„Psssshh, musst ja nicht gleich so schreien. War bei einem bekannten feiern, hab meine Freunde verloren und muss nach Hause. Oh und gutes Spiel nebenbei, 53 Punkte ist eine Leistung, ich dachte deine Aufgabe wäre das Aufhalten der Punktemacher." Ich sah ihn kritisch an, den einzigen Blick den ich in jeder Lebenslage hinkriegen könnte. „Aber anscheinend muss ich mich da vertan haben und es war das Durchlassen. Ich Dummerchen, aber da kann man schon mal durcheinander kommen." Ich klopfte ihm auf die Schulter und ging rechts neben ihm her.  Mir war klar, dass es gemein von mir war, aber es war mir egal. Hopala, schnelle links Kurve, da stand ein Baum. Das ich auch keine Basketballspielerin geworden bin bei meinen Ausweichkünsten.

„Oh man, bist du noch betrunken. Los komm, ich fahr dich eben nach Hause." Fahren würde heißen nicht gehen. Fahren klang wunderbar. Ich drehte mich um, aber leider etwas zu schnell für mich, denn sofort drehte sich alles und ich stützte mich, unabsichtlich selbstredend, an Kyle ab. 

Contenance Hastings, wir waren in unbekannten Gefilde. Kyle lachte und legte ein Arm um mich, doch ich schüttelte ihn ab, es war schon schwer genug alleine zu gehen ohne einen Arm der das doppelte meines Gewichtes wog auf meinen Schultern. Außerdem hatte ich genügend Körperkontakt zu seiner Truppe gehabt. Waghalsig machte ich ein paar Schritte vorwärts und ich wollte mich gerade wieder umdrehen um ihn triumphierend anzuschauen, da fiel mir ein das eine Drehung schon das erste Mal eine wirklich schlechte Idee war. Tada, ich lernte schnell. „Okay Ava, aber du gehst in die falsche Richtung.", belehrte mich Kyle. Huch hatte ich das laut gesagt?

„Du redest schon die ganze Zeit, mein Arm wiegt sicher nicht das Doppelte von dir, danke für diese wertschätzenden Worte."

„Gar kein Problem. Gut wo müssen wir hin?" Kyle schüttelte den Kopf, deutete aber mit dem Daumen in die entgegengesetzte Richtung. Alles klar, Körper, wir üben erneut das Drehmanöver. Ganz langsam, sehr gut, jetzt der andere Fuß, wundervoll. Den Rumpf schaffen wir auch noch. Tadellos! Der zu erwartende Applaus blieb aus, dafür klopfte ich mir selbst auf die Schulter.

„Kyle wo bleibst du denn?", ertönte eine definitiv weibliche Stimme in einer schmerzlichen Tonlage. Noch eine Drehung konnte ich nicht riskieren, dafür aber Kyle schonungslos beobachten. Etwas huschte über sein Gesicht als er über mich hinweg zu Ms. X hinüberschaute.

„Gleich Loren, ich muss" Mehr hörte ich nicht, denn ich brach in schallendes Gelächter aus.

„Sag mal, reicht ihr sie eigentlich rum wenn ihr fertig seid?" Kyle setzte zur Erwiderung an, aber ich ließ ihm keine Zeit dazu. „Gott wie unhygienisch. Nun, vielen Dank für deine Anwesenheit und dein Angebot, ich lehne höflichst ab, empfehle dir aber ein Besuch bei deinem Hausarzt."

„Erzähl doch kein Scheiß, du kannst nicht betrunken nach Hause laufen." Aber ich hatte schon mein Handy in der Hand und wählte.

„Sonnenschein, was gibt es?", erklang Jakes freudig-trunkende Stimme. Aye, stimmt, der war gestern auch in Sage, also konnte er auch nicht fahren.

„Wollte nur hören wies dir geht."

„Danke gut, und dir?"

„Ja danke auch, bis bald.", sagte ich schnell und legte auf. Meine Güte war ich merkwürdig heute. Ich wählte die nächste Nummer, aber Tia antwortete nicht.

„Steig ein.", befahl eine neue Stimme im Erkennungskarusell.

„Was machst du denn hier Liam?", fragte Kyle überrascht und man hörte Hände ineinander klatschen während ich weiter überlegte wen ich anrufen konnte.

„War unterwegs und hab euch gesehen. Los geh schon, ich kümmere mich um die kleine Hastings." Kyle schien unschlüssig zu sein, zumindest hörte ich nichts von ihm.

„Danke man." Wieder ertönte diese Klatschen. Konnte man sich nicht einfach die Hand geben wie zivilisierte Menschen? Ha, fast hätte ich vergessen von wen wir hier sprachen.

„Kein Problem, viel Vergnügen euch beiden." Hände umfassten meine Schultern und nicht so sanft wie ich es gerne hätte, drehten sie mich um. Liam trug dieselben Sachen wie gestern Abend und ich versuchte nicht daran zu denken, wie er ohne aussah. Hübsch, diese ungemachten Haare. Im Hintergrund lief Kyle zu Loren und legte ihr beschwichtigend den Arm um. Finger schnipsten vor meinen Augen, erschrocken zuckte ich zusammen. „Hier spielt die Musik. Los steig ein." Ergeben trottete ich zu diesem blöden Auto mit diesen blöden Felgen und diesem blöden Fahrer. Oh, ich bin vielleicht eine viertel Meile weit gekommen, reife Leistung Ava. „Also, wo wolltest du hin?" Seine Stimme klang angenehm ruhig und ich lehnte mich in den Sitz.

„Nach Hause natürlich."

„Ja und wo ist das?" Ach ja, stimmt. Ich nannte ihn die Adresse und er fuhr los. Er schwieg, obwohl ich merkte, dass er etwas fragen wollte. Nun wenn er nicht den Mut hatte, dann war das sein Problem. Ich lehnte den Kopf gegen die kühle Scheibe und genoss das Gefühl der kurzen Schmerzlinderung. Meine Augen fanden ebenfalls, dass sie genug gesehen zu haben, denn sie schlossen sich. Einzig das laufen des Motors war noch zu hören. 

Vielleicht bin ich weggedöst, oder 6 Meilen waren doch nicht so weit wie erwartet, aber Liam hielt den Wagen an und stellte den Motor aus. Qualvoll hob ich ein Augenlid an, nur um zu sehen, dass wir noch nicht mal die Hälfte geschafft hatten. „Ich möchte ein paar Dinge klar stellen: wenn wir zusammen sind, wirst du das tun was ich dir sage. Du wirst mit mir schlafen wann und wo ich es möchte. Du wirst solange bei mir bleiben wie ich es möchte. Du wirst keine anderen Männer neben mir haben. Und du wirst niemanden von unserem Deal erzählen." Du liebe Güte, in welcher Prähistorischen Zeit lebten wir denn?

„Was für Männer denn? Ich kenne nur kleine Jungs die auf meine Schule gehen, die meinen sie wären welche. Eigentlich müsstest du sie kennen, schließlich bist du einer von ihnen."

Er verdrehte die Augen. „Und deine bissigen Kommentare kannst du dir demnächst auch sparen. Wenn ich mitbekomme, wie du über irgendeinen meiner Freund schlecht redest, wirst du das bereuen." Ich war kurz geneigt zu fragen was er sich darunter vorstellte, ließ es aber besser, denn sein Tonfall klangt nicht zu Scherzen aufgelegt. Was war sein Problem? Der Motor sprang wieder an und der Wagen nahm seine Fahrt wieder auf. Die Landschaft begann wieder an uns vorbeizuziehen und wir kamen meinem Zuhause immer näher. „Geht es dir gut?", fragte er leise und ich merkte, dass er nicht meinen Alkohol intoxikierten Zustand meinte. Was für eine dämliche Frage. Ich konnte gerade noch so ein verächtliches Schnauben unterdrücken.  Wie sollte es mir schon gehen? Aber gut, wenn er eine Marionette wollte, dann sollte er eben eine bekommen.

„Was immer du hören willst.", antwortete monoton und sah weiter aus dem Fenster raus. Oh anscheinend wurde mein innerer Vampir durch eine eingeschnappte Diva ersetzt. Und es gefiel mir. 

DeliriumWhere stories live. Discover now