Teil 3

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Bianka schlüpfte mit ihren Armen und Händen aus dem Schlafsack und befühlte den Boden neben sich. Es war noch stockdunkel, sehen konnte sie nichts. Es war fast still. Nur das leise Schnarchen des Drachen Waterwind, und das sanfte Rauschen des Meeres war zu hören. Bianka sah zum Himmel, der wolkenbehangen war. Sie dachte: "Ich habe es schon ein paar Male geschafft, dass der Himmel mir wohlgesonnen war, vielleicht schaffe ich es jetzt wieder." Also holte sie ihr Tagebuch wieder aus dem Rucksack, blickte zum Himmel und schrieb:

"Oh Himmel,
Dir sei gewidmet,
dies Gedicht,
mit der Bitte,
sende mir Dein Mondlicht.
Bin aus einem Traum erwacht,
möcht gern wissen,
ob die Möwe mir hat
den Nixenkamm gebracht.
Oh Himmel,
Dir hab ich zu danken,
wenn Du öffnest,
Deine Wolkenschranken."

Die junge Frau senkte den Blick, las sich das eben geschriebene Gedicht durch. Als sie dann wieder hochblickte, funkelte der helle Mond über ihr. Es war ein Wunder, sie hatte es wieder geschafft! Ein Strahl des Mondlichtes fiel nun genau auf eine Furche im Sand, genau neben ihr. "Da ist etwas im Sand eingegraben. Oder hat die Möwe den Nixenkamm im lockeren Sand verscharrt?", dachte Bianka und fing an, im Sand zu buddeln. Sie staunte, als sie tatsächlich einen goldenen, mit Perlen verzierten Gegenstand in Händen hielt, den Nixenkamm. Ob der Kamm schon die längste Zeit hier vergraben lag, oder ob ihn eine Möwe erst vor kurzem eingebuddelt hatte, ließ sich nicht mit Gewissheit sagen, jedoch könnte Bianka's Traum mit der Möwe ein kleiner Hinweis gewesen sein, dass der so dringend benötigte Kamm nicht weit von ihr entfernt lag. Zufrieden steckte Bianka den Nixenkamm vorsichtig in ihren Rucksack. Dann legte sie sich wieder hin und schlief erleichtert ein.

"Aufwachen! Die Sonne scheint!", ertönte die Stimme des Drachen Waterwind. "Was? Habe ich so lange geschlafen?", erwiderte Bianka, gähnte und streckte sich, ehe sie aus dem Schlafsack kletterte, diesen zusammenfaltete und in ihren Rucksack steckte. "Schnell frühstücken, Fräulein Bianka, und dann müssen wir den Kamm finden.", meinte Waterwind. "Überraschung, Waterwind!", sagte Bianka mit einem Grinsen, öffnete ein kleines Fach ihres Rucksacks und streckte dem verdutzten Drachen den Nixenkamm entgegen. Waterwind kannte sich natürlich nicht aus, und so erzählte ihm Bianka, was sich in der Nacht zugetragen hatte. Schließlich sagte Waterwind: "Ich habe auch etwas für Dich. Über Nacht hat meine Häutung stattgefunden, und so überreiche ich Dir Deinen magischen Umhang." Lächelnd überreichte er ihr ein großes, langes Stück Drachenhaut. Wenn Waterwind sich an Land aufhielt, war seine schuppige Haut weiß. Im Wasser jedoch verfärbte sich seine Haut in ein tiefes Blau, blau wie das Meer. So konnte er sich im Wasser stets perfekt tarnen.

