Kapitel 31

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Damon

Mein Blick verweilte auf dem bernsteinfarbenden Inhalt meines Glases. Das Eis darin war schon fast geschmolzen und schwamm ziellos vom einen Rand zum Anderen. Die Stickige Luft, die angereichert war mit starken Zigarettengeruch, konnte man schon fast schneiden. Anscheinend hat hier niemand etwas von Rauchverbot gehört, aber es schien auch keinen zu Interessieren. 

Mich sollte es auch eigentlich nicht interessieren.. wäre da nicht die Tatsache, dass ich dennoch menschlicher wurde, trotz der getrennten Verbindung zu Louis. Meine Lungen werden gerade geschädigt durch die schädliche Luft. Aber war nütze mir eine Lunge, wenn ich keine Luft zum atmen bekam? 

Ich hob das Glas an meine Lippen und spülte den Alkohol hinunter. Vor zwei Monaten habe ich dabei noch das Gesicht verzogen, doch nun trank ich dieses Zeug als wäre es Wasser. Ich wusste sehr wohl, dass Alkohol keine Probleme löste, aber Milch tat es auch nicht. Im Gegensatz zu Milch, betäubt es jedoch meine schmerzenden Glieder und die tiefe Trauer in meinem Herzen. 

Seit drei verdammten Monaten such ich ihn schon. Drei Monate irrte ich von Stadt zu Stadt und von Dorf zu Dorf. Er hatte keine Spuren hinterlassen, oder andere Anhaltspunkte. Es war so, als wäre er nie dagewesen, und manchmal - wenn der Alkohol mich benebelt hat, glaubte ich das auch. Im selben Moment jedoch, spürte ich wieder seine Berührungen und seine Wärme. Meistens trank ich dann noch mehr, so lange bis ich kaum noch gerade laufen konnte. 

Es war schrecklich, wenn die Hoffnungslosigkeit weiter wuchs und dich fast dazu brachte aufzugeben. Ich durfte - konnte  ihn jedoch nicht aufgeben. Zwar mag er vielleicht schon mit mir abgeschlossen haben und ist nun die Queen einer anderen Stadt, doch ich bin noch lange nicht fertig mit ihm! 

Ich knallte das Glas zurück auf die Theke. "Cheff, ich will-.." sprach ich gerade den Barmann an, als ich etwas interessantes in meinem Blickfeld ausmachen konnte. Ein älterer Mann mit Jägersmütze und grüner Tracht ließ sich gerade an den Tresen nieder, nur zwei Stühle von mir entfernt. Es war eindeutig ein Förster, der anscheinend gerade von seiner Arbeit kam. Neben seinem Bierbauch, welchen er sich hier wohl antrank, hatte er auch eine Halbglatze die zum Vorschein kam, als er seinen Hut auf das beschichtete Holz ablegte. Mein Blick folgte diesem Hut, denn dieser wies etwas durchaus magisches auf. Eine weiße, lange Feder steckte neben zwei anderen. Sie gehörte eindeutig keinem heimischen Vogel an, und ich bezweifelte sogar dass sie überhaupt einem Vogel gehörte. 

Mein ganzes Inneres zog sich zusammen und meine Haare auf den Armen stellten sich auf. Es MUSS seine sein. Dieses Weiß ist nicht irdisch. 

Ich konnte mich nicht mehr zügeln und stand auf. Mit zwei schnellen Schritten stand ich bei ihm, packte seinen Kragen und zog ihn ohne Probleme vom Hocker auf die Beine. "HE!" brüllte er protestierend und auch die anderen Gäste sahen alarmiert her. Die Hand des Mannes legte sich um mein Handgelenk, doch ich war viel stärker als er - als irgendein anderer Mensch. "Wo hast du sie her?" fragte ich in einem kalten flüsternden Ton. Sein Gesicht erbleichte etwas und um uns herum wurde es still. "Von was sprechen Sie?" verlangte der Förster unsicher zu wissen und seine hellen Augen huschten hilfesuchend zu den anderen Gästen. "Die Feder verdammt! Wo hast du die weiße Feder her?!" keifte ich nun unbändig und rüttelte leicht an seinem Kragen. Er gab kurze japsende Laute von sich und schielte zu seinem Hut. "Ich habe sie gefunden" murmelte er deutlich von mir eingeschüchtert. "Wo? Sag schon! WO?!" knurrte ich ungeduldig und ballte meine Hand zur Faust. "Beruhigen Sie sich bitte" schritt nun der Barmann als erstes ein und kam hinter der Theke hervor. Er stellte sich seitlich von uns und schien mit der Situation leicht überfordert. Im Gegensatz zu mir war er aber auch ein Lauch. 

"Im Wald" der Förster, so wie auch ich, ignorierten den Schlichter vor erst. Überhaupt nicht zufrieden von dieser vagen Aussage, verdunkelte sich mein Gesicht und meine Kiefer pressten sich aufeinander. "Wo genau?" knurrte ich dunkel und erdolchte ihn schon fast mit meinen Blicken. Unruhige versuchte sich der Mann ein weiteres mal aus meinem Griff zu befreien, doch es gelang ihm nicht. Er befeuchtete seine Lippen und erhoffte sich wieder Hilfe der anderen, doch bis auf den Barkeeper schien sich wohl keiner zu trauen. Besser so, sonst schlage ich hier jeden zusammen, der sich auch nur in meine Nähe traut. 

Rot ist die Farbe des SchicksalsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt