6. Kapitel: Nathan

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„Du willst mir jetzt aber nicht erzählen, dass du dich deswegen bis zum Rand vollgesoffen hast oder? Das wäre nämlich wirklich das Letzte... Außerdem... Eigentlich sollte es gerade andersherum sein. Ich sollte mich volllaufen lassen und du versuchst mich davon abzubringen weiterzumachen", antwortete sie trocken und ich musste mir doch immer mehr Mühe geben, dass ich jedes Wort von ihr verstand, wobei mir der Sinn bei den meisten sowieso nicht mehr ganz klar wurde.

„Von was in Nauks Namen redest du da bitte, Sarah?", fuhr ich sie so laut an, dass es mir bereits selbst in den Ohren schmerzte. Ich ließ die Flasche unbeabsichtigt fallen, doch bevor sie auf dem Boden zerschellen konnte, meinte ich aus den Augenwinkeln wahrzunehmen, wie sie sie noch in der Luft zu fassen bekam und sich nur ganz wenig der kostbaren Flüssigkeit über den Boden verteilte.

„Nauk? Wer soll das sein?", war das Einzige, was sie nun von mir wissen wollte, was mich nur dazu brachte, dass ich in schallendes Gelächter verfiel.

„Das weißt du nicht? Süße, sie ist mein Untergang", gab ich immer noch verrückt lachend zurück, doch ich merkte bereits, wie sich alles um mich herum immer mehr drehte. 

Von jetzt auf gleich wurde mir furchtbar schlecht und ich hatte das Gefühl, dass ich jeden Moment das Bewusstsein verlieren würde. So schwer es mir auch fiel, ich hob meinen Kopf an. Sah, wie Sarah mich fast schon etwas erschrocken anstarrte. Sah, wie ihre Lippen sich bewegten, doch es kam keine Silbe mehr bei mir an. Es war nicht mehr zu verhindern. Mir war so schlecht, dass ich mich am liebsten auf der Stelle übergeben hätte, doch soweit kam ich überhaupt nicht mehr. Meine Glieder erschlafften und mein Kopf sank zurück auf die Lehne. Mein Körper kippte unkontrolliert nach vorne, doch irgendetwas hielt mich davon ab auf den harten Boden zu stürzen. Das Letzte was ich wahrnahm war, dass jemand wild an mir rüttelte und meinen Namen rief.

Kaum, dass ich wieder bei Bewusstsein war, spürte ich meinen Kopf. So einen extremen Kater hatte ich schon lange nicht mehr gehabt. Als ich den Kopf leicht drehte und schließlich die Augen öffnete, auch wenn es mir alles andere als leicht fiel, war ich so unendlich dankbar, dass die Vorhänge zugezogen waren. Erleichtert seufzte ich und wollte bereits erneut für eine kurze Weile meine Augen schließen, doch dann bemerkte ich das Wasserglas und die Tablette direkt daneben, die mich förmlich anlachte.

Vorsichtig stützte ich mich mit meinem Ellenbogen ab und richtete mich leicht auf. Trink mich war die Aufschrift des kleinen abgerissenen Papierfetzens, der unmittelbar daneben lag. Sarah musste das wohl dort hingetan haben. 

Was war gestern genau alles passiert? Mir kamen nur noch dunkel Erinnerungen daran, wie ich mir Sorgen um Sarahs Verbleib gemacht hatte, vor allem weil ich sie nicht hatte erreichen können. 

Intuitiv ballte ich meine Hände zu Fäusten und starrte wütend auf den Boden. Wieso hatte ich überhaupt diese bescheuerte Idee gehabt zum Alkohol zu greifen? Eigentlich hatte ich mir noch nie viel aus Alkohol gemacht, doch seit ich diesen Job hatte, hatte ich ab und an durchaus viel Alkohol konsumiert, vor allem in meinen ersten Jahren. 

Ich holte tief Luft und entschied mich schließlich energisch dafür, mich von meinen elenden Grübeleien loszureißen und mit ihr zu sprechen. 

Behutsam setzte ich mich auf. Sobald das Schwindelgefühl und die sofort aufkommende Übelkeit wieder etwas verflogen war, schnappte ich mir das Glas und ließ die Tablette vorsichtig in das Glas sinken, damit sie sich auflösen konnte. Verdammt, schwirrte mir der Kopf, doch es half alles nichts, ich musste schleunigst aufstehen und nach Sarah sehen.

Ich gab mir einen Ruck und wagte einen Blick auf meine Armbanduhr. Es war bereits wieder Mittag. Ich hatte sehr lange geschlafen und das in den Klamotten vom Vortag. Anscheinend hatte ich es irgendwie noch nach oben geschafft, auch wenn ich mir beim besten Willen nicht mehr vorstellen konnte wie. 

Keepers of Fate [abgeschlossen] #UrbanFantasyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt