~Kapitel 20 - Der unbekannter Besucher~

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Der Duft des Blutes war etwas, was er nie vergessen würde. Dieser Geschmack zwischen seinen messerscharfen Zähnen und in seinem Mund, war seine eigene Droge gewesen, die er jede Nacht zu sich nehmen musste, da er schon seit langem, zu lange, aufgegeben hatte, sein Dasein als Geschöpf der Nacht zu leugnen. Er konnte sich an damals erinnern, als er noch ein Neugeborener war und sein Gier aufs Blut nicht unterkontrolle halten konnte. Er grinste leicht, während er gleichzeitig am trinken war.
Als er fertig damit war, zog er seine Vampirzähne aus dem Hals des Opfers und leckte die Stelle, damit die Wunde etwas schneller heilte, als sonst.

Nachdem er diese Nacht wieder seine Nahrung von fünf seiner Opfern getrunken und das Monster in ihm gestillt hatte, ging er wieder zurück. Zurück zu Ihr. Wie in jede Nacht auch. Er sprang Dach für Dach auf die Häuser und Gebäuden, der großen Stadt und jedesmal breitet sich in ihm dieses Gefühl wieder aus, die er schon seit langem nicht mehr gefühlt hatte und nicht mehr fühlen konnte. Jetzt konnte er es - wegen Ihr. Seitdem er sie zum ersten Mal gesehen hatte, hatte er sich ab da an völlig verändert und das ohne es selbst gewollt oder sich dafür entschieden zu haben. Seitdem trank er viel mehr als sonst, nur nicht um sie zu verletzen, Ihr Blut zu kosten und dann außerkontrolle zu geraten, wie damals. Bei der Gedanke an seine Vergangenheit, presste er seine Zähne zusammen und Wut stieg in ihm wieder auf. Denk nicht mehr daran, denn all die Jahre hast du es getan. Denke jetzt an Sie. Denke daran, dass du Sie wieder sehen wirst und Sie beim Schlafen beobachten wirst, so wie du es immer tust, sagte er zu sich selbst und schüttelte seine Vergangenheit weg, die wieder die Oberhand gewinnen versuchte. Diese Nacht würde es nicht dazu kommen. Diesmal nicht. Er rannte nun durch eine verlassene Gasse und kletterte auf das nächste Gebäude, wo er anschließend auf andere Häuser sprang und jedesmal wie eine elegante Raubkatze darauf landete. Immer wieder musste er zurückdenken, an die letzten Besuche, die er heimlich getan hatte, nur um Sie beobachten zu können, um ihr beim Schlafen zuzusehen, Ihr Herzschlag wie eine schöne Melodie aufzunehmen und Ihr nah zu sein. All die Dinge ließen seine Probleme, sein Dasein als Vampir und seine Vergangenheit ablenden und ignorieren.  Dank Ihr. Wie lange hatte er sich von seiner dunkelen Vergangenheit treiben lassen? Wie lange hatte er sich selber fertig gemacht und alle anderen, die unschuldig waren, wegen seine Vergangenheit und sein Dasein büßen lassen? Zulange, ließ er sich davon treiben und zulange hatte er jeden einzelnen dafür gehasst und für seine Vergangenheit bestraft aber jetzt war es anders gewesen. Dank Ihr.

