Kapitel 3

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Der Oktober war ein richtiges Arschloch und das zeigte er auch. Kalte Luft heftete sich rasch an Thomas Gesicht fest. So fest und dicht, dass der Junge kaum Luft bekam. Rein metaphorisch natürlich. Sein Gesicht war frei von irgendetwas und das was ihm umgab, war nur der lebenswichtigste Stoff den es überaupt gab und doch hatte Thomas große Schwierigkeiten zu atmen. Panik verbreitete sich rasend schnell und zwang Thomas zum Hyperventilieren. Schaffte aber, dass er Schritte nach hinten lief, bis er die große Tür des Eingangs in dem Rücken spürte. Einige Jungs schimpften ihn an, er solle da gefälligst weg, weil er den Weg versperrte. Alles davon schaltete Thomas ab. Für ihn stand seine beknackte Angst im Vordergrund. „Tut mir leid", flüsterte er dennoch, als könnte jemand seine brechende Stimme hören. Thomas schleuste sich wieder in die rettende Wärme des Waisenhauses ein. Dort war er sicher vor der Kälte. Dort konnte er seine Panik endlich drosseln. Er atmete tief ein und lehnte sich an die Wand. Nachdem Runterfahren der Angst bemerkte er seine eigentliche Situation. Er hatte es wieder nicht geschafft. Enttäuscht knirschte er mit seinen Zähnen und hörte nur den malmenden Geräusch zu, bis er davon abgelenkt wurde. „Thomas?" Jemand rief ihn. Er schaute sich um und sah sie. Ms. Paige. Ihre hellblonden Haaren wie oft zu einem sauberen Dutt trappiert. Ihre hellen Augen musterten ihn etwas besorgt an. Auch wenn sie nichts böses an sich hatte, zuckte Thomas augenblicklich zusammen, als er sie sah, denn das bedeutete, sie hatte gesehen, wie schwach er wieder war.

„Glauben Sie mir... ich hab es versucht...wirklich", stammelte Thomas. „Ich weiß das, Thomas und darüber bin ich stolz aber...", sie zögerte und schaute ihn nur weiterhin an. „Aber?", half Thomas ihr. „Ich muss mit dir reden. In meinem Büro. Jetzt. Ich habe deiner Schule Bescheid gesagt, dass du erst später kommst." Thomas war es nicht ganz geheuer. Hatte er was schlimmes getan, wofür man ihn bestrafen musste? Sicherlich. Wer das Waisenhaus so sehr aufhielt wie er, der musste eine Schuld in sich tragen, auf die man ihneben jetzt konfontierte. Thomas war mit allem bereit. Der Freak bekam jetzt das, was er verdiente. „Verstehe", sagte er kurz und ging auf die Leiterin seines Waisenhauses zu. „Keine Sorge, Thomas", versuchte sie ihn aufzuheitern. In den acht Jahren in der sie ihn kannte, wusste sie ganz genau, ob der Junge vor ihr traurig oder glücklich war und meist war es das Erste.

Die beiden gingen durch den großen Hauptflur und zweigten in einem Nebenflur ein, der direkt zu Ms. Paige Büro führte. Thomas war hier nur einige Mal gewesen. Meistens weil er wieder Mist gebaut hatte. „Setz dich", sagte sie, während sie sich hinter ihrem Büro auf den großen schwarzen Stuhl setzte. Thomas machte das, was sie von ihm wollte. Als er sich setzte, legte er seine Handflächen auf seinen Schoß ab. Er bemerkte nur am Rande, dass er anfing seine Finger zu verkrampfen. Er war nervös obwohl er die Prozedur kannte. „Das wird jetzt ein anderes Gespräch werden, als sonst", began sie. Sie faltete ihre Hände auf ihrer Arbeitsfläche zusammen. „Wie meinen Sie das?" Die Frau seufzte. „Es ist so, Thomas. Du weißt ja, dass du...sagen wir mal so...anders lebst als die anderen hier...und naja, du weißt selber....dass das nicht so gut ist. Die anderen Jungs hören nicht auf wegen dir sich bei mir zu beschweren. Sie haben genug von deiner Sonderbehandlung. Bei den Heizungen...naja..da können sie es ein wenig verstehen.. aber nicht mit dem Privatlehrer....außerdem bekommt das Waisenhaus Stress mit den höhren Tieren...weil ich das zulasse. Dich zu bevorzugen."Thomas nickte, drehte aber den Kopf etwas zur Seite. „Was bedeutet das jetzt?". Er wollte kein Drumherumgerede. Sie sollte endlich die Wahrheit sagen. Wieso er hierher kommen musste. Wollte endlich hören, was er alles falsch gemacht hatte und dass es für immer so war. „Das bedeutet, dass du das Waisenhaus verlassen musst".

Thomas schluckte schwer und vegrub seine Finger tiefer in seine Knie. Spürte die Risse, die seinem Körper zerklufften. Der Ast jedens Risses wurde großer und zerteilte ihn ihn Hälften. Er zerbrach. Wieso er so zerbrach wie eine Porzellantasse? Weil ihm wieder jemand verdeutlich hatte, dass er nichts als ein tödliches Geschwür für die Menschen um ihn herum war. Chuck und Frankie waren die Ersten. Dann das Waisenhaus in Boulder. Darauf folgten die Jungs in diesem Waisenhaus und jetzt auch Ms. Paige vielleicht die Einzige, die sich je für ihn wirklich interessierte. „Wo...soll ich dann hin?", fragte er enttäuscht. Ja, wo sollt er denn jetzt nur hin? Er hatte niemanden mehr. Seine Eltern verstorben. Sowie seine Großeltern. Sein Onkel nicht zurechnungsfähig, weil er gewalttätig war. Thomas war ganz alleine auf dieser Welt und jeder wusste das. Was sollte sich da schon ändern? Wer interessierte sich nur für einen Jungen mit einer krankhaften Angst vor Kälte? Er war der Freak, den niemand wollte. Den nie jemand je haben wollte. Er konnte sich ja selbst kaum leiden. Vielleicht hasste er sich sogar. Ms. Paige wusste ganz genau, dass Thomas keine Verwandten hatte, zu denen er hinkonnte. Noch andere Waisenhäuser die ihn aufnehmen wollten. Alleine durfte er noch nicht leben, da er erst sechszehn war. Konnte es womöglich wegen seiner Angst nicht mal.

Und doch findet auch ein blindes Huhnein Korn.

„Eine Familie möchte dich adoptieren"

Ihr könnt euch doch sicher denken, welche Familie ihn adoptieren will :D

Icy (Newtmas AU)Where stories live. Discover now