Das Ende

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2004, Texas

Ich hatte immer gehofft, sie würden mir vergebem. Hatte gehofft sie würden das Urteil ändern. Doch das taten sie nicht und so kam irgendwann der Tag.

Ich schaute auf, als ich das Klicken des Schlosses meiner Zelle hörte. Einen Wimpernschlag später war es mir bewusst. Heute war der Tag meiner Hinrichtung.

Als zwei breite Wachmänner meine Zelle betraten stand ich sofort auf und stolperte ein paar Schritte zurück. "Nein.", presste ich hervor. "Noch nicht."

Die Wachmänner verzogen keine Miene und packten mich an beiden Armen. Sie zogen mich mit sich, zur Tür hinaus.

Was waren meine Gedanken in diesem Moment? Ich kann es fast nicht beschreiben.

So ziemlich alle Gefühle durchströmten mich wie ein reißender Fluss. Angst, panische Angst. Traurigkeit. Wut, auf alles, aber am meisten auf mich selbst. Verachtung. Panik. Und vielleicht sogar ein bisschen Freude. Freude darüber, dass all dies endlich ein Ende nahm.

Ich schloss für einen Moment die Augen und presste die Lippen fest aufeinander. Meine Zeit war abgelaufen. Sie war vorbei und daran konnte ich nichts ändern.

Ich kämpfte mit dem Gedanken mich einfach los zu reißen und weg zu laufen. Weg von allem. Doch ich ließ es. Es hatte ohnehin keinen Zweck. Ich konnte mein Schicksal nicht ändern.

Noch nie zuvor hatte ich mir so gewünscht, die Zeit rückgängig machen zu können. Alles noch einmal zu durchleben und zu ändern, was ich falsch gemacht hatte. Was so schrecklich war, dass es mich selbst von innen zerriss.

Doch ich hatte keine Chance. Diese hatte ich vertan und niemand würde all dies rückgängig machen können. Keiner vergab mir. Nicht einmal ich selbst.

Sie führten mich zwei schmale Gänge entlang. Rechts und link überall Türen. Sie sahen alle gleich aus und es war klar was sich dahinter verbarg.

Irgendwann blieben wir stehen. Ich konnte meine Hände, die zu Fäusten geballt waren nicht öffnen. Mein ganzer Körper war verkrampft.

Sie schlossen die Tür vor uns auf. Das erste was ich entdeckte war der kleine Tisch, auf dem eine kleine Spritze lag. Sie war so unscheinbar und konnte doch so vieles.

Sie führten mich zu einer weiteren Pritsche. Hand- und Fußfesseln waren tief in ihr verankert.

Als sie mir befahlen mich auf die Pritsche zu legen, blieb ich wie angewurzelt stehen. Wieder focht ich mit dem Gedanken weg zu laufen. Ich trat einen Schritt zurück.

Die Wachmänner zögerten nicht, sondern packten mich und versuchten mich auf die Pritsche zu legen. In mir legte sich ein Schalter um.

So durfte es nicht enden. Das durfte es nicht.

Tick, tack, tick, tack, tick tack,... hörte ich die graue Uhr aus meiner Zelle in meinem Kopf ticken, obwohl hier gar keine war. Sie hatte sich mir eingeprägt. Tick, tack, tick tack, tick, tack,... Deine Zeit ist um.

Was hatte das für einen Sinn? Was hatte mein Leben für einen Sinn gehabt?

Ich wartete den richtigen Moment ab, dann wrang ich mich mit einem Ruck aus den eisernen Griffen der Wachmänner und spurtete zur Tür. Tick, tack, tick, tack,...

Es ging alles viel zu schnell. Sobald ich mich losgerissen hatte, sobald waren sie auch schon wieder hinter mir. Ein paar Schritte vor der Tür, fasste mich einer unsanft an der Schulter und zog mich mit einem Ruck wieder zurück. Die beiden packten mich fester. Drückten mir das Blut ab. Ich trat und schlug um mich. Schrie. Tick, tack, tick, tack,...

Sie hievten mich mühsam auf den Tisch und schnallten meine Arme und Beine fest. Ich kniff die Augen zu und versuchte alles auszublenden. Die Wut, die Panik, die Angst,... Tick, tack,...

Ich nahm alles nur aus dem Augenwinkel wahr. Ein in weiß gekleideter, älterer Mann trat in den Raum ein und stellte sich neben den kleinen runden Tisch, auf dem nur die einzelne Spritze lag. Langsam griff er danach. Er flüsterte den Wachmännern etwas zu, doch ich verstand es nicht. Bekam es nicht mit.

Er griff nach der Spritze.

Alles in meinem Körper spannte sich an. Das Blut in meinen Adern gefror förmlich.

Die Spritze stach langsam in meine Haut und Flüssigkeit wurde in meine Adern gepumpt.

Das war das Ende. So war es.

Tick, tack,... hörte ich die Uhr in meinem Kopf ein letztes Mal.

Sie töten fürs töten.' dachte ich. Sie töten fürs töten und tun damit das Gleiche wie wir.

Langsam ließ die Anspannung in meinem Körper nach. Alles ließ nach.

Ich starrte an die Decke. Weiß. Kahl. Leblos.

Dann verschwamm es plötzlich. Meine Lieder flackerten. Ich kämpfte gegen das Serum, dass sich nun in meinem Blut befand an. Versuchte wach zu bleiben.

Sie töten fürs töten.

Doch schließlich verschwamm das Bild vor meinen Augen voll und ganz, bis es sich schließlich auflöste.

Es wurde schwarz.

Warten auf den TodWo Geschichten leben. Entdecke jetzt