Gepflogenheiten des Herrn Kater

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Felix spürte wieder etwas.
In seinem Herzen.
Und sonst auch.
Ansätze.
Zuerst winzige Schnipsel.
Nach einigen Tagen und Wochen immer etwas mehr.

Er spielte nach Jakos erwartungsvoll leuchtenden Augen sogar ein wenig auf dem Klavier, welches vor dem Bett stand, und dann und wann streckte der Brünette sich quer auf der großen Matratze aus, schloss die Augen und manchmal konnte Felix sogar kleine Fetzen seines Gesanges vernehmen, auch wenn es nie ihm bekannte Worte waren, und dann wieder summte und hauchte der großgewachsene Sonderling die Töne mit, bis er aufhörte mit dem Spielen, sich leise ächzend erhob, in die Küche ging und Teewasser für sie aufsetzte, während der Regen und Wind draußen umher wetterten und es sowieso drinnen gemütlicher war.

Nun hatten beide es sich also gemütlich im Wohnzimmer gemacht, das Feuer im Kamin knisterte und erhellte warm den Raum, und das Aroma des Kirsch-Tees erhellte die Gemüter noch ein bisschen mehr.
Eine Schallplatte mit leisen Klaviertönen umschmeichelte die Szenerie gekonnt.

Felix hatte Jakob mittlerweile beibringen können, wie dieser die lange Mähne ein wenig mithilfe der gekauften Zopfgummis bändigen konnte, und so trug dieser gerade einen halben Dutt, während der Rest der langen, kräftigen Haare locker über die Schultern und den Rücken verteilt lag.

Felix musste unmittelbar lächeln, da er es persönlich irgendwie schön fand, wie nun die Ohren so vorwitzig zu sehen waren, und insgeheim wünschte er sich, während er schweigend seinen Tee trank und Jakob über den Rand verstohlen betrachtete, wenigstens einmal über die Konturen streichen zu können.
Sicherlich würden die Ohrmuschel sowie die Ohrläppchen sich sehr weich anfühlen...und mindestens genauso auch die Arme und Lippen...oder diese Beine...verdammt, diese Beine...und dieser schöne Bauch.

Felix konnte ein Verschlucken des heißen Getränkes nicht verhindern, und so versuchte er krampfhaft,
eine geregelte Atmung wieder herzustellen, während er zeitgleich wie ein Besessener mit der flachen Hand auf seine Brust schlug.

So sah er nur noch halbwegs aus dem Augenwinkel, wie Jakob von "seinem" flauschigen Teppich mit vor Überraschung weit aufgerissenen Augen aufsprang, ihn auf dem Sofa, auf welchem er bis eben noch bequem gelegen hatte, in eine sitzende Position half und es dann hin bekam, den Hustenanfall nach einiger Zeit zu beenden.
Besorgt strich Jakob noch kurz über dessen Schulter, erhob sich, eilte in die Küche und kam kurze Zeit später mit einem Glas Wasser wieder, welches Felix ihm dankend abnahm, dieses erleichtert austrank und sich dann wieder zurück in die Kissen sinken ließ. Allerdings hatte er nicht direkt damit gerechnet, dass Jakob sich mit zu ihm legen würde. Seine Frage blieb ihm also im Halse stecken, warum er sich denn nicht wieder in den flauschigen, weißen Teppich kuscheln wollte. Anscheinend schien dieser zu denken, dass es ihm noch nicht ganz gut ging, obwohl er und sein Organismus mit Freude die körperliche Nähe und Wärme entgegennahm.

Etwas verwundert musste Felix im nächsten Augenblick aufkeuchen, da der Brünette seine Hüfte mit den Armen umschlungen und den Kopf leise seufzend und brummend auf dessen Brust abgelegt hatte, und ihn dadurch vermutlich 'verarzten' wollte.
So genau konnte er diese Handlung gerade nicht zuordnen, denn mittlerweile hatte der Brünette den Kopf langsam wieder angehoben, in der Halskuhle platziert und atmete ruhig gegen die Haut.

Tausende Reaktionen strömten durch sein Gehirn und anscheinend waren sie allesamt ziemlich angenehm.
Und ein weiteres, lange vergessenes Gefühl mischte sich in dem Moment dazu, als Jako sich zufrieden murmelnd an ihn schmiegte.

Felix wurde heiß.
Und wie heiß ihm wurde.

