Chapter Four: Loki Laufeyson

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Lokis Sicht:

Das war ja mal ein kompletter Reinfall gewesen.
Ich ließ mich genervt auf das Sofa in meinem kleinen Appartement fallen und dachte über die erste Vorlesung nach. Ich hatte mir ja gedacht, dass Jugendliche oder junge Erwachsene in diesem Zeitalter etwas schwierig waren, doch so etwas Respektloses hatte nicht einmal ich erwartet.
Früher hatte ich die Menschen gemocht. Oft war ich auf Midgard gewesen und war Monate lang durch die wundervolle Landschaft gewandert. Meist alleine, doch später waren auch oft Odin oder Thor an meiner Seite gewesen. Ihnen hatte ich die Schönheit der Natur näher gebracht, die weder die Asen noch Menschen sonderlich betrachtet hatten. Und was hatten sie nun aus meiner geliebten Erde gemacht? Zerstört hatte sie sie! Kaum einer bemühte sich noch um ihrem Erhalt. Sie war verkümmert genauso wie die einstige Lebenslust der Menschheit. Fort waren die einfache Dinge des Lebens. Die Tage in denen sie noch zu Thor beteten, wenn sie Hilfe brauchten, zu Odin für Sieg im Kampf oder zu mir. Ja auch mich hatten sie einst verehrt. Ich hatte ihnen das Herdfeuer gebracht und sie hatten stets einen Bissen für mich geopfert bevor sie aßen.
Doch wenn heute überhaupt noch ein Mensch betete, dann zu diesem christlichen Gott oder Allah oder zu sonst wem. Ich hatte mir nicht die Mühe gemacht mir über alle neuen Religionen Informationen einzuholen.
Frustriert öffnete ich eine Flasche Bier und schaltete durch die Fernsehkanäle. Weder Ale noch Met hatte ich finden können, doch dieses Gebräu schmeckte auch gar nicht mal so schlecht. Das war es, was ich nun brauchte.
Dabei hatte ich mir doch so viel Mühe gegeben. Ich war extra ins nahe gelegene Museum eingebrochen und hatte die Schatulle von Mimir an mich genommen, mit der man seine eigenen Gedanken und Vorstellungen sichtbar machen konnte. Auch wenn die Studenten alle fasziniert gewesen waren, so wusste ich doch, dass ich nicht wirklich weit gekommen war.
Was war das auch für eine Aufgabe, die Odin mir aufgegeben hatte? Es war schlichtweg unmöglich auch nur eines dieser Kinder glauben zu lassen. Doch ich sah keine andere Möglichkeit ihnen uns Götter näher zu bringen.
Odin hatte gesagt ich dürfe vorgehen wie ich wolle, mit dem was ich bräuchte. Das hatte ich nun auch getan. Ich hatte ihnen echte Magie gezeigt. Doch die Technik machte mir einen Strich durch die Rechnung, die heute so gut war, dass sie mit Magie konkurrieren konnte. Ich konnte mich ja aber schlecht vor sie stellen und ihnen meine Identität offenbaren. Ihnen noch mehr Magie zeigen oder etwas der Art. Sie würden mich als verrückt erklären und wieder eine logische Erklärung finden. So waren die Menschen nun einmal geworden. Sie glaubten nur das, was sie sahen und auch nur an das, was sie beweisen konnten, wie diesen verdammten Urknall.

So langsam wurde ich wütend. Bis jetzt hatte ich es geschafft meine Gefühle zu verbergen und tief in mir zu verschließen. Auch als ich alleine in dieser Seitenstraße landete und erst einmal mir eine Wohnung hatte suchen müssen. Den Präsidenten dieser noblen Uni zu überzeugen war ein Kinderspiel gewesen. Schon immer hatte ich das bekommen, was ich wollte mit Tricks und List. Selten hatte ich Gewalt anwenden müssen. Doch nun half mir meine jahrtausende lange Erfahrung auch nicht weiter.
Fluchend sprang ich vom Sofa auf und schleuderte die halbleere Flasche durch den Raum. Sie zerschellte an den gegenüberliegenden Wand, neben dem Fernseher und die Flüssigkeit spritzte schäumend in alle Richtungen.

Wie konnten sie mir das nur antun? Was gab ihnen das Recht die komplette Zukunft auf meinen Schultern abzuladen? Versagte ich, würde ich sterben, genauso wie meine Kinder. Und auch wenn der unwahrscheinliche Fall eintreffen würde, dass ich auch nur einem Menschen den Glauben schenken konnte, so würden sie mich nicht frei laufen lassen. Schließlich sollte ich ja Schuld sein am Ende aller Welten. An Ragnarök. Dabei hatte ich nicht vor jemandem ernsthaft zu schaden. Späße trieb ich ja, das gab ich zu. Auch dass ich manchmal übertrieb, doch was für einen Grund sollte ich haben alles zu vernichten? Odin hatte es gesehen. Die Nornen, die Seherinnen, die das Netz woben, ein Netz aus Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, hatten ihm gesagt, was geschehen würde. Alleine auf dessen Grundlage hassten mich alle Asen von einem Tag auf den anderen. War ich noch vor einigen Jahren hoch angesehen gewesen, willkommen auf jedem Fest, hatte ich die letzte Zeit ziemlich einsam verbracht.
Und nun, da sie keinen anderen Ausweg mehr wussten, gaben sie mir eine unlösbare Aufgabe, alleine nur, weil ich auch Gutes getan hatte. Dies und die Blutbruderschaft zu Odin hatte mir vorerst das Leben gerettet.
Wie gerne hätte ich ihnen meine Meinung ins Gesicht geschrien. Gesagt sie sollen nicht auf die Nornen vertrauen, die auch nicht alles wissen könnten. Doch waren Asen zu sturr.
So hatte ich nur diese eine Chance mit dem Leben davon zu kommen. Und ich kam keinen Schritt voran.

