Borderlands VI - Seite 18

Beginne am Anfang
                                    

Stumm sahen die beiden einander an. Tiaren wollte sich instinktiv abschotten, aber dann ließ er es geschehen. A'kebur musste wissen, dass er keine feindlichen Absichten mehr hegte, auch wenn Tiaren in diesem Moment seinen allerletzten Rest an geistiger Privatsphäre aufgab.

Aber wenn er geglaubt hatte, dass dieser grobe Klingone in seinem Geist herumpoltern würde, sah er sich getäuscht. A'kebur ging geradezu vorsichtig vor. Er betastete, zeigte Respekt und ging nicht in Bereiche, von denen er spürte, dass sie für ihn nicht weiter wichtig waren. Dennoch fand er das, was er suchte, oder genauer: Er fand es nicht. Tiaren sagte die Wahrheit und er hatte ein enormes Verlangen ihm gegenüber gepaart mit einem übergroßen Besitzanspruch, der sich neu anfühlte und A'kebur ziemlich verwirrte. Langsam zog er sich zurück. "Faszinierend", murmelte er.

Tiaren atmete tief durch, noch ein wenig benommen. "Und, zufrieden?", fragte er leise.

"Das weiß ich nicht", gestand A'kebur. "Aber du solltest Begehren nicht mit wirklichen Gefühlen verwechseln." A'kebur hätte nie gedacht, dass er es eines Tages sein würde, der das einmal sagte. Etienne hatte sehr viel Zeit gebraucht, um ihn auf die feinen, aber bedeutenden Unterschiede aufmerksam zu machen. "Zudem kann es sein, dass deine Gefühle durch die Verbindung aufgewühlt sind."

Der Romulaner zuckte auf sehr menschliche Weise mit den Schultern. "Wirkliche Gefühle, was heißt das schon in solchen Momenten? Und ich glaube nicht, dass es nur die Verbindung ist." Er legte den Kopf schief. "Andererseits, wenn du wirklich nur deine Gefühle auf mich projizierst, hieße das ja, du begehrtest mich ..."

"Ich projiziere nicht und ich begehre dich nicht", wehrte A'kebur ab. "Und es spielt bei mir auch keine Rolle. Du hast dich entschieden, deine offizielle Loyalität zu wechseln. Du glaubst an das, was du sagst. Und weil du denkst, dass du Anspruch auf mich erheben kannst. Nun, wie auch immer, die romulanischen Vertreter des Reiches wissen jetzt Bescheid, und ich denke, dass im Moment schon die ersten, sehr heftigen Worte ausgetauscht werden."

"Vermutlich. Aber wir sind ja hier in Sicherheit", Tiaren schmunzelte etwas spöttisch. "Und was hast du jetzt vor, Captain?"

"Diese Mannschaft samt den Diplomaten heil aus dieser Angelegenheit herauszuholen." A'kebur erhob sich. "Und dabei einen kühlen Kopf bewahren."

Tiaren nickte. "Aber einfach alle einsammeln und wegrennen? Willst du den Frieden so schnell aufgeben?"

"Wie du schon sagtest: Wenn er nicht ehrlich gemeint ist, ist er nicht einmal den Dreck unter meinem kleinen Fingernagel wert. Ich renne nicht weg. Ich sorge dafür, dass die Föderation das Romulanische Reich vor sich hat, nicht im Rücken."

"Nun, das ist auch besser so. Wie ich einige kenne von uns, werden sie, wenn Plan A scheitert, zu Plan B oder C übergehen, wie immer der aussehen mag. Als kleine Schachfigur war ich nicht eingeweiht."

A'kebur nickte. "Und daher werde ich den Rückzug antreten. Ich erwarte, dass meine Entscheidungen respektiert werden. Solltest du sie noch einmal in Frage stellen, werde ich dich nicht mehr darüber in Kenntnis setzen, was außerhalb dieser Kabine passiert. Ich hoffe, wir verstehen uns." Er bleckte kurz die Zähne und seine Augen blitzten warnend. "Verstehe dich als Gast, so lange du hier bist. Aber ich werde nicht vergessen, unter welchen Umständen wir uns kennen gelernt haben."

"Danke. Mehr kann ich kaum erwarten." Tiaren verneigte sich, aber ein Rest von Spott schien sich in seinem Gebaren zu erhalten. Dennoch waren seine Augen ernsthaft dankbar. A'kebur hätte ihn auch in die Arrestzelle sperren können.

A'kebur musste zugeben, dass ihn dieser Mann aus der Bahn warf. Er schüttelte diesen Eindruck ab. Er würde Tiaren innerhalb von 24 Stunden, wenn nicht sogar früher, brauchen, um bei Verstand zu bleiben. Jetzt wurde er jedoch auf der Brücke gebraucht. Doch das, was er vorher tat, darüber wollte er nicht nachdenken. Dafür hatte er keine Zeit. Allein die Tat zählte: So wie dieser Kuss, den er Tiaren raubte, ehe der überhaupt begriff, was er da gerade tat.

Borderlands * Buch 6 - Am Rande des AbgrundsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt