3 Auf der Suche

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Die ganze nächste Woche hielt ich Ausschau nach ihr. Warum genau konnte ich nicht einmal sagen. Oder doch! Ich musste ihr nochmal ganz deutlich sagen, was für eine verdammte Scheiße sie angerichtet hatte, und dass das mit keinem Geld der Welt, wieder gutzumachen war. Nicht einmal, wenn sie mich zum Essen einladen würde.

Sie hatte meinen Traum, diese einmalige Gelegenheit ein Kunstwerk der Weltgeschichte zu erschaffen, versaut und dafür musste sie büßen.

Ich würde ihr das Leben zur Hölle machen, allein deswegen, weil sie hier so einfach aufgetaucht war. Ich würde sie so lange terrorisieren und drangsalieren, bis sie freiwillig wieder das Weite suchen und in ihr rattenverseuchtes Loch zurückkehren würde, aus dem sie gekrochen war.

Dumm nur, dass ich sie auch bis zum Samstag noch immer nicht gefunden hatte. Dabei ließ ich absolut keine Gelegenheit aus, sie zu finden. Ich drehte praktisch jeden, noch so kleinen, Gullydeckel um, unter dem sie sich verkrochen haben konnte.

In der Schule fand ich sie schon mal nicht. Und unsere Schule war jetzt kein bahnbrechendes, undurchdringliches Labyrinth von Gängen, in denen man sich verlaufen, geschweige denn aus dem Weg gehen konnte, noch wäre eine neue Schülerin hier lange unbemerkt geblieben.

Einzige, und für mich logischste Erklärung; Sie ging in das Internat, das unsere Stadt ihr Eigen nannte.

Ja. Ich weiß! Eine Kleinstadt wie unsere brauchte nicht mal diese eine Schule! Also wozu eine zweite? Diese Frage hätte mir nicht mal meine Mutter beantworten können, falls sie denn mal den Kopf aus ihren Berechnungen und verworrenen Windungen ihres Gehirns gezogen hätte.

Tat sie aber nicht und so musste ich mich mit den Begebenheiten einer Umwelt herumschlagen, die mir das Leben und die Suche nach meinem persönlichen Alptraum, um Längen schwerer machte.

Und was ich bei all den Gedanken um Mord, Mobbing und Vergeltung auch noch vergessen hatte, war, und das war fast noch schlimmer als das missglückte Foto, meine Schwerster und ihr verdammter Zeichenblock!

Als ich am Montagabend, todmüde von meiner Suche nach der Unbekannten, heimkehrte, sprang Kessy mich mit gewetzten Krallen an, kaum dass ich das Haus betreten hatte.

"Hast du mir etwas mitgebracht?", säuselte sie mit großen Kulleraugen und hopste zottelnd an meiner Hand auf und ab. Ich konnte sie nur verständnislos anblicken.

"Sollte ich?" Ich war den ganzen Tag auf dem Rad unterwegs gewesen, hatte die Fußgängerzone durchkämmt, ja, ich hatte meine Lupe hervorgeholt und in jeden noch so kleinen Winkel geschaut. Auch, und das zu sagen fällt mir unglaublich schwer, auch das Dessous Geschäft in der dritten Etage des Shoppingcenters. Aber leider, war die kleine Hexe tatsächlich nirgends zu Finden. An keinem der Plätze, an denen sich die Mädchen unserer Kleinstadt für gewöhnlich aufhielten.

Dafür hatte ich Corinna getroffen. Bianca und Amelie. Emely und Tracy. Lucy und wie sie nicht alle hießen. Doch das schwarzhaarige Flittchen, kannte keiner. Nicht einmal mein Kumpel Eros, dem ich mit seiner neuesten Flamme Kim, in einem Kaffee über den Weg lief. Und der kannte normalerweise jedes neue Gesicht im Umkreis von fünfhundert Kilometern.

Sie, kannte er jedoch nicht! Toll! Jetzt kam ich mir auch noch so vor, als würde ich halluzinieren. Hatte ich mir den Bilderschreck vielleicht nur eingebildet?

Wie auch immer. Lange Rede kurzer Sinn... ich hatte Kessys Zeichenblock vergessen. Hatte ihn schlicht übersehen, zwischen all den Menschen mit schwarzen Haaren und heller Haut. Zugegeben Menschen mit heller Haut gab es hier nicht viele. Alle waren sie von der Sonne gezeichnet, die hier die meiste Zeit des Jahres, lustig vom Himmel strahlte. Und deshalb war es auch ein so unbeschreibliches Glück, dass Gestern diese Wolke und die Lücke mir meinen Seelenfrieden geschenkt hatten. Also, sie hätten ihn mir geschenkt, wenn dieses Weibsbild nicht aufgetaucht wäre!

✔Unter dem RegenbogenWhere stories live. Discover now