4 Jäger

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Am Morgen erwachte Stiles von einem Schaben, Rascheln und hohem Bellen. Er brauchte einen Moment um sich zu orientieren, wo er war und was vor sich ging, doch dann fiel ihm sein kleiner Hausgast wieder ein. Er erhob sich aus dem Bett, um nachzusehen wie es dem Tierchen mittlerweile ging und schlüpfte sofort in warme Pantoffeln und eine Daunenjacke, denn es war einmal mehr lausig kalt. An diese Temperaturen würde Stiles sich mit Sicherheit nicht gewöhnen!

Dem Fuchs schien es offenbar gar nicht zu gefallen, dass er in einem Karton gefangen war, dann er bearbeitete diesen knurrend mit Zähnen und Krallen:

„Hey, du Racker! Dir scheint es ja wieder ziemlich gut zu gehen, wenn du hier so ein Theater verastalten kannst!" begrüßte der Biologe seinen kleinen Gast: „Was hältst du von Frühstück? Dann kannst du aufhören, den Karton zu fressen."

Das knuffige, weiße Fellknäuel blickte ihn aus glänzenden, schwarzen Knopfaugen aufmerksam an, beinahe als könne es den Menschen verstehen.

Stiles grinste, näherte sich dem Wildtier vorsichtig und hob es dann behutsam aus seinem papierenen Gefängnis:

„Na, komm!" sagte er und lief voran in die Küche.

Der Fuchs ließ sich Zeit, doch dann witterte er scheinbar das ihm zugedachte Frühstück und kam angetrabt. Stiles hatte dem Tier eine Dose Thunfisch aufgemacht und ein rohes Ei darüber geschlagen, was ganz offensichtlich ganz nach dem Geschmack des kleinen Räubers war, denn er machte sich mit heller Begeisterung darüber her.

„Lass' es dir schmecken, Scotty!" sagte Stiles gutmütig, wobei ihm natürlich vollkommen bewusst war, dass es nicht besonders schlau war, einem wilden Tier, dass er bald wieder in die Freiheit entlassen musste einen Namen zu geben, aber der kleine Kerl mit seinem süßen Gesichtchen hatte nun einmal frappierende Ähnlichkeit mit seinem besten Freund seit Kindertagen und so fühlte es sich ganz organisch und natürlich an, dem Tier dessen Namen zu geben.

Das Wetter hatte über Nacht dramatisch umgeschlagen und nun heulte ein heftiger Schneesturm ums Haus. Da würde Stiles wohl heute einen Labortag einlegen. Er frühstückte zunächst und nahm dann bei seinem Patienten einen Verbandswechsel vor; eine Maßnahme, über die dieser wenig erfreut schien und immer wieder versuchte, nach den Händen seines Sanitäters zu schnappen, bis es Stiles, welcher wahrlich keine Lust darauf hatte, nähere Bekanntschaft mit den kleinen, messerscharfen Beißerchen zu machen, ihm kurzerhand die Schnauze mit einem Stück Verband verschloss.

Das kleine Tier wirkte über diese Behandlung absolut entrüstet und wenn es das gekonnt hätte, dann hätte es vermutlich zum Protest die Vorderpfoten vor der Brust verschränkt:

„Jetzt schau' nicht so, Scotty! Das hast du dir selbst zuzuschreiben! Denkst du etwa, ich will hier mutterseelenallein am Arsch der Welt an einer Blutvergiftung verrecken, bloß weil dir meine Krankenschwesternqualitäten nicht passen? Vergiss' es!" erklärte Stiles dem Fuchs und kraulte ihm beruhigend und entschuldigend den Kopf, ehe er sehr behutsam den Verband abnahm.

Zufrieden stellte er fest, dass die Verletzungen bereits zu heilen begannen und längst nicht so tief waren, wie zunächst angenommen:

„Du hast Glück gehabt, Kleiner!" erklärte Stiles munter, doch das sah das Tier scheinbar anders und beobachtete finster, was der Biologe mit ihm anstellte, wenn er schon nichts dagegen ausrichten konnte.

Stiles verteilte Wundsalbe auf Verletzungen und legte einen frischen Verband an. Dann bekam der Fuchs noch Halsband und Leine verpasst, damit er keinen Unsinn anstellen und Stiles später nicht bei der Arbeit stören konnte und zuletzt wurde dem Tier der Knebel wieder abgenommen. Dies nahm der Fuchs zum Anlass, denn Menschen für die erlittene Misshandlung erst einmal ausgiebig anzubellen:

Wolf im SchneeWhere stories live. Discover now