20: Das Büchlein

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Schnell rannten wir den Flur entlang. Wir redeten nicht und konzentrierten uns bloß auf unsere Atmung, damit wir schnellstmöglich ankamen. Mein Herz klopfte unnormal schnell und das nicht nur, weil ich gerade rannte wie eine bekloppte. Ich war ungemein aufgeregt, denn falls die Königin sehen würde, dass ich ihr Büchlein gefunden hatte, dann ließ sie mich in der Nacht heimlich umbringen.

Wir kamen am Zimmer an und blieben nach Luft schnappend vor der Tür stehen. Ich klopfte und betete inständig, dass die Beiden noch nicht im Zimmer waren. Die Tür wurde von innen allerdings geöffnet. Wir blickten eines der Dienstmädchen an, die uns verwundert musterte. Klar, wir schnauften ja auch wie zwei Walrosse.
"Ich habe bloß meine Jacke eben dort vergessen, als ich das Bett bezogen hab'", sagte ich unschuldig und zeigte auf die Kommode. Sie folgte meinem Finger mit einem Blick und ließ uns dann eintreten.
"Der König und die Königin sind noch nicht hier, ich soll bloß ein Bad für die Königin einlassen", erklärte sie uns und ich war ja so erleichtert. Leo fragte sie noch etwas, und hatte sich extra so hingestellt, dass sie mit dem Rücken zu mir stand. Ich nahm meine Jacke und das Büchlein in die Hand. Was sollte ich denn jetzt damit machen? Ich konnte ja schlecht zur Matratze gehen und das einfach darunter legen. Plötzlich trat noch jemand ins Zimmer ein und die Stimme ließ mein Herz in die Hose sacken.
"Was macht ihr denn noch hier?", fragte meine wahrscheinlich nächste Mörderin. Meine Augen weiteten sich leicht vor Panik und ich steckte das Büchlein schnell in meinen Hosenbund. Dann ließ ich mein T-Shirt darüber fallen und band mir dazu noch die Strickjacke um, damit es hielt. Ich konnte jetzt doch nicht sagen, dass ich diese heute beim Bettbeziehen vergessen hatte. Dann wüsste sie ja sofort, wer das Buch besaß, wenn sie es nicht finden konnte.

"Sie hat ihre Jacke bloß hier liegen gelassen heute, als sie das Bett neu bezog", erklärte die dumme Schnepfe von Dienstmädchen. Vedammte Kacke aber auch! In Gedanken riss ich ihr schon den Kopf ab und klatschte den Rest irgendwo an eine Wand.
Ich zwang mir ein entschuldigendes Lächeln auf, was bestimmt total schrecklich aussah.
"Wir gehen schon", meinte ich und ging vorsichtig zu Leo, damit das Buch nicht hinaus rutschte. "Gute Nacht." Wir gingen auf den Flur und die Tür schloss sich. Ein paar Ecken später raufte ich mir wieder verzeifelt die Haare. "Man! So 'ne verdammte, große, beschissene Kacke aber auch!", rief ich wütend.
"Psht! Verzweifel' leiser! Sonst kommt gleich irgendwer", sagte Leo.
Ich zischte nun leiser: "Aber ich habe das verdammte Buch mitgenommen, Leo! Dank diesem blöden Dienstmädchen weiß sie doch jetzt auch locker, dass ich es habe!"
"Jetzt behalt doch mal 'nen klaren Kopf und denk logisch nach! Warum zur Hölle sollte die Königin, eine Ehemelige unserer Organisation, so ein Buch besitzen, wo sie mörderische Pläne ausheckt? Das macht gar keinen Sinn! Außerdem ist es doch schon ziemlich dämlich dieses dann auch noch unter der Matratze zu verstecken, wenn sie doch weiß, dass ihr Bett ständig gemacht wird!"

Hm. Da hatte er gar nicht mal so Unrecht.

Ich beruhigte mich und sah ihn nachdenken an. "Aber wer würde denn sonst so etwas tun?"
"Vielleicht der König selbst?"
"Ich glaube einfach nicht, dass er sich selbst umbringen wollte."
"Ja, keine Ahnung. Aber ich bin auch nicht sehr davon überzeugt, dass er das alles eingefädelt hat."
"Denkst du, irgendwer wollte, dass ich das kleine Buch finde?", runzelte ich die Stirn.
"Schon möglich....wir müssen bloß herausfinden wer und warum."
Ich nickte. "Klingt nach einem Plan."
"Gut, dann lass uns zu den anderen zurück gehen und dann sehen wir ja weiter. Außerdem kannst du uns das Büchlein zeigen."
"Hier", sagte ich und holte es unter meinem Shirt hervor. "Kannst ja schon einen Blick hinein werfen." Er nahm es mir ab und öffnete es. Seine Gesichtszüge wurden schockierter und er starrte erschrocken auf die vollgezeichneten Seiten.
"Das ist ja wirklich gruselig!"
"Du sagst es, Leo, du sagst es", seufzte ich.

Wir kamen wieder an meinem, Teresas und Flavias Zimmer an und stellten fest, dass nun auch Eliana und Adrianna da waren. Sobald Flavia sah, dass Leo in das Buch sah, sprang sie auf und rannte zu ihm. Sie wollte es ihm aus der Hand reißen, doch er war schneller und hielt es extra hoch, damit sie nicht dran kam.
"Meine Güte, Flavia! Hat dir denn niemand Manieren beigebracht? Ich bin jetzt erst dran und dann kannst du gucken! Bleib mal locker, also echt..." Ich grinste und schüttlete den Kopf. Flavia verschränkte beleidigt ihr Arme vor der Brust und sah Leo böse an. Luca lachte sie bloß aus.
Wir waren schon eine verrückte Truppe.

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