Planänderung

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Genre: Fluff
Wörter: 1002

,,Willkommen zurück, Sherlock Holmes."
,,Danke. Bruderherz."
Ein Grinsen umspielte die Lippen des Mannes, als er sich auf den Weg machte.
'John,' dachte er, 'John, ich bin auf dem Weg zu dir!'

John Hamish Watson war zu früh. Natürlich war er zu früh. Er war nervös, schließlich hatte er etwas Großes und Bedeutsames vor. Vorsichtig öffnete er die kleine Schatulle, in deren weichem Inneren ein Verlobungsring eingebettet war. John musste lächeln. Alles war gut. Er würde das schaffen.
Wie gerne hätte er jetzt hier gesessen und auf Sherlock gewartet, wie gerne hätte er gewusst, dass der Mann, den er liebte, den er sogar noch ein bisschen mehr liebte als Mary, zu ihm kommen würde und er ihm diesen Ring würde geben können, dass er Sherlock Holmes heiraten würde. Aber es ging nicht. Sein Freund war tot. Er war von einem Dach gesprungen, vor zwei Jahren. Vor zwei verdammten Jahren. John ließ die Schatulle wieder zuschnappen.
Auch, wenn Sherlock nicht hier war, auch wenn er gestorben war, seine Liebe tat das nicht, so sehr er sich auch bemühte.
Deswegen war er ja auch so unglaublich froh, dass er Mary-
,,Wollen Sie nicht einen Wein trinken?"
John seufzte und blickte ein Stückchen auf. Ein Kellner mit einer Getränkeliste stand an seinem Tisch. Er trug eine Brille und einen Schnurrbart, doch ließ man diese Merkmale außer Acht... nein, das war nicht Sherlock. Es konnte nicht sein. Jetzt fing er schon wieder damit an.
Vor zwei Jahren, kurz nach Sherlocks Tod, war es am Schlimmsten gewesen. Er hatte begonnen, jeden Passanten mit Sherlock zu vergleichen. Einmal wäre er fast einem Mann um den Hals gefallen, bloß weil der die selbe Frisur wie sein ehemaliger Mitbewohner gehabt hatte. Aber Mary hatte ihn zum Glück gerade noch davon abgehalten. Wo blieb sie eigentlich?
,,Ja, gerne. Welchen können Sie mir denn empfehlen? Ich kenne mich da nicht so aus."
,,Oh, es sind alles ausgesprochen gute Jahrgänge." Der Kellner sprach mit einem ausgeprägten Akzent, der irgendwie etwas niedlich klang. Nicht niedlich auf die Art, sondern einfach... niedlich eben.
,,Was schlagen Sie mir denn vor?" John musste diese Gedanken aus seinem Kopf verbannen.
,,Nun, ich würde Ihnen diesen da unten empfehlen. Ein ausgezeichneter Jahrgang, er ist wie... ein altes Gesicht aus der Vergangenheit." Die Worte klangen seltsam in Johns Ohren, vor allem die Art, wie der Kellner sie ausgesprochen hatte. Trotzdem nickte er nur.
,,Dann bringen Sie mir den." Irgendetwas schien der Kellner ihm sagen zu wollen, denn er pries den Wein noch weiter an.
,,Er kann sie sehr überraschen." John verlor langsam etwas die Geduld. Er wollte, dass der Mann wegging, dass Mary endlich kam und er ihr den Antrag machen konnte, ehe ihn der Mut wieder verließ.
,,Dann überraschen Sie mich."
Der Kellner hatte offenkundig gemerkt, dass er jetzt besser gehen sollte.