Um mich zu beruhigen und einen klaren Kopf zu bekommen, verließ ich die Wohnung. Ein Spaziergang an der frischen Luft hatte schon so manches Mal Wunder bewirkt.
Langsam schlenderte ich durch die Straßen und Gassen von San Diego.
Die Läden und Restaurants waren voll mit Menschen, die den warmen Frühlingsnachmittag genossen. Ich mochte auch die Sonne und Wärme, aber für meinen Geschmack war es hier einfach zu eng. Bis auf die wenigen Bäume und Sträucher sah ich keine Landschaft. Da musste ich schon runter an den Strand gehen, wo ich so manchen Abend verbracht hatte in den letzten Wochen.
Am Meer war es auch gewesen, als die ersten Menschen erschaffen wurden, was mein morgiges Thema sein würde. Diesmal konnte ich sogar auf meine eigene Erinnerungen zurückgreifen und sie den Studenten mit Mimirs Schatulle zeigen. Ich war schon sehr auf die Kommentare und Reaktionen gespannt.

Ich machte mich auf dem Weg zum Wasser. Einige Menschen kamen an mir vorbei. Mit ihnen auch zwei junge Mädchen in kurzen Kleidern. Sie musterten mich überrascht und erkannten mich anscheinend. Ich wusste nicht wer sie waren, in meiner Vorlesung waren sie zumindest nicht gewesen.
"Sie sind doch Aidan Laufeyson oder?", fragte die Rothaarige, die für meinen Geschmack etwas viel Schminke trug. Anscheinend hatte sich mein Nachname doch schon rumgesprochen. Hätte ich doch nicht meinen echten Nachnamen nehmen sollen? Doch ich war stolz auf ihn. Normalerweise war es brauch, dass man an den Namen seines Vaters "son" anhängte, was in meinem Fall "Farbautison" sein würde, doch so wie mein Vater mich nicht leiden konnte, so hielt ich auch nicht viel von ihm. Seit jeher nahm ich also den Namen meiner geliebten Mutter.
"Ja der bin ich", antwortete ich immer noch mit der Frage woher sie mich kannten im Hinterkopf.
"Unsere Freunde waren heute in Ihrer Vorlesung. Die waren alle hin und weg", schmeichelte die Blonde mir. Es kam mir fast so vor, als würde sie mit mir flirten.
Als sie den nächsten Satz aussprach, war ich mir sicher, dass sie es tatsächlich tat. "Wir feiern gleich direkt dort unten am Meer" - sie zeigte hinter sich die Straße nach unten - "kommen Sie doch auch. Wir würden uns freuen."
Normalerweise hätte mich dies gar nicht interessiert, doch sah ich es als Chance den Studenten näher zu kommen und etwas Akzeptanz und Ansehen von ihnen zu erlangen.
"Mal sehen. Ich hatte sowieso vor ans Meer zu gehen. Vielleicht schaue ich bei euch vorbei", entgegnete ich nur. Ich wollte nicht gleich so wirken, als würde ich gerne mit Jugendlichen feiern.
Die beiden quietschten erfreut und liefen auf ihren hochhackigen Schuhen weiter.
Ich blickte ihnen nach, musterte ihre viel zu kurzen Kleider. Was war nur aus der Menschheit geworden?
War es normal, dass Dozenten zu feiern ihrer Studenten gingen? Oder lag es nur daran, dass ich den beiden gefiel. Nicht umsonst stand sogar in der Edda geschrieben, dass ich "schmuck und schön von Gestalt" sei. Früher hatte ich viele Umwärberinnen in Asgard gehabt. Es war erfrischend mal wieder anders gesehen zu werden. Hier war ich nicht der Böse, der alles zerstören würde. Doch mehr als dieser Gedanke war da nicht. Ich wollte ganz sicher nichts von diesen unreifen Mädchen, die nur auf Äußerlichkeiten zu blicken schienen.

Als sie hinter der nächsten Kurve verschwunden waren, machte ich mich auch wieder auf den Weg. Doch ich würde nicht sofort zu ihrer Feier gehen. Es sollte auf gar keinen Fall so rüber kommen, als hätte ich großes Interesse an den Studenten. Sie waren mir egal. Nur alleine mein Ziel zählte und brachte mich dazu mich überhaupt mit ihnen zu unterhalten. Wäre ich frei in meinem Handeln, so wäre ein Ort voll betrunkener und alberner Kinder sicherlich der letzte, den ich auswählen würde.

Ragnarök - Frühlingssonne✔Where stories live. Discover now