenigen eingeschworenen gehörte, die diese versteckte Tür kannten, die genauso aussah, wie die anderen Gatter in den Nischen zwischen den Figuren.

Er griff an eine der äußersten Stangen des Gitters, drehte sein Handgelenk, rotierte sie um hundertachtzig Grad und offenbarte dabei ein verstecktes Schlüsselloch.

Dann hob er den Schlüsselbund und hielt inne. Es mochte an seinem Alter liegen, oder an der Tatsache, dass er schon länger nicht mehr hierher hatte kommen müssen. Doch nun musste er tatsächlich überlegen, welcher Schlüssel denn nun der korrekte war.

Murrend schob er einen Halm nach dem anderen zwischen seine faltigen Finger, begutachtete und drehte jeden Schlüssel im Bund weiter, bis er schließlich das Objekt seiner Begierde fand.

Hinter dem Portal verbarg sich ein schmaler Gang, der ihn in ein erhöhtes und zwischen den verwinkelten Teilen des Gebäudes verborgenes Atrium brachte, das keine weiteren Zugänge außer diesem besaß.

Dennoch saß in den Schatten zwischen zwei großen Blumenstöcken eine Gestalt im Schatten, die ihn erwartete.

„Ich hoffe, es hat alles geklappt."

Seine Robe raschelte und er löste einen separaten Schlüsselbund von dem großen in seiner Hand, den er der Gestalt überreichte. Obwohl er genau wusste, dass sie allein waren, blieb seine Stimme zur Antwort nichts weiter als ein leises Flüstern.

„Ihr werdet alles wie gewünscht vorfinden. Das Päkchen liegt unter dem Treppenabsatz." Sein Gegenüber nickte zufrieden, nahm den Schlüsselbund entgegen und ließ ihn mit einer einzigen Bewegung in einem geheimen Fach der Kleidung verschwinden.

„Niemand darf um diese Zeit dort sein."

„Auch dafür werde ich Sorge tragen." Er zögerte und das wiederum bemerkte sein schattenhaftes Gegenüber.

„Gibt es noch etwas?"

Der Priester straffte seine Gestalt.

„Nein... nur... Wenn etwas schief laufen sollte, werde ich aus der Stadt fliehen."

Die Gestalt trat aus dem Schatten und smaragdgrüne Augen funkelten ihm gerissen entgegen.

Was sollte schief gehen?"

Einen schweren Kloß im Hals herunterschluckend, spürte der Priester die unterschwellige bedrohliche Aura des Assassinen und die Worte fielen ihm plötzlich schwer.

„Ich bin mir nicht sicher, ob der Plan fehlerlos ist und denke -"

„Schweigt." Unterbrach der Assassine ihn barsch.

„Auf den kommenden Tag wurde monatelang hingearbeitet. Ihr wisst, dass meine Auftraggeber ein Zweifeln nicht dulden und ich..."

„Gewiss, gewiss." Sprach der Priester hastig, dessen Hand zitterte, und wich einen Schritt zurück. Sein Gegenüber, ein eiskalter Mann mit smaragdgrünen Augen sah ihn ein letztes Mal mit unverhohlener Verachtung an und verschwand dann mit einer schnellen lautlosen Bewegung in der Dunkelheit.

Im Netz der Weißen SpinneOnde histórias criam vida. Descubra agora