Als er an seinem Ziel ankam, lauschte er erstmal wie immer seine Gegend ab, um sicher zugehen, dass auch ihn niemand sah und erkannte, denn das was er hier tat, sollte und durfte niemand erfahren. Niemand. Nachdem er aufgehorscht hatte und sich sicher sein konnte, dass niemand in der Gegend war, kletterte er ganz leise, ohne Geräusche zu machen auf den Balkon, wo er anschließend zu Ihr gelangen konnte. Auf dem Balkon angekommen, machte er sich an die Tür ran und öffneten dies ohne Probleme, da er sowas öfteren gemacht hatte, war es für ihn ein leichtes Spiel gewesen. Ohne weiteres schlich er sich in das Zimmer und schon prallte Ihr duft wie ein Orkan auf ihn zu. Wenn er davor nicht ausreichend Blut zu sich genommen hätte, dann wäre das Monster ohne zu zögern auf sie gesprungen und die Zähne in Ihren Hals gebohrt. Nein!  Sowas durfte er nicht denken. Niemals. Er wollte Ihr nicht wehtun. Er wollte es auf gar keinen Fall. Er musste das Monster kontrolliert und ihn in der Nähe des Mädchens, nicht die Oberhand gewinnen lassen. Sie war für ihn zu wichtig geworden auch wenn er das zu ungerne zugab.

Als er einen Schritt nach dem anderen machte, sah er Sie schon, Rückengekehrt, auf ihr Bett liegen und schlafen. Wie er dieses Bild vermisst hatte, obwohl es nicht Mal mehr als 24 Stunden her war, dasss er Sie das letzte Mal gesehen hatte. Plötzlich bewegte Sie sich langsam und er blieb sofort stehen, da er Angst hatte sie würde jeden Augenblick aufwachen, doch Sie schien weiterzuschlafen und drehte sich nun auf die andere Seite. In seine Richtung. Als er in Ihr wunderschönes Gesicht sah, ließ er alles andere um sich vergessen und konzentrierte sich stattdessen auf dieses wunderschönes Mädchen, die wie ein Engel schlief. Ihre bronzenen Haare, die im Licht etwas rötlich schimmerte, lagen verteilt hinter ihr und ein paar Strähnen verdeckten ihr Gesicht. Langsam ging er weiter auf sie zu und blieb vor ihr stehen. Er hatte Angst ertappt zu werden, denn dies durfte niemand wissen. Niemand durfte wissen, dass er hier bei Ihr war. Insbesonders Sie durfte es nicht wissen, dass er Sie heimlich besuchte und sie beobachtete, obwohl er es gerne gewollte hätte. Langsam kniete er sich vor Ihr und lauschte Ihr Herzschlag, dass in gleicher Rhythmus schlug. Sie sah so wunderschön aus. Sie hatte langes brozenes Haar, lange Wimpern, die im Schlaf sich leicht bewegten und sie hatte blasse Haut. Zu blass, dachte er. Sie sah so krank aus und vielleicht war sie das auch, da er plötzlich neben ihm auf der Kommode viele Taschentücher erkennen konnte. Er schaute Sie wieder an und hatte Mitleid mit Ihr. Er wünschte sich, er könnte Ihr helfen, sie wieder gesund zu machen. Der Vampir konnte sich kaum daran erinnern, wann er das letzte Mal krank war aber das lag zu weit zurück und diese Erinnerung sollte auch da bleiben, weil er Sie nun hatte und alles andere für ihn egal war. Er hatte Sie und er war bei Ihr gewesen. Mehr wollte er nicht.  Ganz langsam streckte er seine Hand in Ihre Richtung, nur um Ihre Strähne hinters Ohr zu streifen, dabei zitterte seine Fingern, da er Angst hatte, Sie könnte von seiner Berührung kaputt gehen. Sie war so zerbrechlich, so menschlich. Er musste bei Ihr auspassen und sich unterkontrolle halten, sonst würde er sich das niemals verzeihen, wie damals, als er sich nicht unterkontrolle halten konnte. Diesmal nicht. Das wird mir nicht noch einmal passieren, versprach er sich selber. Plötzlich hörte er ein Gemurmel von Ihr. ,, Mom...", murmelte Sie ganz leise im Schlaf, während Sie dann friedlich lächelte. Sie träumte und das von Ihrer Mutter. Unerwartet musste er ebenfalls lächeln. Was machst du nur bloß mit mir?, dachte er und wachte die ganze Nacht über Ihren Schlaf.

Die Nacht der UnsterblichenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt