Chapter Nine: Ask und Embla

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Ich hatte auch schon einmal von Loki gehört. Meine Kumpels hatten mich dazu überredet die Avengers Filme zu sehen. Und auch wenn ich zugeben musste, dass ich sie gut fand, vor allem die Neckereien zwischen den einzelnen Darstellern, war doch dieses Genre nicht unbedingt meins.
Ich hatte noch einige Szenen vom Gegenspieler dieser Helden im Kopf und konnte mir nicht ansatzweise vorstellen, dass dieser Gott mit der Entstehung der Menschen etwas zu tun haben könnte.
Cole und Liam anscheinend auch nicht. Denn nun waren sie auch still geworden. Nicht nur wegen Aidans Schlag auf dem Tisch. Nein sie wirkten doch tatsächlich interessiert.
Vielleicht war es Glück für den Dozenten gewesen, dass die Studenten auf die Filme gekommen waren, denn dadurch hatten sie eine gewisse Vorstellung im Kopf, die das Ganze interessanter machte.

Aidan hatte eine kurze Pause gelassen, damit jeder die Worte sacken lassen konnte. Nun fuhr er fort.
"Loki, der nicht zum Geschlecht der Asen gehört, wuchs im Reich der Riesen auf. Seine Mutter war eine Riesin, sein Vater ein Sturmriese.
Er war anders als seine zwei Brüder Byleist und Helblindi und anstatt den Kampf zu suchen, gierte es ihn nach Wissen. In seinen jungen Jahren lernte er Seidhr, Zauberei, die es ihm ermöglichte die Gestalt anderer Wesen annehmen zu können. Nach seinen Lehrjahren, zog es ihn hinab auf die Erde, nach Midgard. Er wanderte umher und traf dort Odin, den ihr bereits kennt und seinen Bruder Hönir bekannt auch als Vili.
Nun kommen wir zum wirklich spannenden Teil der Stunde."

Aidan lief zur Tür und schaltete das Licht aus. Wieder konnte ich nicht erkennen, was er tat, doch auf einmal erschien eine wunderschöne Landschaft vor uns in der Luft. Sattes grünes Gras, alte knorrige Obstbäume. Vögel und Rehe. Es war idyllisch. Man merkte sofort, dass noch kein Mensch jemals Hand an diesen Ort gelegt hatte.
Fast meinte ich den Geruch des Grünes riechen zu können, genauso wie das Gezwitscher der Vögel zu vernehmen.
Drei Personen erschienen. Sie wirkten klein in der weiten Landschaft. Ich erkannte Odin wieder an seinem braunen Ledergewand, welches er auch bei der Erschaffung der Welt getragen hatte.
Goldene und silberne Ornamente beschmückten Arme und einen Gürtel, an dem ein grob gehauenes Schwert befestigt war.
Neben ihm lief ein Mann, welcher ganz ähnliche Kleidung trug. Auch er war breit und muskulös gebaut, ganz anders als der dritte im Bunde. Ich wusste sofort, dass es sich um Loki handeln musste. Er passte nicht zu den anderen Gestalten, die seit jetzt zu sehen gewesen waren. Auch wenn sie Götter zu klein waren, um sie genau zu erkennen, so sah ich doch, dass er, obwohl er, wie Aidan sagte ein Riese war, sich nicht wirklich von den beiden hinsichtlich seiner Körpergröße unterschied. Er hatte etwa die selbe Größe und auch sonst sahen die drei eigentlich aus wie Menschen. Und doch war da etwas, was ihn von den anderen abhob.

"Die Drei reisten eine Weile gemeinsam durch die Weiten Midgards, bis sie eines Tages an einen Strand kamen.
Vor ihnen lagen zwei Stämme halb im Sand, halb von den Wellen umspült", fuhr Aidan fort. Das Bild veränderte sich.
Ein weiter Sandstrand erschien. Große schwarze Felsen ragten ohne Ordnung aus dem Boden hervor und bildeten einen natürlichen Schutz gegen riesige Wellen. Die zwei Asen und der Riese liefen durch den tiefen Sand auf das Wasser zu. Vor den schon erwähnten Stämmen blieben sie stehen. Die Sonne strahlte auf sie hinab und ich erkannte, dass sie ohne Rinde waren. Einer etwas größer als der andere.
"Es handelte sich um eine Ulme und eine Esche. Beide waren auf langer Reise gewesen. Es war Schicksal, dass genau zu dieser Zeit die Götter auf diese Bäume stießen, denn schon lange fühlte vor allem Loptr, dass etwas auf der Erde noch fehlte.
Die drei wussten auch ohne Worte genau, was nun zu tun war.
Odin trat an die Stämme heran und blies über sie hinweg. Sein Atem verlieh ihnen diesen genauso wie Leben und Geist. 
Als er sein Werk vollendet hatte, war Hönir an der Reihe. Er tat es seinen Bruder gleich und fügte Verstand und Bewegung hinzu."
Fasziniert beobachteten wir, wie aus dem toten Holz Leben entstand.
Wie bei einer Verwandlung in einem guten Fantasiefilm, konnten wir mit ansehen, wie die Stämme langsam menschliche Form annahmen. Ein Herz begann in ihren Brüsten zu schlagen und während die Esche männliche Züge bekam, so wurde das kleinere Stück Holz der Ulme zu einer Frau.
Ich sah wie stolz die beiden Asen auf ihr Werk waren, doch bemerkte ich auch, dass etwas noch fehlte. Sie hatten keine Emotionen. Genauso wie Odin und Hönir, denen ein paar menschliche Eigenschaften zu fehlen schienen, waren auch die beiden ersten Menschen etwas befremdlich.
Anscheinend hatte ich genau bemerkt worauf Aidan nun hinaus wollte.
"Doch etwas fehlte noch, zwar waren sie lebendig und konnten handeln. Aber Loki wollte, dass sie besonders wurden, sich von den Asen unterschieden und allen anderen Lebewesen in den Neun Welten und so ging er als letzter auf die beiden zu und blies ebenfalls sachte seinen Atem über die Körper. Er verlieh ihnen Gehör, die Sieben Sinne, Emotionen und Sprache, die wie ich finde wichtigsten Eigenschaften, die den Menschen ausmachen. Gaben, die sie von den Tieren abheben, fehlerhaft und doch einzigartig. Es gibt im ganzen Universum keine Spezies, die man mit dem Menschen vergleichen könnte.
Zu guter Letzt gaben sie ihnen noch die Namen Ask und Embla und ließen sie in die Welt ziehen."

Die Stunde war viel zu schnell vorüber und ich musste mich wohl oder übel wieder dem Alltag stellen. Das grelle Licht der Morgensonne blendete mich, als Aidan die Rollläden wieder nach oben fahren ließ.
Während die anderen sich bereits auf dem Weg nach draußen befanden ließ ich mir Zeit meine Sachen in die Tasche zu packen. Ich wollte noch etwas von dieser Atmosphäre aufsaugen, die sich jedes Mal nach der Stunde angesammelt hatte. Immer mehr mochte ich diese fremde Kultur. Den Glauben, die Einstellung der Götter zur Welt. Vor allem dieser Gott Loki schien wirklich interessant und fasettenreich zu sein.
Auch wenn ich nicht all das glauben wollte, so war ich langsam froh, dass unser Professor uns diese Stunden aufs Auge gedrückt hatte. In diese fremde Welt einzutauchen, wenn auch nur für kurze Zeit, war genau das, was ich brauchte.
Das Studium war hart und trocken, die Studenten eingebildet und kindisch. Aidan gab mir das Gefühl hier noch fremder zu sein, als ich es eh schon war. Doch ich mochte dieses Gefühl die Welt mit anderen Augen zu sehen zu können, als alle anderen es taten.

