Nach dem Spiel ist vor dem Spiel - Ganz oder gar nicht

4.5K 313 52
                                    

"Iss, Harry, sonst hast du keine Kraft für das Spiel!" Wir saßen beim Frühstückstisch, Harry hatte bereits seine Quidditch-Uniform an und ließ Hermines unersättliche Rügen auf sich einprasseln. Es war ein wichtiges Spiel, Gryffindor gegen Slytherin und man sah Harry an, dass er nervös war, auch, wenn er dies niemals zugeben würde. Beschwichtigend legte ich ihm meine Hand auf sein Bein und ich spürte, wie sich seine verkrampfte Haltung etwas löste.
"Harry", ertönte eine Stimme hinter uns und augenblicklich verschlechterte sich meine Laune, denn ich kannte diese Stimme nur zu gut. Louise würdigte mich keines Blickes und beugte sich von hinten zu Harry hinunter. "Ich wollte dir nur viel Glück für später wünschen. Ich glaub an dich.", säuselte sie mit leiser Stimme. Ging es eigentlich noch dreißter? Zu meinem Ärgerniss verschluckte sich Harry auch noch vor Überraschung und hüstelte ein überraschtes Danke. Sie schenkte ihm ein strahlendes Lächeln und verschwand mit eleganten Schritten wieder. Innerlich kochte ich vor Wut. Was fiel dieser Person eigentlich ein. Hermine beäugte Harry kritisch, Ron schien von all dem nichts mit zu bekommen.
"Ich sage, ihr schlagt diese ollen Slytherins locker. Eure Spieltaktik ist tausend mal besser..." Und so tauchten Harry und Ron in ein Gespräch über Quidditch ein. Ich hingegen dachte nach. Louise sah, so ungern ich es zugeben wollte, leider sehr gut aus. Aber wie konnte man nur so frech sein und sich an einen vergebenen Jungen heran zu machen? Ich nahm mir vor, ein für alle mal ihr die Leviten zu lesen nach dem Spiel und ihr meine Position klar zu machen, so konnte das nicht weiter gehen. Mit Absicht sah ich nicht zu Hermine, denn ich wusste genau, dass mich diese gerade musterte und meine Gedanken kannte, die mir gerade im Kopf herum gingen. Ich hatte nun zwei Optionen. Entweder, ich würde mich bei Harry beschweren über diese Louise, doch ich wusste, dass er mir nur genervt begegnen würde dies bezüglich. Also entschied ich mich für die zweite Möglichkeit. Ich setzte mein zuckersüßestes Lächeln auf, berührte Harry am Arm und meinte: "Schatz, magst du nochmal kurz mit kommen?" Harry musterte mich zögerlich und zugleich belustigt, dann ergriff er meine Hand und wir gingen in den Vorraum der großen Halle. Er musterte mich neugierig, dann legte ich meine Hände auf sein Gesicht und gab ihm einen langen, leidenschaftlichen Kuss, den er sofort erwiederte. Meine Hände wanderten seinen Rücken entlang und ich wünschte mir nichts sehnlicher, als dass er einfach bei mir blieb.
"Wofür war das?", stieß Harry atemlos hervor.
"Dafür, dass ich dich liebe.", ich betonte extra das Wort "Ich", man musste ja schließlich die Prioritäten klären. Harry lächelte und gab mir einen Kuss auf die Stirn.
"Ich fang dir gleich einen Schnatz." Ich grinste und er zog mich noch einmal in eine lange Umarmung. Plötzlich schreckte Harry jedoch zurück. Erst war ich verwundert, doch dann sah ich, dass Louise an uns vorbei ging.
"Was war denn das?", fragte ich beleidigt.
"Nichts, ich...mag es nur nicht gern, wenn man uns so öffentlich sieht."
"Du hast früher einmal gesagt, dass du stolz bist dich mit mir zu zeigen, damit jeder weiß, dass ich zu dir gehöre..." Zögerlich fügte ich hinzu. "Magst du sie?" Harrys Stimme war etwas zu hoch, als er antowortete.
