Chapter Twenty-Four: Im ersten Sommerregen

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Jennifer konnte mich keine Minute mehr halten, als sie mir die Nachricht von Aidan überbracht hatte. Er lebte und wollte mich sehen! Ich flippte fast aus vor Freude und all ihre Bedenken, warum er sich nicht gemeldet hatte, warum erst jetzt... drangen gar nicht wirklich bis zu mir durch. Ich war nur so unendlich froh, dass alles gut werden würde.

Eilig zog ich mir etwas angemesseneres an, als Schlabbershirt und Jogginghose. Dass ich nicht geschminkt war und meine Haare nicht wirklich gemacht, interessierte mich nicht. Aidan hatte mich auch so am ersten Tag gesehen, als ich verschlafen hatte. Wenn es ihn damals nicht gestört hatte, warum sollte es das nun?

Mit meiner Tasche in der Hand nahm ich immer zwei Stufen auf einmal. "Ich nehm mir mal dein Auto Jenny", fragte ich sie gar nicht erst um Erlaubnis. Wir hatten besprochen gehabt, dass es reichen würde, wenn nur sie eins hatte, was auch wirklich so war und wenn ich es brauchen würde, könnte ich sie immer bitten. Aber jeder Satz, auf den ich eine Antwort brauchen würde, war einer zu viel. Ich schnappte mir den Schüsselbund von der Anrichte und war schon auf dem Weg zur Tür.

"Elaine", rief Jen. Ich drehte mich um. Blickte sie fragend an. Ich wollte einfach nur los, aber so nett, wie sie sich um mich gekümmert hatte, wollte ich auch nicht einfach rausrennen ohne Respekt.

"Sei bitte vorsichtig. Ich trau ihm nicht mehr. Das alles ist so komisch", äußerte sie ihre Gedanken. Ich wusste, was sie meinte, ich verstand es ja selbst nicht. "Das werde ich. In wenigen Stunden bin ich wieder da oder ich melde mich bei dir, wenn es länger gehen sollte", antwortete ich, warf ihr ein Lächeln zu und war raus aus der Tür.

Die Dämmerung hatte bereits eingesetzt, als ich das Caprio einige Straßen entfernt von dem Café parkte und mich auf den Weg machte. Dunkle Gewitterwolken waren aufgezogen. Der erste Regen dieses Frühlings, fast schon Frühsommers stand uns bevor. In der Ferne vernahm ich leises Donnern, Blitze zuckten über den Himmel. Eilig, bevor der Regen kam, lief ich die Straßen entlang. Die ersten Straßenlaternen gingen an, für so viel Dunkelheit sorgte das Unwetter am frühen Abend.

Ich zitterte am ganzen Körper, als ich das Café erreichte. Wie würde er reagieren, was würde er mir erzählen? Ich hatte Angst vor der Wahrheit, aber noch mehr davor eine Lüge zu hören. Tausende Gedanken schossen durch meinen Kopf, doch ich wusste, egal was ich mir zusammenspinnen würde, am einfachsten war es einfach dort hinein zu gehen. Also drückte ich die Klinge hinunter und trat ein.

Das Café war fast komplett leer, nur einige Tische waren besetzt. Ich erkannte Aidan, der links an einem Fenster saß. Er sah mich auch sofort und kam auf mich zu. Er lächelte und nahm mich fest in den Arm. "Ich bin so froh, dass du gekommen bist", begrüßte er mich und geleitete mich zu seinem Tisch zurück. Ich nahm Platz, er setzte sich mir gegenüber hin und einige Sekunden starrten wir uns einfach nur an.

Er sah so gut aus wie immer. Die Haare locker nach hinten gekämmt, das dunkle Shirt, die schwarze Hose. Und da kam gleich die erste verwirrende Frage auf. Bei so viel Blut am Unfallort... Warum schien er nicht verletzt zu sein?

"Ich habe von dem Unfall gehört", begann ich vorsichtig. Ich wollte, dass er erzählte, von sich aus, ohne dass ich ihn zu irgendetwas zwang. Und außerdem wurde ich auf einmal etwas wütend. Er saß da lächelnd, heiß wie immer und ich hatte mir die Augen aus dem Kopf geheult.

Er nickte. "Als ich auf dem Weg von dir nach Hause gefahren bin, ist mir plötzlich ein großes Tier vor den Wagen gesprungen und ich musste ausweichen. Aber wie du siehst geht es mir gut. Es ist nichts weiter passiert, ich brauchte nur ein paar Tage Ruhe nach diesem Schock. Ich bin ins Landesinnere gefahren und habe mein Handy daheim vergessen. Es tut mir so schrecklich leid, wenn du dir Sorgen gemacht hast."

Ragnarök - Frühlingssonne✔Where stories live. Discover now