Ich war so vertieft in meine Gedanken, dass ich erst viel zu spät bemerkte, dass alle anderen schon längst den Raum verlassen hatten. Nur noch Aidan stand vorne am Pult. Als ich mich erhob, lächelte er mir zu.
"Wie fandest du die Stunde heute? War vielleicht nicht so spektakulär wie gestern, doch ich hoffe es war spannend genug für deine Mitstudierenden."

Wieso zur Hölle hatte ich nur so lange gewartet bis alle weg waren? Jetzt musste ich ungewollt mit Aidan reden. Das hatte ich doch vermeiden wollen...
Ich lief nach vorne zu ihm.
"Also mir gefiel es sehr gut. Sie haben es mit dieser außergewöhnlichen Art geschafft ihre Aufmerksamkeit zu bekommen. Zumindest für kurze Zeit. Aber sie werden sehr schnell anspruchsvoller und wie spannend es auch gerade ist, sie werden schnell die Lust verlieren. Ich hoffe sie haben noch ein anderes Ass im Ärmel", beantwortete ich seine Frage sehr ehrlich, denn ich wusste ja, dass er wert darauf legte. Da er auch schon gefühlt alles über meine Einstellung zu seinem Glauben wusste, konnte ich ja auch gerade so weiter machen.
Er grinste. "Ja ich habe da noch so einige spannende Sachen.
Ich dachte zum Beispiel daran, dass wir in den kommenden Wochen ins Museum fahren könnten. Dort gibt es eine Ausstellung von alten nordischen Artefakten. Vielleicht helfen ja reale Gegenstände von Menschen erschaffen, die einst an die nordischen Götter glaubten, dass sie es nicht mehr so lächerlich sehen."

"Das ist eine großartige Idee." Ich war begeistert. Ich mochte Ausflüge, bei denen man noch etwas lernte sehr.

"Großartig, dann werde ich...", begann Aidan, wurde jedoch von unserem Präsident unterbrochen.
"Mr. Laufeyson, würden sie mich kurz begleiten?", fragte er.
Aidan nickte, schnappte sich seine Aktentasche und eilte aus dem Raum.
"Bis nächste Woche", rief er noch über die Schulter zu und war verschwunden.

Da stand ich nun alleine. Und vor mir auf dem Pult lag noch das sonderbare Kästchen von Aidan. Er musste es durch das Gespräch und die plötzliche Aufforderung von Mr. Cunningham vergessen haben.
Ich überlegte kurz, ob ich es einfach stehen lassen sollte, doch dann übermannte mich die Neugier und ich hob es vorsichtig an.
Es war leichter als erwartet und fühlte sich sonderbar warm an für Holz. Doch es musste sich Technik darin befinden, die die Animation ermöglichte. Vielleicht war es dadurch warm geworden. Vorsichtig legte ich meine rechte Hand auf den Deckel und strich über die fein eingearbeiteten Runen und Muster.
Aber genau in diesem Moment erschien Cole in der Tür:" Hey Elaine wo bleibst du denn? Wir warten auf dich!"
"Sorry ich komme."
Schnell schnappte ich mir das Kästchen, ließ es in meine Tasche fallen und rannte aus dem Raum.

Hiii ihr,
Sorry dass so lange nichts kam, aber ich befinde mich irgendwie in einem Schreibtief. Ich weiß wo ich hin will und habe auch ein paar Szenen im Kopf, aber das Stück im Moment ist irgendwie total schwierig. Ich will nicht, dass es total schnell geht, dass sie sich näher kommen oder es doch zu langweilig wird :'D
Wie findet ihr die Tatsache, dass Loki so stark an der Entstehung der Menschen beteiligt war? Ich war richtig überrascht vor allem nach dem Bild, was ich von ihm durch Marvel hatte.
Wenn man überlegt wie schlecht alle über ihn reden, auch in der Mythologie selbst, darf man doch seine Leistungen nicht vergessen. Ihr werdet noch erfahren, was ohne ihn alles niemals geschehen wäre ;)

Lg eure Crissi

Ragnarök - Frühlingssonne✔Where stories live. Discover now