"Ich? Sag mal, spinnst du?" "Hey, ganz langsam. Ich meinte nur..."  
"So ein Quatsch. Ich muss jetzt zum Spiel." Und damit ging er in Richtung Ausgang. Langsam schloss ich meine Augen und lehnte mich gegen die Wand. Na toll, das lief mal wieder super.

Im Stadion war es laut. Gryffindor gegen Slytherin war immer ganz besonders aufregend, da die zwei Erzrivalen gegen einander spielten. Hermine und ich hatten unsere Gryffindor Schals umgewickelt und stiegen in die Jubelrufe der anderen mit ein. Spieler in roten Umhängen und in grünen betraten das Spielfeld, gefolgt von Mrs Hooch, der Schiedsrichterin. Und dann ging das Spiel auch schon los. Mein Blick war hauptsächlich auf Harry gerichtet, der in langen Kreisen um das Spielfeld flog und nach dem Schnatz Ausschau hielt. Das Spiel zog sich hin, und Slytherin lag mit vierzig Punkten vorne. Man spürte die Anspannung der Gryffindor Fans deutlich wachsen. Mein Blick schweifte zwei Reihen abwärts, wo ich die rote Haarmähne von Louise erblickte. Die wird sich noch wundern, schoss es mir durch den Kopf. Zugleich schoss Harry plötzlich steil in die Luft und das Stadion hielt die Luft an. Es sah so aus, als hätte er den Schnatz erblickt. Wie ein Adler tobte er durch die Lüfte und ein Aufschrei der Menge signalisierte mir, dass Harry den Schnatz gefangen haben musste. Ich stieg in die lauten Jubelrufe der Gryffindors mit ein und fing wild an zu klatschen. Jedoch blieb mir nicht lange Zeit, denn ich sah, wie Louise sich bereit machen wollte zu gehen und so folgte ich ihr unauffällig. Sie ging den Weg Richtung Schloss und niemand außer uns war dort, da alle noch im Stadion waren.
"Louise!", rief ich, als ich mir sicher war, dass wir alleine waren. Augenblicklich stoppte sie und blickte mir mit feixenden und neugierigen Augen entgegen.
"Gutes Spiel, findest du nicht? Harry war großartig.", ihr bissig freundlicher Unterton war nicht zu überhören. Ich wusste genau, dass sie mich damit provozieren wollte.
"Ich hatte nicht vor, mich mit dir über das Spiel zu unterhalten." Louise zog abschätzend eine Augenbraue hoch.
"Harry ist mein Freund. Er gehört zu mir, und ich finde es absolut dreißt, wie jemand wie du so offensichtlich versucht, ihn mir auszuspannen. Kennst du so etwas wie Anstand überhaupt? Ich stelle es jetzt ein für alle Mal klar, er gehört mir, und du lässt gefälligst deine dreckigen Finger von ihm!" Luise legte ein zuckersüßes Lächeln auf.
"Sonst was? Glaubst du wirklich du kannst mir drohen? Ich glaube nicht, Schätzchen. Und so wie ich das sehe, ist Harry ja nicht so ganz von eurer Beziehung überzeugt, so wie er mir immer hinterher schaut. Als könntest du mir auch nur irgendetwas anhaben." Mir blieb der Mund offen stehen. So eine respektlose Person ist mir noch nie in meinem Leben begegnet. Noch nie. Ich verstand diese Dreißtigkeit einfach nicht. Dann quoll Wut in mir hoch und ich fühlte mich plötzlich viel stärker.
"Hör mir jetzt ganz genau zu.", zischte ich. "Falls du es noch nicht mitbekommen hast, besitze ich Kräfte, die selbst die von Dumbledore weit übersteigen zu drohen. Ich besitze Kräfte, gegen die dein Hokupokus nicht die leiseste Chance besitzen. Und solltest du auch nur den leisesten Anflug eines Versuches unternehmen, Harry für dich einzunehmen, werde ich keinen kleinen Finger scheuen, um es dir heim zu zahlen." Nun war es Louise's Mund, der plötzlich offen stand. Wo war ihr Selbstbewusstsein auf einmal hin?
