16: Liebe ist gefährlich

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Musikalisch liege ich mit Sicherheit falsch! Nicht ernst nehmen, bloß vorstellen!

○●○

Und ich hatte recht. Marianna war verrückt. Krank. Gestört!

Sie hatten mich in einen Raum gebracht, wo ich vor einem riesigen Bildschirm saß. Gaia und Stefano waren verschwunden, nachdem Marianna kurz mit ihnen geredet hatte und ich fragte mich, was sie alle damit zu tun hatten. Javier, also der Typ mit dem Klemmbrett, hatte sich mit etwas Abstand neben mich gesetzt und beobachtete das Ganze. Marianna lief noch ein wenig herum, bis sie neben mir stehen blieb und eine Hand auf meinen rechte Schulter legte. Sie sah zu dem Bildschirm, der jetzt an ging und einen leeren, kahlen Raum zeigte. Plötzlich wurde die Tür auf gemacht und jemand wurde mit einem Tuch über dem Kopf in den Raum geschubst. Allerdings trug diese Person ein T-Shirt, und sofort erkannte ich, wer es war, denn sein Tattoo am rechten Arm kam zum Vorschein. Ich zuckte kurz leicht zusammen, als ich sah, dass Gaia und Stefano mit in den Raum gingen und die Tür schlossen. Leos Hände waren hinter seinem Rücken gefesselt und Gaia nahm ihm das Tuch vom Kopf. Sie lächelte ihn keck an und flüsterte ihm etwas ins Ohr, bevor sie ihn küsste. Ob ihr's glaubt oder nicht, das fand ich nicht mal das Schlimmste. Denn er küsste sie auch einfach noch zurück!! MEIN Freund küsste gerade seine Ex-Freundin!!!
Ich schnappte empört nach Luft und ich wusste, dass Marianna neben mir gerade boshaft lächelte. Das konnte doch nur eine Fälschung sein! Leo würde mir so etwas doch nie antun. Oder vielleicht doch?
NEIN. Er tat sowas nicht!

Ich schüttelte meinen Kopf. "Das ist nicht echt! Marianna! Das ist nicht echt! Ich glaub das nicht!"
"Ach, wirklich nicht?" Sie schien mir dies nicht abzukaufen und sah sich weiter an, wie Gaia und Leo gerade rummachten. Erst jetzt fiel mir wieder ein, dass Javier ja auch noch hier im Raum saß.
"Außerdem...sind wir nicht mehr zusammen, also kann er ja machen, was er will", brachte ich schwer über die Lippen. Konnte ich sicher sein, dass es nicht echt war? Ich meine, Gaia und Stefano waren dort und nicht hier. War das doch möglich?
Ich beobachtete die Szene wieder genau. Gaia löste Leos Handfesseln und er legte seine Hände sofort an Gaias Wangen. Sie kamen sogar so weit, dass sie ihm das T-Shirt auszog. Okay, Alex, du musst jetzt ganz ruhig bleiben!

Ein wenig widerwillig lösten sich die beiden, da sie Luft holen mussten. War ja auch Zeit. Gaia trat allerdings in den Hintergrund und nun kam Stefano näher an Leo heran. Er schubste ihn auf den Boden und verpasste ihm ein paar Tritte in die Seite. Leo keuchte und ich hörte vor Schock auf zu atmen, was mir erst bewusst wurde, als ich keine Luft mehr hatte und anfing zu husten. Nun ließ sich Stefano von Gaia eine Peitsche reichen und ich ahnte schreckliches. Stefano holte aus und- er verharrte in dieser Position. Sie hatten die Übertragung angehalten.
"Nun gut, Alexandra, du hast noch einmal die Chance, die Wahrheit zu sagen. Bist du noch mit Leonardo zusammen, oder nicht?", fragte Javier.
Ich schluckte. Es wäre doch so einfach, ja zu sagen, aber ich wollte nicht so schnell gebrochen werden! Sie sollten denken, dass man mich nicht so einfach durchbrechen konnte. Allerdings konnte ich nicht mit Sicherheit sagen, dass dieses Video gefälscht war, und ich wollte nicht, dass Leo wegen mir litt.

