XVII

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Ich packte mein Schulbrot aus, als Dave sich über das Dach zog. Seit dem Vorfall letztes Wochenende versuchte Dave ausgesprochen nett zu mir zu sein, was eigentlich ganz angenehm war wenn man überlegte wie pubertär er sich sonst verhielt. Und er versuchte mir zu Hause zu helfen soweit es ihm möglich war. Manchmal hatte ich ein schlechtes Gewissen weil ich sein schlechtes Gewissen ausnutze, andererseits war er alt genug um mitzuhelfen. „Hi, na wie war's?", fragte ich ihn als er sich zu mir setzte. Dave zuckte mit den Schultern, ganz vertieft im suchen des Brotes. Ich stöhnte. „Davie, erstens, man schaut den gegenüber immer in die Augen, zweitens, sprich in ganzen Sätzen.", ich sah wie sich seine Augen verdrehten und grinste, er hasste es wenn ich ihn belehrte. „Drittens, es war nur ein Test, nichts was die Welt untergehen lassen wird, auch wenn du nicht bestanden haben solltest."

Dave nickte, aber es galt weniger der Zustimmung als der Beschwichtigung und der Hoffnung, dass ich nicht weiter reden würde. Bestimmt würde er gleich das Thema wechseln. Irgendetwas Belangloses wie die Tatsache, dass Sport heute in den Hallen sein würde. „Ich hab gehört das du und Liam Jefferson heute zusammen in der Bibliothek wart." Hm, nicht mein Wunschthema. Wie schnell sich hier Sachen verbreiteten.

„Ja war ich." Neugierig sah er mich an und ganz plötzlich konnte er mir sogar in die Augen schauen.

„Du?! Was habt ihr denn da gemacht? Ich dachte ihr könnt euch nicht ab?" Oh danke, dein Tonfall klingt gar nicht herablassend.

„Ich gebe ihm Nachhilfe und das wir uns nicht abkönnen ist wohl etwas übertrieben zu sagen." Nope, war es zu 100 Prozent nicht, aber eine Lüge mehr oder weniger machte es auch nicht aus.

Ehrfürchtig sah mein kleiner Bruder mich an. „Liam ist der Quaterback und der Kapitän der Mannschaft! Hast du eine Ahnung wie viele seine Freunde sein wollen? Und meine Schwester gibt ihm Nachhilfe. Das ist ja so cool! Das muss ich unbedingt den Jungs nachher erzählen. Meine Schwester!" Ach auf einmal war ich cool? Oh man, wie konnte man jemanden nur so heroisieren?

„Wirst du nicht. Stell dir vor er findet raus, dass alle wegen dir wissen das er Nachhilfe braucht." Erschrocken sah Dave mich an und innerlich klopfte ich mir auf die Schulter wegen meiner Antwort. Situation erfolgreich gelöst.

„Du hast Recht, das wäre eine Katastrophe." Ganz in der Illusion der coolen großen Schwester gefangen, begann er sein Brot zu essen. Schweigend lehnte ich mich zurück und aß meins. Der Wind fuhr durch die Blätter und kühlte uns etwas ab. Selbst im Schatten war es schon warm und es war noch am Vormittag. Uns erwarteten mit Sicherheit 35 Grad heute und ich stöhnte bei dem Gedanken an Sport. Die Halle würde sich bis heute Nachmittag sicher aufheizen und die Klassen vor uns würden es nicht besser machen. Vielleicht konnte ich unseren Sportlehrer überzeugen, dass ich nicht mitmachen konnte. Eigentlich war er dabei immer sehr Verständnisvoll.

*

Sport war eine Lachveranstaltung. Sind wohl sämtliche weibliche Teilnehmer nach Hause gefahren um sich möglichst knappe Kleidung zu holen und die den Footballern zu präsentieren? Ich meine, die waren schon sonst knapp, aber das hier war wirklich grenzwertig. Allerdings war ich wohl die einzige der das auffiel, denn alle anderen, insbesondere der männliche Teil, schaute gerne hin. Kopfschüttelnd beugte ich mich über mein Buch. Gott sei Dank waren die Lehrer an dieser Schule wirklich sehr motiviert, mich in meiner Laufbahn zu unterstützen. Wenn die nächsten Prüfungen gut ausfielen würde ich ein GPA von 4,0 erreichen und wäre die beste Schülerin seit Beginn dieser Schule sein. Einzig Sport zog mich etwas runter, denn wo ich sonst überall ein A+ oder A hatte, hatte ich in Sport ein B+. Ein ganz kleines bisschen störte mich das, allerdings musste ich mir auch eingestehen, dass dies ein Luxusproblem war. Die Noten waren allerdings Notwendig um mein Stipendium zu halten und nach der Highschool ganz nach der Princeton University zu wechseln. Ich studierte neben der Schule und war jetzt noch im zweiten Semester. Mit meinen Schulabschluss käme ich in das 3. Semester. Deswegen tat meine Schule auch alles um mich zu unterstützen, denn wenn es so klappte wie geplant, wäre ich ein Aushängeschild, ein Prestigeobjekt. 

DeliriumWhere stories live. Discover now