"D..deine Augen...sie..sie sind...", stammelte sie, doch dann fiel ihr Blick hinter mich, ein Lächeln kräuselte sich um ihre Lippen und sie schien sich wieder zu fangen.
"Deine Kräfte nützen dir gar nichts, wenn du nicht die Rafinesse besitzt, sie einzusetzen." Im ersten Moment verstand ich gar nichts, doch dann sah ich, wie sie ihren Zauberstab hob. Ich wollte gerade den meinen ziehen, doch zu meiner Verwunderung richtete sie ihn gegen sich selbst und ehe ich mich versah zuckte ein Lichtblitz auf und sie lag am Boden. Eine klaffende Wunder zeichnete sich unter ihrem Bein ab. Sie begann zu wimmern. Schritte ertönten, und zu meiner Überraschung sah ich Harry. Er ließ sich zu Louise auf den Boden fallen und drückte panisch seine Hände auf die Wunde und das Blut zu stoppen.
"Was ist passiert?", rief er atemlos. Ich, selbst noch unter Schock, begann zu stottern.
"K..keine Ahnung. Sie...auf einmal."
"Sie hat mich angegriffen!", schrie Louise unter Schmerzen. Bitte was?!
"Sidney! Hast du den Verstand verloren?", brüllte Harry mich an. Meine Augen weiteten sich. Glaubte er ihr das wirklich? Traute er mir so etwas tatsächlich zu?
"Was? Nein! Um Himmels Willen Harry, als würde ich..." "Ach, dann ist Louise von selbst umgefallen?", immer noch brüllte er und ich spürte, wie die Tränen in mir aufstiegen.
"Ich habe ihr doch gar nichts getan...", wimmerte Louise. "Auf einmal war sie da und...und...", sie sprach nicht weiter sondern brach in einen gekünstelten Schluzer aus. Diese falsche Schlange...
"Wir müssen dich in den Krankenflügel bringen...", murmelte Harry angestrengt nachdenkend.
"Harry, das glaubst du doch nicht wirklich, das war sie sel..." "Hör auf Sidney. Hör einfach auf. Ich weiß nicht mehr, was ich von dir halten soll in letzter Zeit." Fassungslos starrte ich ihn an. Er bückte sich um Louise zu tragen.
"Geh mir aus dem Weg.", sagte er trocken. Ich war sprachlos, etwas zu sagen. Irgendetwas zu tun. Mit der Schulter schob er mich beiseite und ging, Louise auf den Armen an mir vorbei. Über seine Schulter hinweg, sah ich, wie sie mir zu zwinkerte. Ich wusste nicht mehr, was ich tun sollte. Ich konnte nichts mehr sagen, nichts mehr denken, ich war einfach nur fassungslos. "D...deine Augen..sie..sie sind...", schossen mir Louises Worte durch den Kopf, was mich nur noch mehr beunruhigte.
"Sidney!", ertönten hinter mir Hermines und Rons Stimmen gleichzeitig. Ich ließ mich auf den Boden sinken, brach in Tränen aus und begann, ihnen alles zu erzählen.
"Natürlich glauben wir dir, was für eine Frage!", sagte Ron empört und ich sah ihn dankbar an.
"Ja!", pflichtete Hermine ihm bei. "Wir kennen dich und wissen, dass du so etwas niemals tun würdest, oder dir diese Geschichte ausdenken würdest. Diese Louise ist ja vollkommen geisteskrank, verrückt!" Ich nickte schniefend.
"Was ich nur nicht verstehe ist, wieso Harry ihr glaubt und nicht dir. Er liebt doch dich.", meinte Ron. Für ihn waren die Erklärungen der Welt immer so einfach, so deutlich.
"Ich weiß nicht...", meinte ich. "Ich glaube, er mag sie. Deswegen war ich ja schon von Anfang an so schlecht auf sie gestimmt. Dass eine Person so..." "Gestört sein kann.", entgegnete Hermine trocken. "Louise hat einen Schaden, eindeutig und ich hoffe, dass wir Harry noch zur Vernunft bringen können." Wieder fing ich zu schluchzen an, jedoch war ich unheimlich erleichtert, dass ich Hermine und Ron auf meiner Seite hatte. 