John hatte den Kopf in die Hände gestützt, als er sie sah. Mary. Verdammt, endlich. In einem fliederfarbenen Abendkleid, mit nach hinten gesteckten blonden Haaren, näherte sie sich seinem Tisch. Sie sah schön aus, keine Frage, und doch... in ihrem Blick lag etwas. Ein seltsame Ausdruck, den John noch nicht ganz zu deuten vermochte, aber das war gerade auch egal.
,,Tut mir leid, dass es so spät geworden ist, ich hatte noch etwas zu erledigen."
Mary lächelte ihn an, doch ihm wurde nicht warm, wie früher, wenn sie ihn so angesehen hatte. Eigentlich spürte er nichts.
,,Schon gut." Mary schien zu erwarten, dass er weitersprach, aber er hatte alle zurechtgelegten Worte vergessen. Sein Kopf war leer. Bis auf ein Wort. Einen Namen.
,,Was wolltest du mir sagen?"
,,Ich... ähm... ich weiß, wir kennen uns noch nicht lange, aber... du bist echt das Beste, das mir passieren konnte." Nein, nein, nein, das klang falsch. Es klang nicht nur falsch, es war auch falsch.
,,Ich... ich wollte dich fragen, ob..."
,,Ihre Bestellung!"
Der Kellner. Ausgerechnet jetzt, wo er es fast ausgesprochen hatte. Die vier Worte, die ihm solche Schwierigkeiten bereiteten.
,,Das ist gerade echt unpassend, könnten Sie- oh."
Zum ersten Mal sah er richtig ins Gesicht des Mannes. Und er blickte in wahnsinnig grau-blaue Augen. Augen, wie sie sonst niemand hatte.
,,Sherlock." wisperte er. Es war keine Frage, sondern eine Feststellung. Das konnte nicht sein. Er war tot. Sherlock Holmes war tot. Und doch stand er dort. Vor ihm. Mit einem aufgemalten Schnurrbart.
,,Schon komisch, so ein Smoking. Einerseits macht er einen fein, andererseits macht er einen als Kellner unsichtbar."
Verdammt. Das geschah gerade nicht wirklich. John richtete sich auf, er stand vor seinem besten Freund, für den er so viel mehr empfand als Freundschaft.
,,Oh mein Gott!" Mary erbleichte.
,,Nein, nicht ganz." Warum gefiel ihm dieser arrogante Spruch? Und warum hatte er den immer weiter wachsenden Drang, Sherlock erst in den Arm zu nehmen und ihm dann eine reinzuhauen?
,,Aber... Sie sind tot! Sie sind von einem Dach gesprungen!"
,,Mh... nein. Ich hab's überprüft." Wie konnte er in dieser Situation nur so ruhig bleiben?
John musste seine Atmung unter Kontrolle bringen. Er musste atmen, erst dann konnte er seiner Stimme wieder vertrauen.
,,Die Kurzfassung." sagte er tonlos.
Sherlock hob eine Augenbraue.
,,Nicht. Tot."
Fand er das eigentlich witzig? John verzweifelte gerade jedenfalls. Einerseits war da Mary, die Frau, die er gern hatte, die Frau, die ihm aus den Depressionen geholfen hatte, in die er nach dem vermeintlichen Tod seines Freundes verfallen war, die Frau, der er heute Abend einen Heiratsantrag hatte machen wollen.
Auf der anderen Seite war da Sherlock, sein Freund der vor zwei Jahren in den Tod gesprungen war, der Mann, den er seit ihrem ersten Treffen fast bedingungslos liebte, und der jetzt vor ihm stand.
,,Zwei. Jahre. Zwei verdammte Jahre."
,,Ich weiß. Es tut mir leid." John hob den Kopf. Hatte er dies gerade aus Sherlocks, Sherlocks, Mund gehört? Kein Zweifel. Er hatte sich gerade tatsächlich entschuldigt.
,,Eine Frage noch." In der Mimik des Dunkelhaarigen regte sich beinahe nichts.
John ließ ein Knurren hören und schaute Sherlock in die Augen. Dieser nahm etwas vom Tisch und kniete sich vor John hin.
,,Willst du mich heiraten?"



Sooo, mein erster Oneshot ist fertig, juhu! Ich hab eben diese Folge gesehen, und da kam mir spontan die Inspiration für diese Geschichte. Ich weiß, dass die Dialoge in der Serie ein wenig anders sind, habe die hier also nach meinen Vorstellungen etwas umgeschrieben. Lasst mir gerne eure Meinung in einem Kommentar da❤️

oliviaDouwes

Johnlock~Oneshots Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt