16. Kapitel

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Endlich konnte ich wieder aus dem Krankenhaus raus. Wenn ich dort auch nicht langsam rausgekommen wär, dann wär mir wahrscheinlich die Decke auf den Kopf gefallen. Gestern Abend hatte ich ganze drei Stunden mit Lucas telefoniert.

Normalerweise telefoniere ich nicht gerne, aber es war einfach nur schön seine Stimme zu hören, denn diese ist wirklich beruhigend. Wenn ich ihm zuhöre, dann bin ich in einer ganz anderen Welt, weil ich alles um mich herum vergesse und mich nur auf seine Stimme konzentriere. Ich war glücklich ihn zu haben und ich war auch glücklich, dass er meine Wünsche respektierte.

Als ich zu Hause war legte ich mich ins Bett, denn ich musste dem Arzt versprechen, dass ich mich sofort hinlege, weil die Autofahrt alleine schon für meinen Körper eine Anstrengung ist. Ich schnappte mir meinen Laptop und schaute einen Film. Gerade auf der Hälfte des Filmes kam eine verheulte Giulia in mein Zimmer.

Sofort klappte ich meinen Laptop zu und setzte mich auf. Giulia kam direkt zu mir und fiel mir in die Arme. Ihre Wimperntusche war schon verlaufen und ihre Nase war auch schon ganz rot.

„Maus, was ist denn passiert?“ Sie schluchzte noch ein paar Mal bevor sie mir antwortete.

„Rico hat Schluss gemacht und mein Bruder will mich jetzt auch zu Hause alleine lassen. Mama und Papa sind nie zu Hause und Rico und mein Bruder waren die einzigen die für mich noch da waren und jetzt? Jetzt wollen sie mich beide nicht mehr! Bin ich so fürchterlich, dass mich keiner mehr will?“

Ich drückte sie ganz fest an mich und strich ihr ihre langen braunen Haare aus dem nass geweinten Gesicht. „Du bist nicht fürchterlich! Außerdem hast du mich doch auch noch, das heißt du hast nicht alle verloren. Und das mit deinem Bruder ist vielleicht im Moment nicht so toll für dich, aber du musst ihn auch verstehen. Er will endlich auf eigenen Beinen stehen, er hat so lange darauf gewartet und jetzt kann er sich seinen Traum von einer eigenen Wohnung erfüllen. Außerdem kommt er dich sicherlich ganz oft zu Hause besuchen.“

„Du klingst schon wie er. Als ob er dir was ins Hirn gesetzt hätte, damit du mich davon überzeugst. Aber jetzt sei doch mal ehrlich, ich wohne alleine und er kommt mich vielleicht mal am Wochenende besuchen oder dann wenn er Zeit hat und das wird nicht sehr oft passieren. Aber das Rico mit mir einfach so Schluss macht verletzt mich am meisten. Ich weiß gar nicht was ich falsch gemacht habe.“

Sie schnäuzte in eines ihrer schon vollgeheulten Taschentücher. Aber damit hatte sie Recht. Rico hatte keinen Grund einfach so mit ihr Schluss zu machen. Gestern waren sie noch das glücklichste Pärchen auf der Welt und von heute auf morgen macht er mit ihr Schluss. „Ich verstehe Rico nicht! Er, ich meine wir waren glücklich und jetzt? Warum tut er mir das denn an? Wir waren doch schließlich auch mal gut befreundet! Und dann auch noch per SMS! Ich bin so…“

Und schon fing ihre Heulattacke von vorne an. „Enttäuscht. Ich verstehe dich voll und ganz Lia. Ich weiß, dass das alles nicht einfach für dich im Moment ist. Ich weiß, dass ich auch nicht die beste Freundin gewesen bin in der letzten Zeit, aber ich bin immer für mich da und ich hoffe, dass du das weißt. Du bist doch schließlich schon eigentlich meine Schwester.“

Sie schaute mich wieder an und musste lächeln. Ich wusste, dass ich sie mit dem Satz aufheitern konnte. „Wenn Luke wirklich auszieht, kann ich dann vielleicht ein paar Mal in der Woche oder so hier bei dir übernachten?“ Ich nickte und wischte ihr wieder ihre Tränen weg. "Weißt du, wenn morgen nicht Schule wär, dann könnte ich ja bleiben, aber ich muss noch lernen. Ich schreibe morgen meine erste ABI-Klausur. Und dann auch noch Mathe. Und du brauchst auch sicherlich im Moment mit deinen Schmerzen keine Freundin, die dir die Ohren voll heult, sondern dich ablenkt. Es tut mir total leid.“

Ich nahm Giulia noch einmal in den Arm und sagte dann so leise, dass wirklich nur sie es hätte hören können: „Dir muss nichts leidtun. Ich bin immer für dich da Maus und ich spreche gleich morgen mit Rico. Ich denke, das wird schon wieder alles.“ Sie nickte und ging dann wieder.

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