„Es freut mich dich kennen zu lernen.", sagte ich in friedvoller Absicht.

„Freut mich auch." Sie gab mir ihre kleine Hand. „Magst du Barbie? Jake mochte Barbie hat er gesagt." Wissend sah sie mich an. „Jake ist nämlich voll cool, er hat zwar kein Pferd, aber er hatte wenigstens Ahnung. Du siehst nicht danach aus." Schon wieder dieser Jake. Wie konnte er denn überall sein?

„Nein ich mag Barbie nicht so gerne.", antwortete ich ehrlich, doch anscheinend hatte ich damit einen Hundewelpen getötet, so wie sie mich ansah. Gott was wollte dieses Kind von mir?

„Wie kannst du nur?", fragte sie schockiert und ihre Augen glitzerten. Sie erinnerte mich an Kyles Schwester irgendwie, die hatte auch immer so reagiert wenn man ihre Puppen beleidigt hatte und wie bei ihr wurde ich auch jetzt schwach.

„Aber wir können ja sonst damit spielen wenn Ava noch nicht soweit ist?" Oh bitte lass dies nicht der Fall sein. Bitte bitte.

„Uh ja! Komm mit, wir fragen sie mal." Amber wartete gar nicht erst auf mich, sondern lief in das Haus und rief lautstark nach ihrer Schwester. Langsam folgte ich ihr und betrachtete interessiert das Innere des Hauses. Es war deutlich kleiner als bei uns und die Möbel wirkten schon reichlich abgenutzt, aber trotzdem, oder vielleicht deswegen, fühlte ich mich hier sofort wohl. Es war bei weitem nicht so steril und kühl wie bei uns zuhause. Hier lag Spielzeug rum, der Fernseher lief und ich konnte die ganze Etage von meinem Stand aus beobachten. Amber kam gerade die Treppe runter gelaufen, als ein älterer Mann aus der Küche trat und seine Hände an einem Tuch abtrocknete. Das musste Ava's Vater sein. Unschlüssig wie ich mich verhalten sollte, blieb ich erstmal stehen.

„Amber, wen hast du uns denn da mit ins Haus gebracht?", fragte er seine Tochter ohne den Blick von mir abzuwenden. Sein Blick war einschüchternd und ich musste schlucken.

„Das ist Liam, ein Freund von Ava. Wir wollen Barbie spielen. Wo ist Avalon?" Avalon? Gut, vermutlich war dies ein guter Zeitpunkt mich vorzustellen. Ich ging zu ihm und streckte meine Hand aus.

„Guten Abend Sir, ich bin Liam." Er sah mich kurz an, drückte dann meine Hand und wenn sie gebrochen wäre, wäre das keine Überraschung für mich gewesen.

„Das hat Amber ja bereits gesagt. Nun, du bist also ein Freund von Ava. Woher kennt ihr euch?"

„Aus der Schule, sie gibt mir Nachhilfe." Er nickte wissend und sah seine Tochter an. „Ava ist noch einkaufen, sie kommt aber gleich wieder. Ihr könnt ja so lange hier unten spielen und ich kann mich noch ein bisschen hier mit Ava's Freund unterhalten." Amber jauchzte erfreut auf, rannte zu mir und zog mich in die letzte Ecke des Raumes. Ihr Vater folgte uns mit verschränkten Armen und setzte sich auf einen Stuhl in unserer Nähe. Amber interessierte das gar nicht, sie drückte mich eine Puppe in die Hand und versuchte mir zu erklären, wer sie war, aber ich war viel zu sehr darauf bedacht nichts falsches zu machen, denn ihr Vater war sicherlich kein Mann der zögerte.

„Hier, dass kannst du ihr schon mal anziehen. Und dann muss Thea gleich zur Barbie zum Tee trinken." Sie beugte sich vor und senkte ihre Stimme als würde sie mir ein Geheimnis verraten. „Ken kommt wahrscheinlich auch, aber das darf Barbie nicht wissen." Ich nickte und gab ihr mein Ehrenwort nichts zu verraten.

„Nun Liam, was machst du in deiner Freizeit?", erkundigte sich Mr. Hastings.

„Ich spiele Football Sir." Damit hatte ich glaube ich ein gutes Thema angeschnitten, denn er machte nicht mehr ganz den Eindruck, dass er mich erschießen wollte und er begann mich über meine Position, meine Mannschaft und die Liga auszufragen. Ich fand raus das er ein Broncos Fan war, während er sich darüber beschwerte wie ich die Jets gut finden konnte. Wir vertieften uns in eine hitzige Diskussion über unsere Mannschaften und warum welche besser war, bis Amber uns mit einem Räuspern unterbrach. Verwirrt sah ich sie an und sie blickte Kopfschüttelnd auf meine immer noch nicht angezogene Puppe. Hastig machte ich mich an die Arbeit, vor der kleinen musste man aufpassen.

„Daddy, wenn du nichts zu tun hast dann kannst du auch mitmachen. Hier" Sie reichte ihn ein Pony. „Starshine muss hübsch aussehen, du kannst ihr die Haare striegeln." Ich hätte erwartet, dass er sie auslachen würde und dann ginge, aber er setzte sich seines Schicksals ergeben hin und nahm die kleine Minibürste um den Schweif zu striegeln. Amber beobachtete ihn kurz dabei, dann baute sie weiter das Tee trinken auf. Ein Vater der Barbie spielte? Verrückt.

„Früher hab ich auch gespielt, war der Running Back. Das ist aber auch schon viele Jahre her. Wann spielt ihr das nächste mal wieder hier? Dann komm ich mal mit Davie vorbei."

„In zwei Wochen Sir." Mr. Hastings nickte. Unser Tee trinken war ein voller Erfolg und Ken hatte Barbie einen Antrag gemacht, worauf hin wir alle höchst entzückt waren. Das Leben war schön.

„Bin wieder zuhause!", rief Ava von der Tür aus, als Barbie gerade auf Starshine weg reiten wollte. „Amber, räum gleich bitte auf und deine Hausaufgaben liegen auch noch hier rum, mach die bitte fertig. Dad, ich muss gleich weg, denkst du bitte an die Brote für morgen? Dave soll nachher auch noch seine Hausaufgaben machen, kontrollier das diesmal aber bitte auch, er hat letztes Mal schon einen Eintrag deswegen bekommen. Das Abendessen ist im Kühlschrank, ihr müsste es nur noch aufwärmen." Sie sah sich gar nicht zu uns um, sondern ging direkt mit zwei Einkaufstüten in die Küche.

„Wann wolltest du uns denn erzählen, dass du heute Abend weg bist?"

„Vorhin, aber" Sie kam aus der Küche und blieb wie angewurzelt stehen, als sie mich mit einer Barbie in der Hand sah. „Oh du bist schon da." Kluge Feststellung.

„Liam hat mit mir Barbie gespielt, aber du hast uns gestört!" Vorwurfsvoll stellte sich Amber vor uns und funkelte ihre Schwester an.

Völlig unbeeindruckt davon zeigte diese auf den Tisch mit den Hausaufgaben. „Soweit ich weiß darfst du erst spielen wenn du deine Hausaufgaben erledigt hast." Amber stampfte trotzig auf, ging aber dennoch zu ihren Aufgaben. Ava sah sie kurz an, dann fiel ihr Blick auf ihren Vater. „Dad, wolltest du das Chaos in der Küche auch noch beseitigen?" Pflichtschuldig senkte er den Kopf und murmelte etwas vor sich hin. Als er an ihr vorbeikam, küsste er sie kurz auf den Kopf und verschwand anschließend in die Küche. „Und nun zu dir, sollen wir als nächstes das Uhr lesen üben oder warum bist du zu früh?"

„Nun lass den Jungen doch in Ruhe und fahrt, das kann ja keiner aushalten hier.", kam es von ihrem Dad aus der Küche. Ava sah mich noch einmal kurz an, bevor sie ihrer Schwester einen Kuss gab und sich an den Türrahmen zur Küche lehnte. Erstaunlich wie anders ihre Familie im Gegensatz zu meiner war. Ich würde mich nie trauen so mit meinen Eltern zu reden, allerdings würden die sich eh nicht so lange mit mir unterhalten. Es war wirklich angenehm hier zu sein wie offen sie mit einander und auch mit mir umgingen! Bei uns würden  niemals Kritik äußern wenn Gäste anwesend waren, aber ihnen hier schien das total egal zu sein.

„Wenn was sein sollte, das Handy hab ich dabei. Gut, dann bis später.", verabschiedete sie sich, ehe sie nach ihrer Tasche griff und mich an der Hand nach draußen zog.
Als ich zurück schaute sah ich mich wie Mr. Hastings und Amber heimlich aus den Fenster uns beobachteten. Hier war wirklich niemand neugierig.

DeliriumWo Geschichten leben. Entdecke jetzt