Chapter Six

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Die folgenden Tage verbrachte Schwalbenpfote hauptsächlich im Heilerbau, von Rotbrust dazu angewiesen, alle Kräuter zu sortieren. Sie war nun knapp bei der Hälfte und ihre Gelenke schmerzten wie die einer Ältesten, weil sie sich schon so lange nicht mehr richtig bewegt hatte. Ihr schildpattfarben und weißes Fell duftete nach den verschiedensten Pflanzen und einige vertrocknete Stücken hatten sich darin verfangen. Doch sie durfte keine Zeit verschwenden und machte lieber ihre Arbeit als sich zu putzen und Rotbrust wütender zu machen als sie es so oder so schon war. Die alte Heilerin hatte sich erkältet, starke Hustenanfälle schüttelten ihren schwachen Körper jede Nacht und jeden Tag, im Kopf war sie aber immer noch die Gleiche und das beruhigte Schwalbenpfote ungemein. Rotbrust hatte ihre besten Blattwechsel hinter sich und wenn die Krankheit sich verschlimmern würde, würde sie wahrscheinlich bald die Reise zum Sternenclan antreten. Dieser Gedanke versetzte der Heilerschülerin einen Stich ins Herz, als hätte ihr jemand eine Kralle direkt hineingerammt. Sie mochte ihre Mentorin wirklich sehr, trotz ihrer launischen Art. Schwalbenpfote würde alles geben, um ihr zu helfen selbst wenn es hieß, dass sie sich damit selbst nur mehr belastete und in Stress geriert, den sie für gewöhnlich lieber mied soweit dies möglich war. Sanft zerrte der kühle Wind an ihrem langen Fell, ohne es wirklich zu wollen plusterte die schlanke Heilerschülerin es auf, um die Kälte abzuhalten. Im Moment mochte es ja noch warm sein, doch die kalte Luft aus Richtung der Berge hinter den vier Clanterritorien kündete eine verfrühte Blattleere beziehungsweise einen sehr frostreichen Balttfall an. Die ersten Blätter färbten sich bereits rot, orange, gelb und braun und sauselten bei stärkerem Wind durch die Luft wie überdimensionale Schneeflocken in bunten Variationen. Schwalbenpfote beobachtete ihre Umgebung genau, inniger als manch andere Katze und so merkte sie sofort, wenn etwas sich zu verändern begann oder generell etwas nicht stimmte. Dies war eine der Eigenschaften, die ihr in der Ausbildung zu einer vollwärtigen Heilerin sehr half. Sie konnte förmlich genau in eine Katze hineinblicken, wusste immer in wenigen Herzschlägen was ihr fehlte und das alles kam nur durch das Beobachten der Dinge. Bei fremden Katzen war das schon etwas schwieriger da Schwalbenpfote sie nicht jeden Tag um sich hatte und sie somit auch schlecht studieren konnte, wie sie sich verhielten und wie sie Schmerz ausdrückte. Jede Katze reagierte anders auf Verletzungen oder Krankheiten. Beispielsweise war Fuchsnase sich zu stolz um über einen Kratzer oder ein eingerissenes Ohr zu jammern, Birkenschweif hingegen ließ ihren Emotionen freien Lauf. Dann schoss Schwalbenpfote plötzlich eine Frage durch den Kopf, die sie nicht beantworten konnte: Wie sahen ihre Clangefährten und Außenstehende sie ? Beobachteten sie auch jeden Pfotenschritt und ihr Verhalten in bestimmten Situationen so wie sie es bei ihnen tat? Schwalbenpfote legte den Kopf schief, bis jetzt hatte sie noch keinen Gedanken daran verschwendet was andere Katzen von ihr hielten und ehrlich gesagt interessierte es sie auch nicht wirklich. Es war doch schließlich nur von Relevanz, ob sie sich selbst akzeptierte mit all ihren Macken und Fehlern. ,, Bist du immer noch nicht fertig? Durch dasitzen und Löcher in die Luft starren sortieren sich die Kräuter auch nicht schneller!" Ruckartig wurde Schwalbenpfote von den vorwurfsvollen Worten Rotbrust's aus ihren Gedanken gerissen und konnte sich ein Zusammenzucken nicht verkneifen. Ihre Mentorin hatte sie so aus der Bahn gebracht, dass sie rücklings taumelte und mit einer hinter ihr stehenden Katze zusammenprallte, Sperlingflug wie sie an dem intensiven Geruch nach Heideblüten und süßem Honig erkannte. Die Heilerschülerin war insgeheim froh, dass es nur ihre Mutter war und nicht etwa Fuchsnase oder Habichtpfote. Seufzend trat Schwalbenpfote einige Schritte vor und neigte entschuldigend den Kopf, als Entschuldigung für ihre Unachtsamkeit gegenüber ihrer Mutter. Diese lächelte nur mild und wandte sich nach einem kurzen Schweigen an die alte Heilerkatze, die halb schlafend halb wach in ihrem Moosnest in der Nähe des Eingangs lag. ,, Wie geht es dir, Rotbrust? " Sperlingflug klang besorgt, Schwalbenpfote wusste das sie es eigentlich verstecken wollte, um Rotbrust nicht die Laune zu vermiesen. ,, Ganz okay, es würde mir aber besser gehen wenn deine Tochter endlich fertig wäre und ich meine Ruhe hätte " Schwalbenpfote verbiss sich einen bissigen Kommentar, sie wäre schon längst fertig wenn Rotbrust ihr nicht so viel Arbeit auf einmal gegeben hätte! Sie wusste das sie das unmöglich laut sagen durfte, Rotbrust würde ihr sonst die Zunge eigenmächtig ausreißen, selbst in ihrem jetzigen Zustand.

Wildness is a killer | OLDWo Geschichten leben. Entdecke jetzt