Zusammen gingen Bianka und Waterwind ins Wasser. "Bianka, steige nun auf meinen Rücken, wir müssen gemeinsam untertauchen, denn wenn Du hinter mir her schwimmen würdest, könntest Du mich im blauen Mehr nicht mehr erkennen, also werde ich Dich durch das Wasser tragen. Habe keine Angst beim Tauchen. Hänge Dir meine Drachenhaut um, dann kannst Du normal unter Wasser atmen. Und vergiss den Kamm nicht." Bianka hatte aufmerksam zugehört. Schließlich fragte sie: "Aber wie transportieren wir den Kamm sicher in die Unterwasserwelt? Ich möchte ja nicht, dass er in den Wellen wieder verloren geht. Den Rucksack kann ich unmöglich mitnehmen, denn sonst würde er und alles darin patschnass werden." "Steck ihn Dir einstweilen selbst ins Haar.", antwortete Waterwind, in einem Tonfall, als wenn dies das Selbstverständlichste auf der Welt wäre. Sie nickte und sagte: "Ja, es wird nicht anders gehen, da hast Du recht." "So und nun komm! Wir, vor allem Du, Bianka, werden und wirst schon erwartet." Tatsächlich steckte sie sich den Kamm ins Haar, kletterte auf den Rücken des Drachen und dann schwamm er mit Bianka los.
"Hierher! Hierher!", ertönte plötzlich eine Stimme. Bianka und Waterwind blickten sich um. Jetzt sahen sie ihn, den Delfin, der ihnen zugerufen hatte. Waterwind schwamm mit Bianka auf den Delfin zu, der ein freundliches, verspieltes Lächeln auf den Lippen hatte. "Hallo, Ihr Lieben! Ich bin beauftragt worden, Euch in die Unterwasserwelt zu bringen, vor allem Dich Bianka, da Du den wichtigen Kamm mit Dir trägst. Du sollst als Lohn den Meereskristall bekommen. Es ist noch ein weiter Weg.", sprach der Delfin, in einem durch, ohne eine Pause einzulegen. Dann fügte er noch hinzu: "Ach ja, mein Name ist Finny." Bevor Bianka etwas sagen konnte, ergriff Waterwind das Wort: "Bianka, mit dem Umhang kann Dir nichts passieren, und außerdem begleitet Dich Finny. Da irgend jemand auf den Rucksack am Strand aufpassen muss, mache ich den Vorschlag, dass ich zurück an den Strand schwimme, auf die Sachen Acht gebe, und Du schwimmst alleine mit Finny." Bianka hätte sich über Waterwind's Begleitung zwar gefreut, beim Gedanken, ihre Sachen für längere Zeit ohne Aufsicht am Strand zu lassen, hatte sie aber auch ein mulmiges Gefühl. Also willigte sie ein. Sie kletterte von seinem Rücken, verabschiedete und bedankte sich. Dann rief auch schon Finny: "So, und nun komm mit!"

Bianka war etwas iritiert. Sie kannte Delfine als Wesen voller Verspieltheit und Leichtigkeit, doch Finny war so ernst. - aber andererseits, angesichts der Tatsache, dass eine Nixe ihren wichtigen und wertvollen Kamm verloren hatte, gab es keinen Grund zum Lachen. Finny war viel zu konzentriert darauf, seinen Auftrag schnellstmöglich auszuführen, und die Kammfinderin zu den Nixen zu bringen. Bianka war sich sicher, sobald diese Aufgabe erledigt, und der Kamm wieder bei seiner Besitzerin ist, würde sein leichtes, verspieltes Wesen wieder zurückkommen.
Finny unterbrach Bianka's Gedanken, als er rief: "Achtung, wir tauchen!" Bianka zögerte kurz, überprüfte ihren Umhang und tauchte schließlich hinter Finny her. Bianka hielt die Luft an, denn sie war es ja nicht gewohnt, unter Wasser ganz normal zu atmen. Sie hörte Finny's Stimme telepathisch, in ihrem Kopf: "Atmen, Bianka, atmen! Du musst atmen! Denk an den Umhang!" Die Anspannung war dem Delfin anzumerken. Bianka Japste nach Luft und es gelang ihr, wie von Waterwind versprochen, unter Wasser zu atmen. Finny atmete erleichtert auf.

Waterwind sah Bianka und Finny noch lange nach, ehe er sich auf den Rückweg zum Strand machte. Am Strand fand er Bianka's Rucksack unversehrt vor. Dies beruhigte ihn. "Es war die richtige Entscheidung, an den Strand zurück zu kehren.", sagte er zu sich. Er blickte aufs blaue Meer hinaus. Bianka und der Delfin waren momentan nirgendwo zu entdecken. Kein Wunder, denn Bianka und Finny waren ja bereits untergetaucht.

A Magic Story - die Befreiung der FeenprinzessinWhere stories live. Discover now