Herz oder Kopf ?

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Müde rieb sich Anni die roten Augen. Nein, geweint hatte sie nicht, sie war nur müde, doch der Schlaf wollte einfach nicht über sie hinweg rollen. Immer wieder sah sie auf die Uhr und hatte das Gefühl, als würde die Zeit nie vergehen.
Vor etwa einer Minute hatte sie wieder hin gesehen und seufzend festgestellt, dass seit dem letzten Mal erst zwei Minuten vergangen waren.

" Verdammt!" maulte sie und setzte sich auf, die Decke warf sie einfach zur Seite. Mit den Boxershorts und dem Top stellte sie sich, die Arme verschränkend, an die Balkontür. Wieder sah sie auf die Uhr, die über ihrem Schreibtisch hing.
Halb elf. Wieder waren erst einige Minuten vergangen!
Gähnend rieb sie sich über die Arme. In ihrem Zimmer war es doch kühler, als gedacht.
' Was soll' s, ich komm eh nicht zum Schlafen, ' dachte sie genervt, stapfte zu ihrem Bett und nahm ihre kuschelige und noch warme Decke.

Mit dieser betrat sie den Balkon und wurde gleich von einer frischen, aber kalten Briese begrüßt. Fröstelnd legte sie sich die Decke um die Schultern und setzte sich auf den Boden, die Hauswand im Rücken.
Hier könnte sie, wie die anderen beiden Male, in ruhe nachdenken.
Sie wusste genau, warum sie nicht schlafen konnte.
Die Sache mit Jake machte ihr zu schaffen. Sie wusste insgeheim, dass sie sich in ihren Bruder verliebt hatte, doch ihr Kopf sagte immer, dass sie das nicht dürfe.
Auf was sollte sie also hören? Herz oder Kopf?

Es war eine verzwickte Situation und das, was sie vorher gesagt hatte, spiegelte genau das wieder, was sie fühlte. Für Jake fühlte.

Müde schloss sie wieder ihre Augen. Das schimmrige Mondlicht hinter den Wolken hüllte ihre Silhouette ein und gab ihr irgendwie das Gefühl, verstanden zu werden.
' Vielleicht kann ich hier draußen schlafen, ' hoffte sie und kuschelte sich in die Decke.

Während Anni oben auf dem Balkon saß, grübelte Jake in der Küche am Tisch über die Situation nach.
Die Sachen, die Anni aufgezählt hatte, gingen ihm nicht aus dem Kopf und alles, aber wirklich alles, traf zu. Also liebte er Anni! Nicht als Schwester, sondern als Geliebte. Für sein Herz war sie eine normale Frau. Da zählte das Blut nicht. Doch sein Kopf stimmte dagegen.
Auf was sollte er also hören? Herz oder Kopf?
" Ahh," rief er, griff sich in die Haare und atmete hörbar aus. " So ein Scheiß! Jetzt reicht 's. Ich muss mit ihr reden und wir müssen das endlich von Tisch hauen." meinte er entschlossen und machte sich auf den Weg in Annis Zimmer.

Schlummernd saß Anni auf dem Balkon, doch lange währte ihr "Schlaf" nicht, denn ein Klopfen an ihrer Zimmertür riss sie daraus.
" Was?" rief sie mit müder Stimme und hörte wie Jake die Tür öffnete.
" Anni, ich hab nachgedacht und...Anni?"
" Ich bin draußen."
" Bist du verrückt, komm rein, du holst dir noch den Tod!" Jake war an die Balkontür getreten und sah nun zu Anni runter, die gerade in den Himmel sah, wo die Wolken sich langsam vom Mond wegbewegten und er immer mehr zum Vorschein kam.
" Setz sich doch." bot Anni an und klopfte neben sich auf den Boden. " Es ist wunderschön hier draußen. Du kannst auch unter die Decke kommen."
" Gut, wenn du willst." gab Jake seufzend auf und setzte sich neben Anni, die Decke lies er fürs erste bei ihr.

