„Wollt Ihr nicht noch einmal darüber nachdenken?"

„Nein? Das ist Wahnsinn hier. Ich kenne die Welt doch nur aus einem Buch. Auch wenn ich recht gut mit meinem Bogen umgehen kann, ist das hier echt. Eine falsche Bewegung und das war es für mich" Alleine der Gedanke ließ sie kreideweiß werden. Sie wäre schneller tot als ihr lieb wäre. „Wie gesagt, die Zwerge schaffen das auch super ohne mich. Ich werde nicht gebraucht."

„Seid Ihr da ganz sicher? Gibt es nichts, worauf ihr noch Einfluss haben könntet? Auch wenn ich verantwortlich für Euer Kommen bin, seid Ihr es die gesandt wurde."

Was meinte er denn jetzt damit? Worauf sie Einfluss haben könnte? Hatte er nicht genau sie im Sinn als er jemanden heraufbeschwörte? „Was meint Ihr damit?"

„Ich bat die Valar um Beistand. Ihr seid das Resultat", begann er ebenso in Gedanken versunken. „Die Entscheidung Euch zu senden hat also ein bestimmtes Ziel. Denkt noch einmal nach. Was könntet Ihr noch weiteres leisten?" Sie musste zweifelsfrei ein bestimmtes Ziel erreichen, so war sich Gandalf sicher. Die Valar sandten nicht leichtfertig jemanden. Doch das verblieb noch abzuwarten.

„Nein.... Nein", hauchte Anna leise. Hieße das, Gandalf konnte sie doch nicht zurückschicken? Wieso holten die Valar sie hierher? Die Zwergenkompanie war am Ende erfolgreich! Dáin wurde König unter dem Berge. Dáin. Thorin starb in der Schlacht der fünf Heere, ebenso seine Neffen und Erben Fíli und Kíli. War sie deshalb hier? Sollte sie diese drei Zwerge retten? Doch die Zukunft kam auch ohne sie zurecht. Was wollten die Valar damit erreichen? Vor allem da die Valar die Zwerge doch gar nicht so sehr mochten? Oder erinnerte sie sich falsch? Sie hätte eindeutig in der letzten Zeit noch einmal die Bücher lesen sollen. „Ich weiß vielleicht warum ich hier bin. Was ich tun muss."

„Gut, ... gut. Doch verratet es mir nicht, Liebes. Niemandem, hört Ihr mich?", sagte Gandalf mit ernster Stimme. „Niemand darf davon wissen, dass Ihr Kenntnis von der Zukunft habt."

Damit konnte Anna gut leben. Sie hatte nicht vor ein Wort darüber zu verlieren, oder überhaupt hier zu bleiben. Alleine die Idee in Mittelerde zu bleiben, um den Zwergen zu helfen, war absolut verrückt. Würden sie sie überhaupt akzeptieren? Sofort schüttelte sie diesen Gedanken ab. Nein. Sie würde nicht anfangen darüber nachzudenken. Anna wollte ihr Leben behalten, konnte sich dennoch kein bissigen Kommentar sparen. „Schade, ich wollte schon mit einem Schild auf dem fett steht 'Ich kenne die Zukunft' und einer Glaskugel auf Tour gehen."

Gandalf seufzte schwer. Die Reise mit dieser Frau sollte sich als eine Herausforderung darstellen.

Müde öffnete Anna langsam ihre Augen. Verwirrt blickte sie vor sich, neben sich und schließlich wieder vor sich. Wo war sie? Da traf es sie wie ein Blitz, sodass sie sofort kerzengerade saß. Gandalf! Sie saß mit diesem alten Mann auf seinem Pferd. Nach dem Gespräch war sie wohl vor Erschöpfung irgendwann eingenickt. Ein Glück, dass sie nicht vom Pferd gefallen war.

„Ihr seid wach. Sehr schön. Wir sind eben angekommen", sagte Gandalf erleichtert, jener sich vom Pferd hievte.

Erst jetzt fiel ihr auf, wo sie sich befand. Auf einer breiten fast menschenleeren Straße, die schwach von den vielen Fackeln der dicht stehenden Häuser beleuchtet wurde. Sie war in Bree angekommen und standen vor dem Gasthaus 'Zum tänzelnden Pony'. Unmittelbar stieg ihr ein strenger Geruch in die Nase und es traf sie ein weiterer Schock als sie dabei zusah wie jemand aus einem Fenster weiter hinten einen Topf entleerte. Angewidert rümpfte Anna ihre Nase. Die Menschen entsorgten ihren Unrat und auch ihre Hinterlassenschaften auf der Straße, weshalb es so roch, wie es roch - abartig. Das Mittelalter war eben nicht so toll, wie es sich viele in ihrer Welt vorstellten. Und der Gedanke in einen dieser mittelalterlichen Toiletten ihr Geschäft zu verrichten, verstörte sie abgrundtief. Spätestens jetzt wollte sie zurück in ihre Welt – und sie verkniff sich jegliches Bedürfnis eine Toilette aufzusuchen.

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