"Alexandra, ich warte!"

Mein Blick wanderte zu Marianna, die immer noch neben mir stand und ihr Druck an meiner Schulter wurde fester. Sie lächelte mich auffordernd und gemein an. Ich sah zurück auf den Bildschirm und mein Blick fiel auf Gaia, die etwas Abseits stand.
"...denn das zeigt mir nur, wie lieb du ihn wirklich hast...ich möchte, dass er glücklich ist und es ihm gut geht. Bitte sorge dafür, Alexandra", hallte Gaias Stimme in meinem Kopf. Aber wenn sie doch wollte, dass er glücklich war, wieso stand sie jetzt dort und sah ihm zu, wie er misshandelt wurde? Das machte keinen Sinn! Oder wollte sie mir so eins auswischen? Veilleicht wollte sie doch wieder mit ihm zusammen kommen und wenn ich jetzt sagte, dass wir nicht zusammen waren, dann konnte sie dies ausnutzen und sich liebevoll um ihn kümmern, während sie mich als egoistisch und gemein und undankbar darstellte. Ach man! Was sollte ich tun? War es nun gefälscht oder nicht?
"Wenn du jetzt nichts sagst, dann werden wir uns das Ganze weiter anschauen und du kannst es dir ruhig noch einmal durch den Kopf gehen lassen, Alexandra", sagte Javier mit einem lächerlichen Unterton.
Sollte ich? Sollte ich nicht? Ich fühlte mich unter Druck gesetzt und das konnte ich nicht leiden!

"Dann schauen wir und das Ganze mal weiter an", sagte Marianna wissend und lächelte weiterhin verstohlen und gemein vor sich hin.  Sobald das Geschehen auf dem Bildschirm weiter ging, knallte ich meinen Kopf in Gedanken auch schon in Dauerschleife an die Wand.
Die ausgeholte Peitsche von Stefano landete mit einem lauten Knall auf Leos Rücken und ein lauter, schmerzhafter Schrei seinerseits ließ mich ebenfalls schreien. Ich kniff meine Augen fest zusammen und schrie ohrenbetäubend laut.
"NEIIIIIIN!!!!" Meine Tonlage war bestimmt sechs Oktaven höher als normal, trotzdem gelang das Geräusch, welches von dem Aufprall der Peitsche auf Leos Rücken erzeugt wurde, in meinen Gehörgang. In meinem Hirn wurde es zu einem Warnsignal umgewandelt und ich konnte es nicht riskieren. Ich konnte nicht riskieren, zu glauben, dass dies eine Fälschung war, denn so gern ich dies glauben wollte, war die Wahrscheinlichkeit für die Realität zu hoch. Zumal es Marianna war und man bei ihr nie hundert prozentig sicher sein konnte, was in ihrem kranken Kopf vorging.

"STOP!", schrie ich. "STOPPT DAS GANZE! JA! OKAY, JA, ICH BIN NOCH MIT LEONARDO ZUSAMMEN, ABER BITTE HÖRT AUF IHN ZU QUÄLEN!" Meine Augen waren noch solange geschlossen, bis ich merkte, wie der Bildschirm ausgeschaltet wurde. Meine Wangen waren feucht und meine Sicht leicht verschwommen, da ich angefangen hatte zu weinen.
"Warum denn nicht gleich so, Alexandra?", fragte Javier zufrieden und erwartete gar keine Antwort. Er stand auf und verließ den Raum. Ich schniefte einmal und blinzelte die Tränen aus meinen Augenwinkeln. Marianna stellte sich mit einem sehr boshaften Gesicht vor mich.
"Ich würde vorsichtig mit der Liebe sein, Alexandra, denn ich kann dir sagen, dass die Liebe oft für den größten Schmerz sorgt. Nimm dich in Acht und spiel nicht damit, denn du könntest dich genauso daran verbrennen wie an Feuer!" Nach diesen Worten verließ sie ebenfalls den Raum und ich lehnte mich erschöpft nach hinten. Ich musste einfach wieder zurück zu meinen Freunden. Ich musste wissen, ob sie Leo wirklich etwas angetan hatten, oder es bloß gefälscht hatten, um meine Grenzen herauszufinden.

Nach diesem Gedanken schlief ich auch sofort ein und träumte schlecht. Allerdings hielt dieser Schlaf nicht lange, da ich plötzlich geweckt wurde. Schnell atmend und erschrocken blickte ich in das Gesicht von Caruso. Caruso? Was tat er denn hier!?
Langsam beruhigte sich meine Atmung und ich fragte ihn, was er hier tat.
"Ich werde dich befreien. Ich werde dir helfen, hier raus zu kommen, so kannst du wieder zu deinen Freunden zurück." Verblüfft blickte ich ihn an. War er etwa nicht auf der anderen Seite?
Anscheinend nicht, denn er befreite mich von den Fesseln und endlich konnte ich meine Arme wieder bewegen und mich strecken. So viele Stunden zu sitzen war wirklich unangenehm.
"Aber warum befreist du mich, Caruso? Ich dachte du gehörst zu denen?"
"Nun, das tu' ich auch, zumindest denken sie es so. Du musst wissen, der Direktor der Jungs ist mit mir befreundet und deswegen ist es doch wohl selbstverständlich, wenn ich eine Freundin der Jungs befreie. Sie haben dich ja schon genug gequält."
"Na danke, dass du mich daran erinnert hast." Mir lief wieder eine Träne an der linken Wange hinunter und ich wischte sie schnell weg. Wann wurde ich nur so eine Heulsuse? Schlimm! Marianna hatte recht, die Liebe war gefährlich, denn seid ich Leo hatte, hatte ich eine Schwachstelle mehr und dies nutzen viele leicht aus. Ich musste vorsichtiger sein.

"Na komm, Alexandra, lass uns von hier verschwinden, du brauchst Ruhe und Erholung von allem hier." Ich wollte schon aus der Tür gehen, wo wir herkamen, oder anders gesagt, die einzige Tür, die dieser Raum besaß, doch Caruso hatte wohl einen andere Idee, denn er ging zu dem Bildschirm, tippte ein wenig auf der einen Ecke herum und neben ihm erschien eine Tür. Cool!
Er lächelte mich lieb an und wir verschwanden durch die Tür, die sich automatisch hinter uns schloss. Vor uns erstreckte sich ein langer, kahler Gang und mir war ein wenig mulmig zu Mute. Was war, wenn Caruso doch nur so getan hatte, als ob? Was war, wenn er mich verschleppen wollte? Junge, erfolgreiche Agentinnen machten sich bestimmt gut auf dem Schwarzmarkt.

Nach einem fünf minutigen Fußmarsch verflogen meine negativen Gedanken jedoch sofort, da wir endlich in einem normalen Flur des Schlosses angekommen waren. Schnell rannte ich zu einem der riesen Fenster und sah hinaus. Es war dunkel, doch das interessierte mich nicht. Es war schön, den kahlen, dunklen Sternenhimmel zu betrachten und nicht nur graue, kahle Wände unter der Erde.
"Lass mich dich zu deinem Zimmer bringen, bevor uns jemand erwischt. Man kann nie wissen, wer bloß so tut als ob." Was wollte er damit sagen? Sollte das eine Anspielung auf mich sein oder auf ihn? Oder vielleicht auf uns beide? Egal. Ich wollte einfach zu Flavia, Teresa, Leo, Luca und Christian! Ich wollte in einem schönen weichen Bett schlafen und nicht wieder auf einem Stuhl!

Undercover 2Where stories live. Discover now