Kurz genossen beide schweigend den Abend und die nähe des anderen, als Anni dann die Stille durchbrach.
" Du hast nachgedacht?" fragte sie leise, doch für Jake sehr gut hörbar.
Er nickte, auch wenn er wusste, dass Anni es nicht sehen konnte. " Ja,  und zwar über uns."
" Mh." machte Anni nur und versuchte nicht zu ihm zu sehen, was sehr schwer war. Er hingegen sah sie ungezwungen an und nahm jedes Detail von ihr auf.

" Du siehst echt hübsch aus in dem Licht," flüsterte er und hoffte gleich darauf, dass Anni es nicht gehört hatte. Doch als sie schell ihren Kopf zu ihm drehte, wusste er, dass sie es mitbekommen hatte.
" Ähm, danke." meinte sie und senkte den Blick.
Schnell zog sie die Knie an und schlang ihre Arme darum. Die Decke rutschte dabei ein bisschen runter, was Jake sofort korrigierte. Als er seine Hände wieder von ihren Schultern nehmen wollte, hinderte ihn Annis eigene Hand ihn dabei.

" Weißt du, auch ich habe nachgedacht." begann sie langsam. " Auch über uns...Ich..ich glaube." stotterte sie und drückte Jakes Hand fester.  " Es ist viel passiert, seit du wieder da bist und ich freue mich auch wirklich sehr, schließlich bist du mein Bruder und dich nur in den Weihnachts- und Sommerferien zu sehen ist schon hart. Wir waren als Kinder immer zusammen und als du dann weg warst, war ich wirklich am Boden zerstört. Es war, als ob mein bester Freund auf einmal aus meinem Leben verschwunden ist. Ich habe oft geweint und Mom und Dad konnten auch nichts tun.

Ich habe dich unglaublich vermisst. Und ich glaube, weil wir so lange getrennt waren, habe ich diese Gefühle. Mein Kopf weiß, dass du mein Bruder bist, aber mein Körper und auch mein Herz nicht, deswegen glaube ich..dass ich dich liebe" und raus war es. Jake, der ihr aufmerksam zu gehört hatte musste kurz hart schlucken.

Anni, die beim sprechen zum Mond gesehen hatte, blickte ihn nun direkt an. " Es darf sich aber jetzt nichts zwischen uns ändern. Bitte!"
" Anni, hör mal, du bist meine Schwester. Wie du sagtest, wir waren als Kinder immer zusammen. Und vorhin, auf der Couch, habe ich uns zwei gesehen, aber...ich...komme trotzdem nicht von dem Gedanken los....dich zu lieben. Genau wie bei dir ist es ein Streit zwischen meinem Kopf und meinem Herzen. Eigentlich sollte man sowas nie zu seiner Schwester sagen, aber...ich liebe dich auch!" Jake nahm seine Hände von ihrer Schulter und nahm sie stattdessen in den Arm.

Fest drückte er seine Schwester an sich und hauchte ihr dann einen Kuss auf den Scheitel.
" Ich liebe dich." sagte er noch einmal und hob dann ihr Kinn an, damit sie ihn ansehen musste. Ein Lächeln huschte über sein Gesicht, als er ihr lächeln und die Tränen an ihrer Wange sah. " Kein Grund zum heulen." triezte er sie spaßhaft und wischte dann die Tränen mit seinem Daumen weg.
Lange sahen sich die Zwei in die Augen, konnten den Blick nicht lösen. Ihre Augen blickten tief in die Seele des anderen und dann hauchte sie: "Küss mich."
" Gerne." flüstere Jake, beugte sich vor und legte vorsichtig seine Lippen auf ihre.
' Also gewinnt mein Herz' dachten beide gleichzeitig und gaben sich dem Kuss hin.

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Nun Gut, ich hoffe euch gefällt das Kapitel :) Ich habe es mit viel Liebe geschrieben *_* Und es ist auch eines meiner liebsten.

So, dann komm ich jetzt zum Ende.
Gute Nacht euch allen und haut in die Tasten, denn ich möchte wisse, was ihr davon haltet :D
gglg Polarfuchs123

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