×Kapitel 1× "Gebratene Nudeln"

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Lucy stand mit einer Tasche im Flur eines netten kleinen Hauses. Ihre langen roten Haare hingen ihr ins Gesicht, weil sie keine Zeit gehabt hatte sie ordentlich zusammen zu binden.
Ihre Augen glichen der Farbe ihrer Haare und die Wimperntusche war verlaufen. Alles in Allem: Sie fühlte sich scheiße und das sah man ihr an.
Aber trotzdem lächelte sie schwach, denn im nächsten Moment fand sie sich in den Armen eines dunkelhäutigen Mädchens wieder. Die Dunkelhaarige drückte sie fest an sich. Beruhigend strich sie ihr über den Rücken.

»Alles wird gut... Ich bin jetzt für dich da.«

Sie lösten sich kurz voneinander und sahen sich in die Augen. Braun traf auf Bernstein, fast schon gold-gelb.
Dann überwand Lucy die paar Zentimeter und legte ihre Lippen auf die ihrer Freundin.

»Ich liebe dich auch... Das wollte ich dir schreiben...aber dann musste ich los...«, murmelte das rothaarige Mädchen.

»Ich weiß. Ich weiß es auch ohne dass du es mir sagst.«

Die dunkelhaarige lächelte und nahm dann die Tasche, die Lucy fallen gelassen hatte und brachte sie in ihr Zimmer. Lucy folge ihr und ließ ihre Hand nicht los.

»Setz dich aufs Bett. Ich hole dir was tu trinken.«

Sanft löste sie ihre Hand aus Lucy's Griff und verschwand durch die Tür.
Lucy setzte sich um Schneidersitz auf das große Bett und schnappte sich das Lama-Stofftier, welches sie ihrer Freundin vor einem halben Jahr geschenkt hatte.
Damals waren sie noch gar nicht lange zusammen. Niemand wusste davon. Es war zwar anstrengend, es vor Allen zu verstecken, aber gleichzeitig war es spannend. Ein Geheimnis. Ihr Geheimnis.

Lucy wurde aus ihren Gedanken gerissen, als das dunkelhäutige Mädchen mit den wilden Haaren sich neben sie setzte und ihr ein Glas mit Orangensaft reichte.

»Danke...«, sagte sie mit einem Lächeln.

Lucy leerte das Glas zur Hälfte und stellte es dann auf dem kleinen, weißen Nachttisch neben dem Bett ab.

Ihre große Liebe hatte derweil die Arme um Lucy's zierlichen Körper geschlungen und drückte sie an sich.

"Von jetzt an bleiben wir zusammen. Niemand wird uns trennen. Zur Not laufen wir einfach ganz weit weg.«

Sie lächelte überzeugt und auch Lucy gab ein kleines Lächeln zum besten.

»Das klingt gut... Nach Hause will ich jedenfalls nicht mehr. Länger hätte ich meine Eltern auch nicht mehr ausgehalten...«

Seit die Pride-Bewegung an Aufmerksamkeit gewonnen hatte, da immer mehr Menschen sich trauten, an die Öffentlichkeit zu gehen, war es auch bei ihr Zuhause ein großes Thema gewesen.
Aber nicht im positiven Sinne. Besonders ihr Vater hatte regelmäßig diskriminierende Kommentare zum Besten gegeben und sogar Drohungen geäußert. Ihre Mutter hatte einfach nur abschätzig die Nase gerümpft. Aber wahrscheinlich auch nur wegen dem Einfluss ihres Vaters.
Lucy selber hatte immer geschwiegen. Denn wenn sie versuchte, ihrem Vater die Stirn zu bieten und eine Diskussion zu starten, endete das nur in einem großen Streit. Deshalb hatte sie nichts gesagt.
Doch irgendwann hielt sie es nicht mehr aus. Die ewige Geheimhalterei. Gleichzeitig hatte ihre Freundin sie ermutigt.
Also hatte sie es ihren Eltern gesagt.
Dass sie lesbisch war.
Sie hatte auch sagen wollen, dass sie eine Beziehung mit einer wundervollen Person hatte, doch ihr Vater hatte sie nicht weiter reden lassen. Er hatte nur lesbisch und Freundin gehört. Und er war ausgeflippt.

»Lucy?«

Sie schaute auf.

»Woran denkst du?«

»Nichts Besonderes...«, log sie.

»Okay... Du kannst mir alles erzählen, ja?«

»Ich weiß. Aber es ist nichts. «

Lucy lächelte kurz.
Ihre Freundin stand auf. Und zog sie ebenfalls auf die Füße.

»Lass uns mal etwas essen, okay? Ich wollte eben anfangen gebratene Nudeln im Wok zu machen. Hat mir meine Oma vor kurzem beigebracht. Und du wirst meinen ersten Versuch als erste testen!«

Sie grinste und Lucy seufzte.

»Na dann...hoffentlich überlebe ich diesen Tag.«, erwiederte sie grinsend.

Tot oder LebendigWhere stories live. Discover now