Resigniert öffnete ich die Beifahrertür und wandte mich ein letztes Mal zu ihm bevor ich ausstieg. „Bevor überhaupt jemand die Chance hat dich kennenzulernen, solltest du vielleicht selbst herausfinden wer du bist." Ein merkwürdiges Gefühl beschlich mich, als ich aus dem Wagen stieg und die Tür hinter mir zuwarf. Es war, als hätte ich ein Stück meiner selbst mit Liam in dem Auto zurückgelassen und trotzdem war ich froh, dass ich sagen konnte, was ich zu sagen hatte.

*

Es war wenig los im Sage und ich merkte wie ich unbewusst nach Jake Ausschau gehalten hatte, doch er und Drake waren nicht da. Auf der einen Seite war ich ein wenig Enttäuscht, denn ich dachte, dass wir auf jeden Fall noch einmal reden sollten. Aber auf der anderen Seite war ich froh, dass wir nicht reden mussten. Doch dafür wollten zwei andere Menschen reden und ich merkte wie ihre Anspannung zunahm, während sie auf eine Gelegenheit warten um mich auszuquetschen. Leider hatten sie sehr schnell die Gelegenheit dazu, denn die vier Tische waren schnell bedient und benötigten nicht die Konsequente Anwesenheit der Kellnerinnen. Ergeben begab ich mich zu Mike an die Bar und kurz darauf, wie durch ein Wunder, tauchten Jules und Tia neben mir auf. "Und?", fragte Tia mit diesem Unterton der Klang wie ‚Plant ihr eure Hochzeit?'.

Ich seufzte. „Es war wirklich, wirklich schön und er hat sich total die Mühe mit allem gegeben."

Mike stellte uns drei Gläser Cola hin und Jules rutschte näher. „Aber?"

„Aber irgendetwas ist merkwürdig. Ich weiß fast nichts über ihn und er wollte auch nichts preisgeben. Wie kann er denn nicht wollen, dass ich ihn näher kennenlerne, wenn er doch Interesse an mir hat?" Fragend sah ich meine Freundinnen an. „Und er hat sich auch nicht mehr bei mir gemeldet seit dem."

Tia legte mir einen Arm um die Schulter und zog mich an sich, während Jules meine Hand nahm. „Weißt du Süße,", begann Tia. „Jungs denken anders als wir, vielleicht wollte er die Zeit geben und hat sich deswegen nicht mehr gemeldet. Und man erzählt bei einem ersten Date auch nicht die ganze Lebensgeschichte, oder würdest du das machen?"

Tia hatte Recht, trotzdem nagte es weiter an mir. „Aber ich kenn nicht einmal seinen Nachnamen oder wie alt er ist."

„Naja, Tia du musst schon zugeben, dass das Merkwürdig ist. Das ist trotzdem noch nicht alles oder Ava?" Jules sah mich an.

Ich überlegte ob ich ihnen von Liam erzählen sollte, beschloss aber es nicht zu tun. Das Signal einer eingehenden Nachricht lenkte mich zum Glück ab.

Sag mir bescheid wenn ich dich nach Hause bringen soll. Bitte geh nicht alleine Nachts nach Hause. – Liam

„Wer ist denn Liam?" Neugierig beugten sich die beiden über mein Handy und mein Beschluss, ihnen nichts zu erzählen, flog dahin.

„Jemand aus meiner Schule dem ich Nachhilfe gebe.", erklärte ich und steckte das Handy wieder weg. Mike hüstelte und auch wenn er so tat, als würde er nicht zuhören, so waren seine Ohren unter Garantie auf uns gerichtet.

„So so. Nachhilfe. Und wie sieht dieser Liam aus?" Jules grinste und verschränkte ihre Arme.

„Ganz gut,", gab ich zu. „aber da ist nichts zwischen uns." Gut, das war eine leichte Untertreibung.

Tia drehte meinen Kopf in ihre Richtung und sah mir tief in die Augen. „Ava, lüg uns nicht an. Ist er auch so ein Schnuckel wie dieser Kyle, der letztens hier war?" Stöhnend warf ich meinen Kopf in den Nacken. Mussten wir wirklich diese Art von Gespräch führen? Jules tippte auf ihrem Handy herum und hielt es kurz darauf stolz Tia unter die Nase. Es war ein Bild von Kyle und Liam in ihrer Footballkleidung mit einem Pokal in der Hand und es stammte von der Schulhomepage. Ich konnte es noch nicht einmal leugnen, denn ihre Namen standen dick darunter und mein Gesicht fühlte sich verdächtig warm an. Tia pfiff anerkennend durch ihre Zähne. „Warum waren die Typen zu unserer Zeit nicht so hübsch?" Bedauernd sah sie Jules an, die zustimmend nickte und ihre Hand tätschelte.

„Du wirst ihm aber schon nachher schreiben wenn du Feierabend machst! Nur weil Jake zu dumm ist, musst du nicht wie eine eiserne Jungfer warten!" Erst als ich ergeben nickte, ließen mich die beide in Frieden und gingen ihrer Arbeit nach. Nur ich blieb alleine an der Bar zurück und Mike stellte mir eine Tasse mit dampfenden Tee hin. Dankbar lächelte ich ihn an.

„Lass dir von den beiden nichts einreden. Du brauchst keinen Mann um glücklich zu werden.", sprach er in seiner beruhigend tiefen Stimme und mein Herz wärmte sich bei diesen Worten auf, mehr als es der Tee zu tun vermag. Ich nahm mein Handy und antwortete Liam, dass ich schon nach Hause kam. Er antwortete erst später, mit der Bitte ihm wenigstens zu sagen, wenn ich zuhause war. Ich versprach es ihm und machte mich wieder an die Arbeit.

Erst als ich vier Stunden später im Bett lag und mein Handy vibrierte, fiel es mir wieder ein. Ein wenig Schuldbewusst griff ich danach, gespannt was Liam mir geschrieben hatte. Doch es war nicht Liam der mir geschrieben hatte.

Es tut mir leid, dass ich mich nicht gemeldet habe, aber ich halte es für das Beste, wenn wir es bei Freunde sein belassen. -Jake

DeliriumWhere stories live. Discover now