Nur mühsam konnte er gerade so ein Aufstöhnen vermeiden und fast, als könnte sein Mitbewohner Gedanken lesen, drückte dieser neugierig die leicht kühle Nasenspitze in dessen Halskuhle und strich dabei fast zeitlich mit den Fingern über den Rücken, während der Bärtige auf das zügigste Wunder in der Weltgeschichte hoffte, da sowohl das Gesicht als auch seine unteren Regionen langsam aber stetig mit Blut versorgt wurden, und kurz kniff er die Augen zusammen, um irgendwie einen halbwegs hilfreichen Gedanken erfassen zu können.
Als er keinen Augenblick später seine erlösende Antwort in Form eines Magenknurrens erhielt und sein Glück kaum fassen konnte.

"Mhhhh."
Jakob löste sich etwas von Felix und blickte ihn aus großen, wehmütigen Augen an. Wollte er etwa diesen Moment auch ungern beenden?
Und hatte er bereits die körperlichen Reaktionen bemerkt? Wenn dem so war, wusste der Blonde absolut nicht, was er sagen sollte und von welcher Klippe er im Zweifel springen konnte.
Es dauerte etwas, bis die Botschaft etwas zäh Felix Hirn erreicht hatte, sich aus seiner Starre löste und er langsam und noch mit seinem wunderbaren Duft in der Nase vom Sofa aufstand. Jakobs Geruch erinnerte ihn an alte Wälder und Morgentau. Er beruhigte ihn ungemein, irgendwie.
Dieser Moment hätte seiner Meinung nach noch viel länger andauern können, und viel zu gerne...am Liebsten hätte er sich selbst schlagen können. Warum nur versuchte er es nicht einfach? Sie verstanden sich gut, und Jakob hatte ihn gern.
Und er erinnerte ihn so oft an einen Kater. Einen ziemlich verführerischen und wohlriechenden Kater.
In Gestalt eines erwachsenen Mannes mit dem wärmsten, unvoreingenommensten Blick, den er je in seinem Leben gesehen hatte.

Felix fand sich in der Küche vor dem Geschirrschrank mit den Schüsseln wieder, noch bevor er überhaupt wusste, was genau er da eigentlich  vorhatte. Noch immer pochte das Herz wie verrückt, und seine Lenden kribbelten so angenehm, dass er sich leicht beschämt den oberkörperfreien Jakob vorstellte, schnurrend und räkelnd auf dem Teppich...den Finger verspielt an den leicht geöffneten Lippen, die Augen dunkel schimmernd...

Beinahe hatte er die Milch, welche seine Hand zittrig aus dem Tetrapak in die Schüssel füllte, daneben laufen lassen und ermahnte sich erneut zur Konzentration. Schließlich stellte er die Milchtüte zurück in den Kühlschrank, schritt vorsichtig und mit drängender Neugierde wieder in das gemütlich erhellte Wohnzimmer, stellte die Schüssel mit der Milch knapp vor den Teppich auf den Holzboden ab, ließ sich gespannt auf das Sofa sinken und wartete, bis sich irgendetwas tat.

In der Zwischenzeit hatte es der Langhaarige sich wieder auf dem weißen Flauschstoff bequem gemacht,  und bis eben lag er noch auf dem Rücken und erzeugte mit seinen Händen Schattenfiguren, das Kaminfeuer leise vor sich hin knisternd. Jetzt schien diese Schüssel seine Aufmerksamkeit auf den schmächtigen und doch drahtigen jungen Mann mit den dunklen Augen zu lenken, denn er warf Felix einen Blick zu, welcher anscheinend nach Erlaubnis fragte, und das, ohne auch nur eine einzige Silbe zu sprechen.
Jakob richtete sich auf, ehe er auf allen Vieren kauernd zu warten schien.

Wieder spürte er eine kribbelnde Gänsehaut am ganzen Körper und konnte seine Neugierde kaum noch unterdrücken, viel zu sehr war er gespannt, was nun passieren würde.
Wäre es nicht vielleicht doch ein Fehler von ihm und er hatte sein Gegenüber vollkommen falsch eingeschätzt, und dieser würde gleich entgeistert die Schüssel wegstoßen und ihn wütend anschauen...?
Felix hätte alles dafür gegeben, einen kleinen Einblick auf eine Zukunft werfen zu können. Schließlich wollte er den Gast auf gar keinen Fall verschrecken oder ihn anwidern.

Aber was sollte er auch tun, wenn sein Gehirn seltsame Einfälle hatte...

Findelkater/Fewjar FFWhere stories live. Discover now