Ich wartete an unserem Berg. Ich wusste, dass er dort hinkommen würde. Trotzdem war ich äußerst erleichtert, als ich ihn auf mich zu kommen sah. Zu meiner Enttäuschung war seine Miene hart und ohne jede Geste. Er schnaufte hörbar laut aus, ehe er sich, mit großem Abstand mir gegenüber setzte. Eine Weile sahen wir uns nur an, ohne etwas zu sagen. Auf einmal atmete er laut aus.
"Ich weiß nicht mehr, wer du bist. Du kannst von Glück sagen, dass Louise so nett was und dich nicht verpfiffen hat." Verächtlich sah ich ihn an. "So nett? So nett? Harry, noch einmal. Ich habe nichts getan! Ich habe ihr gesagt sie soll die Finger von dir lassen und darauf hat sie sich selbst den Fluch verpasst, als sie dich gesehen hat, um mich schlecht darstehen zu lassen. Sie ist verrückt Harry, verrückt!" Harry schnaubte aus.
"Was erzählst du mir hier, Sidney. Weißt du, wie du klingst? Wer bist du?" Wieder stiegen mir Tränen in die Augen.
"Es gab eine Zeit, in der hast du mir ohne Ausnahme blind vertraut. Was ist passiert Harry? Ich war einmal Mittelpunkt deines Lebens und jetzt...machst du mich fertig, wegen so eines daher gelaufenen Mädchens?"
"Was soll das schon wieder!", fuhr er mich an.
"Du magst sie, Harry, ich bin doch nicht blind. Früher hättest du mir sofort geglaubt und so eine Person nach Tim Budko geschickt. Aber du kümmerst sich um sie, und stellst ihr Wohl über meins." Auf einmal kam mir eine Idee, doch ich wusste, dass es riskant war zu fragen.
"Ist es, weil sie Ähnlichkeit mit deiner Mutter hat?" Harry sprang entsetzt auf, sein Gesicht war wutverzerrt.
"Das hast du nicht gesagt!" Ich brach in Tränen aus.
"Ich versuche doch nur, eine Erklärung für das Ganze hier zu finden. Ich dachte, du und ich, das wäre unzertrennbar."
"Das dachte ich auch.", meinte Harry trocken. "Aber was du Louise heute angetan hast...", er zischte die Worte aus seinen Lippen.
"ICH HABE IHR NICHTS ANGETAN, DASS WAR DIESE VERRÜCKTE KUH SELBST!!!", ich schrie Harry an, und auf einmal herrschte wieder diese unangenehme Stille zwischen uns. Harry schluckte.
"Macht das noch Sinn, das zwischen uns? Wenn du mir so etwas zu traust?", fragte ich ihn leise und vorwurfsvoll.
"Ich...", setzte Harry an doch brach dann wieder ab. "Vielleicht ist es besser, wenn wir uns eine Weile nicht sehen.", meinte er schließlich mit glasigen Augen.
"Was?", fragte ich mit viel zu hoher Stimme.
"Nur für eine Weile.", fügte Harry hastig hinzu. "Damit uns vielleicht wieder klar wird, was man am anderen hat." Fassungslos schüttelte ich den Kopf. "Ich dachte, das wüsste ich. Aber anscheinend ist es dir nicht mehr klar. Harry Potter, mein Stolz ist zu groß, damit ich auf deine Gnade warten werde. Entweder hat man mich ganz oder gar nicht." In diesem Moment durchströmte mich ein Schmerz, wie ich ihn bisher noch nie gehabt hatte. Dies war die unverhinderliche Erkenntnis, dass dies, nach all unseren Streitereien und Meinungsverschiedenheiten endgültig das Ende zwischen uns war. Mit aller Kraft sah ich ihm ein letztes Mal in die Augen.

"Leb wohl, Harry."

Plötzlich in Hogwarts 2 - Im Schatten des BösenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt