~ 8 ~

165 51 43
                                    



Olav trottet gelassen zu einer der Sitzgelegenheiten, legt sich gemächlich hin und deutet mir mit ruhigem Blick, mich ebenfalls zu setzen. Das zumindest scheinen mir seine braunen Hundeaugen zu sagen und manchmal überkommt mich das Gefühl, dass Olav leichter zu durchschauen ist, als seine Herrin.

Kiara indessen verschwindet, etwas von 'bin gleich zurück' murmelnd, wieder nach unten und lässt mich mit Olav alleine.

Die ganze Situation erscheint mir als dezent absurd, wie ich und der riesige Hund auf den Sofas fläzen und über den Zürichsee blicken. Die Aussicht ist atemberaubend! Manch einer, der Millionen für eine Eigentumswohnung in Zürich hingeblättert hat, wäre wohl eifersüchtig auf das Panorama, das sich uns hier bietet.

„Na meinJunge, seid ihr oft hier? Wie es aussieht, habt ihr es euch ja recht wohnlich eingerichtet." Wenn ich gehofft habe, Olav gäbe einige von Kiaras Geheimnissen preis, habe ich mich wohl getäuscht. Er schaut mir mit ernstem Ausdruck ins Gesicht und hüllt sich in Schweigen.

Ich höre Schritte auf den alten Eisenstufen und bald darauf erscheinen die Medusa-Haare in meinem Blickfeld.

Kiara klettert flink auf das Dach, in den Händen eine Schüssel mit Hundefutter und zwei, mit Tapas gefüllte Teller, die einem das Wasser im Munde zusammen laufen lassen.

„Sag mal Kiara. Was hat es mit diesem Rückzugsort auf sich? Gehört all der Krempel dir?"

Kiara setzt sich und ignoriert meine Frage gekonnt. „Na los, lang zu. Ich weiß doch, dass du Hunger hast."

Ich stecke eine Olive in den Mund und betrachte die Frau vor mir. „Bist du oft hier?"

„Oft ist ein relativer Begriff." Ungerührt beißt Kiara in eine Teigtasche.

Wirklich sehr informativ! Ich verschiebe meine Fragerunde auf später, denn ich sehe, dass es keinen Zweck hat, Kiara etwas aus der Nase ziehen zu wollen und so beherzige ich Kiaras Aufforderung und widme ich mich dem vollen Teller, der vor mir steht.

Ein paar Wolken ziehen am Himmel vorbei, während der Nachmittag langsam dem Abend Platz macht. Das Essen schmeckt so wundervoll wie der Wein, den Kiara zu guter Letzt, ebenfalls aus ihrer Kiste gezogen hat.



Mittlerweile ist die Sonne untergegangen und vom nahen Restaurant dringt Musik zu uns hoch. Auf einmal springt Kiara auf, packt meine Hand und zieht mich auf die Beine.

„Tanz mit mir! Bitte." Ihr Lächeln lässt mir keine Wahl.

Obwohl mir die Musik nicht sonderlich gefällt, beginne ich, mich langsam im Takt zu wiegen.

Die zierliche Frau lacht mir ins Gesicht und schüttelt ihre Haare. Ihre Begeisterung ist ansteckend. Bald tanzen und lachen wir wie Verrückte auf dem Dach des einstöckigen Hauses, während Olav wild bellend um uns herum springt.

Ich fühle mich frei. Und gut. Kiara und Olav tun mir gut. Sie versuchen nicht, mich zu ändern und in etwas zu drängen, das ich nicht bin. Ich bin hier und jetzt, tanze und lache so ausgelassen, wie ich es schon lange nicht mehr getan habe.



Ich sehe die Sterne über mir am Himmel, weiter unten die blinkenden Lichter am andern Seeufer. Ich liege auf der improvisierten Couch, Kiaras Körper an mich geschmiegt. Ich weiß nicht, was mich geweckt hat. In mir ist nichts als Frieden. Nirgendwo möchte ich lieber sein als hier.

Die Musik aus dem Restaurant ist nur noch leise zu vernehmen und Kiaras ruhige Atemzüge schaukeln mich wieder in die Welt der Träume.


Und dann kam Olav...  #IdeenzauberWo Geschichten leben. Entdecke jetzt