Neville

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"Apparieren ist etwas, dass man nicht zu leicht nehmen darf. Man darf es nicht unterschätzen. Fehlt einem der nötige Respekt davor, könnte das sehr schmerzhaft enden.", sagte Professor Cavvenaugh. Fast hätte ich es geahnt, dass er uns das Apparieren beibringen würde. Mir war es wegen meinem kleinen Vorfall immer noch unangenehm ihm in die Augen zu sehen. Unsere ganze Jahrgangsstufe und noch ein paar ältere, die damals bei ihrer Apparierprüfung durchgefallen waren, hatte sich in der großen Halle, die heute ganz leer war versammelt. Stattdessen war für jeden ein kleiner runder  Fleeceteppich vorgesehen, auf den man sich stellen sollte. Ich konnte die Anspannung der anderen um mich herum förmlich spüren. Auch ich war aufgeregt aber freute mich zugleich darauf mich von einem zum anderen Ort zu zaubern.

"Es gibt eigentlich nur eine große Regel. Und die heißt Konzentration. Wenn ihr nicht die nötige Konzentration aufbringt, könntet ihr zersplintern." Einige der Anwesenden verzogen schmerzhaft das Gesicht. "Für diejenigen, die nicht wissen, was Zersplintern ist: Ihr hinterlasst einen Teil eures Körpers an dem Ort, wo ihr apperiert seid. Äußerst unangenehme Angelegenheit, sage ich euch. Nun gut.", meinte er und sprach nun wieder in seinem üblichen Lehrerton mit uns. 

"Wie appariert man? Die Antwort darauf: Ziel, Wille, Bedacht. Stellt euch euer Ziel bildhaft vor. Nun bringt den Willen auf. Ihr müsst zu diesem Ort wirklich wollen. Anschließend dreht ihr euch mit Bedacht und appariert. Für heute ist das Apparierverbot in der großen Halle aufgehoben, also keine Angst. Ich mache es euch einmal vor." Cavanaugh konzentrierte sich und drehte sich anschließend elegant auf der Stelle. Mit einem "Plop" verschwand er und tauchte ein paar Meter von seinem Fleeceteppich wieder auf. Begeistertes und Bewunderndes Murmeln trat augenblicklich unter den Schülern ein. "Legt als erstes eure Zauberstäbe weg und macht das Ganze selber, als eine Art Trockenübung. Danach versucht es selber." Eifrig fingen alle an. Ein paar nahmen es mit der Konzentration zu ernst und ihre Köpfe wurden vor Anspannung und Luftanhalten ganz rot.

"Ich habe gehört es fühlt sich an als ob man durch einen engen Gummischlauch gequetscht wird. Richtig unangenehm.", meinte Parvati Partill zu mir. 

"Schöne Aussichten. Aber eigentlich dachte ich immer Apparieren wäre erst ab siebzehn, wenn man volljährig ist..." Parvati lachte. "Du musst aufhören, so viele Harry Potter Bücher zu lesen. Nein, man darf es auch schon früher, aber es bringt dir nun mal nicht so viel, da du erst mit siebzehn alleine zaubern darfst. Aber dann kann man es immerhin schon und hat diese fürchterliche Prüfung hinter sich." Da stimmte ich ihr zu. Jäh wurden wir unterbrochen, als Cavanaugh meinte: "Und nun alle Zauberstäbe in die Hand. Es geht los. Und denkt euch nichts, wenn es beim ersten Mal nicht klappt. Apparieren ist reine Übungssache."

Zuerst beobachtete ich das Geschehen ein wenig. Jeder bemühte sich so gut er konnte, doch es schien nicht recht zu klappen. Auch bei Louise nicht, die weiter hinten in der Halle stand, was mich insgeheim schon etwas freute. Dann fing ich an mich zu konzentrieren. Ich konzentrierte mich auf die paar Meter weiter, wo ich hin wollte. Ich wollte es. Vorsichtig fing ich an mich zu drehen. Überrascht stellte ich fest, dass sich in meinem Körper etwas tat. Parvati hatte nicht Recht gehabt. Es fühlte sich sogar angenehm an. Als würde ich mich langsam auflösen, die völlige Glücksseeligkeit. Dann fügte sich mein Körper wieder Stück für Stück zusammen und ich befand mich tatsächlich wieder vollständig und mit allen Knochen dran ein paar Meter weiter. Ich strahlte. Doch die anderen taten dies nicht. Wieso sahen sie mich so entsetzt an? War ich etwa zersplintert ohne es zu wissen?

"Macht weiter Leute, sonst schafft ihr die Prüfung nie.", rief Cavanaugh barsch. Doch auch in seiner Stimme hörte ich eine Spur des Erschrockenen heraus. Was war passiert?

"Parvati, was habe ich verpasst?", fragte ich sie. 

"Du...du hast das nicht mitbekommen?", fragte sie mit großen Augen.

"Nein! Was ist denn los?", fragte ich drängend.

"Nun ja...Du bist appariert. Aber...aber mehr so, wie sie es tun." 

"Wie wer es tut?", langsam wurde ich wütend. 

"Die...Todesser. Du hast dich in schwarzen Rauch aufgelöst und bist in schwarzen Rauch gehüllt wieder aufgetaucht." Peinlich berührt sah sie mich an. Mir wurde schlecht. Wie konnte ich so etwas machen und es nicht einmal bemerken? War ich etwa ein Todesser? Moment, mir wurde wirklich schlecht. So schnell ich konnte rannte ich aus der großen Halle heraus und suchte die nächste Toilette auf. Ich ekelte mich vor mir selbst.

"Sidney? Bist du da drin?", fragte eine Stimme, die mir in das Zimmer gefolgt war. Zuerst dachte ich, es war Harry, doch dann... "Neville?", fragte ich überrascht. 

"Gehts dir gut?", fragte er. Ich hörte, dass er sich direkt gegenüber meiner verschlossenen Kabine hingesetzt hatte. "Ja...ja.", meinte ich. "Es ist schon gut, du kannst wirklich wieder zum üben gehen, ich komm klar." Ich wusste selbst, dass ich mich nicht gerade überzeugend anhörte, aber einen Versuch war es wert. "Nein, ich glaube nicht.", meinte Neville. "Ich kann verstehen wie du dich fühlst. Aber ob du nun mit einem Plop oder schwarzem Rauch apparierst, was macht das schon für einen Unterschied?", fragte er. Langsam öffnete ich die Kabinentür. 

"Es macht den Unterschied, dass ich mich wie einer von ihnen fühle. Was ist, wenn ich einer von ihnen bin?" Mit rot verheulten Augen sah ich Neville an, doch dieser lächelte mir milde zu. 

"Sidney. Du bist wirklich alles andere als ein Todesser. Glaub mir, ich weiß wie sie sind und wozu sie fähig sind. Und du bist das absolute Gegenteil. Es kommt nicht darauf an, was man tut, sondern wie man ist. Und du bist gut. Eine von den wirklich Guten." 

Ich lächelte ihn an und wischte mir eine Träne aus den Augen. Ich wusste nicht, ob das, was die Todessern mit seinen Eltern gemacht hatten, wirklich passiert war, oder ob dies nur reine Fiktion eines der Bücher war. Doch trotzdem war ich Neville in diesem Moment einfach nur dankbar und er hatte es wirklich geschafft, dass es mir wieder besser ging.

Plötzlich in Hogwarts 2 - Im Schatten des BösenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt