Kapitel 5 von #30DaysofWriting

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Anns POV

Alles ist dunkel. 'Hä? Wo bin ich?', denke ich erst verwirrt, dann panisch. Vorsichtig Strecke ich meine Hände vor mir aus und spüre...nichts. Endlich stelle ich fest, dass ich auf etwas liege. Ich setze mich aufrecht hin und versuche, die Finsternis zu durchblicken, aber Fehlanzeige. Vorsichtig stehe ich auf und taste mich an Gegenständen in die Richtung, in der ich eine Wand vermute, als etwas in meinen Finger piekst. Erschrocken ziehe ich meine Hand zurück und stoße mit meinem Ellenbogen gegen etwas was mit lautem Krachen umfällt. "Fuck!", zische ich, bewege mich aber trotzdem weiter nach vorne. Wo bin ich? 

Nach weiteren Minuten in der Dunkelheit finde ich endlich einen Lichtschalter, und mit komischen Geräuschen geht ein grelles Licht an, woraufhin ich zurückzucke. Viel zu hell. Als ich mich an die Helligkeit gewöhnt habe, erkenne ich den Raum, an dessen einer Ecke ich gerade stehe und blinzle verwirrt.

Was mache ich im OP-Saal? 

Wie bin ich hier hinbekomme? Warum bin ich alleine? 

Inzwischen verängstigt suche ich nach einer Tür, durch die ich nach draußen trete. Der Gang ist hell erleuchtet, und schon wieder kneife ich, aus Angst zu erblinden, meine Augen zu. Es ist unheimlich still auf den sonst so belebten Gängen, was die Krankenhausatmosphäre noch verstärkt. Ich laufe bis zum ende des Flurs und drücke auf den Knopf des Aufzugs. Vielleicht komme ich ja damit weiter. 

Die metallenen Türen öffnen sich und ich betrete den großen Aufzug. Die Schiebetüren schließen sich, sodass ich auf die metallene, kahle Fläche blicke, und ich spüre die Wände auf mich zukriechen. Aufzüge waren noch nie so mein Ding. Mit einem Ruck setzt sich der kästen in Bewegung und ich spüre dieses komische Gefühl der beinahe Schwerelosigkeit in meinem Bauch.  Fehlt nur noch, dass jetzt so Aufzugsgedudel einsetzt, denke ich, doch in dem Moment öffnen sich die Türen wieder, und ich verlasse den, obwohl er so groß ist, mir so klein vorkommenden Raum. 

Auch der nächste Flur ist steril und weiß, anscheinend ohne eine Spur Staub und genauso wenig Spur von einer Menschenseele. Was tue ich hier?  Ich blicke auf die Uhr an der Wand, doch die Zeiger drehen sich in irrer Geschwindigkeit im Kreis. Und zwar gegen den Uhrzeigersinn. Oookaaayyy. 

Ich will gerade um die Ecke biegen, als ich einen Sog in meinem Brustkorb spüre. Was ist bloß los mit mir? Der Zug wird stärker und ich habe das Gefühl, als würde ich gerade eingesogen werden. Dann ist kurz alles schwarz, bis bunte Wirbel am Rand meines Blickfelds tanzen. Erinnert mich irgendwie an den Sperrbildschirm meines Computers. Noch immer habe ich das Gefühl, von etwas mitgerissen zu werden, doch dieses Gefühl wird schnell durch das Gefühl freien Falls ersetzt. 


Kurz darauf lande ich auf etwas, was sich anfühlt wie Zuckerwatte. Ich schaue mich um und sehe nur Wolken und hellblauen Himmel und ein Blick nach unten verrät mir, dass ich gerade auf genau so einer flauschigen, weißen Cumuluswolke liege. Leider verrät dieser Blick mir auch, wie weit oben ich bin, und bei diesem Anblick wird mir mal wieder übel. Nicht schon wieder. Wieso falle ich eigentlich nicht einfach runter? Wolken sind doch nur Wasserdampf, oder? Ich schiebe den Gedanken zur Seite und konzentriere mich wieder darauf, meinen (nicht wirklich vorhandenen) Mageninhalt bei mir zu behalten.

Ich zucke zusammen und drehe mich ruckartig um, weil hinter mir plötzlich eine Stimme ertönt: "Ann". Ehm. Entgeistert starre ich den bärtigen Mann mit Brille vor mir an, der mich ein wenig an Dumbledore erinnert. Er trägt einen cremefarbenen Umhang und macht mit seiner Hand eine einladende Geste in Richtung des großen, offenen Tors hinter ihm, dass aus dunklem Holz mit Goldrahmen an der Seite gemacht ist. Als ich mich immer noch nicht Röhre, verdreht der alte Mann die Augen und schaut mich erwartungsvoll an. "W.wer zur Hölle s.sind sie?", stottere ich leise, woraufhin der Mann wieder die Augen verdreht. "Und mir haben sie gesagt, du wärst Christin? Also das mit der Hölle hättest du dir echt sparen können. Wer ich bin? Ist das nicht ersichtlich? Alter Mann mit weißem Bart im Umhang, der vor einem Tor mitten in den Wolken steht? Ich dachte du bist intelligent", redet der Kerl vor sich hin und scheint anscheinend auf eine Antwort zu warten. 

"Gott?", frage ich zögerlich. Bin ich etwa im Himmel? "Also bitte!", empört er sich, also habe ich wohl falsch getippt. "Gandalf, Dumbledore, der Weihnachtsmann? Woher soll ich das denn wissen?", rufe ich und der Mann klatscht sich mit der Hand gegen die Stirn. Mist, ich war mir so sicher!

"P-E-T-R-U-S", buchstabiert er mir, und ich brauche einen Moment, um die Buchstaben in meinem Kopf zusammenzusetzen. "Na also, dann lag ich mit Gott doch garnicht so falsch!", verteidige ich mich. Bart, Brille, Umhang, alt, Himmel, das sind zumindest Sachen die ich mit Gott in Verbindung bringe. "Wenn du Gott erstmal kennengelernt hast, dann sagst du das nichtmehr. Und jetzt komm endlich durch dieses blöde Tor, es zieht". Besonders freundlich ist er auf jeden Fall schonmal nicht.  

Man könnte sich jetzt fragen, warum ich ihm einfach so glaube, aber nach dem verstörenden Krankenhauserlebnis von gerade würde ich auch einem Frosch jedes Wort abkaufen. Ganz abgesehen von der Tatsache, dass ich mich mehrere Kilometer über der Erdkugel befinde, auf einer Wolke stehe und mit einem alten Sack rede. Das glaubt mir doch niemand. Ich folge Petrus durch das Tor, nur um wie angewurzelt stehen zu belieben. Unter mir breitet sich eine pastellfarbene Stadt aus, die aus Häusern in unterschiedlichsten Formen und Größen besteht, die eng aneinander gebaut wurden. mitten durch geht eine Treppe, an dessen Ende ich ein kleines Haus ausmachen kann. Die Sonne legt alles in warmes Licht und auf den Straßen herrscht reger Betrieb. In der Luft fliegen Kleien, bunte Vögel und legen ein leises Gezwitscher in die Luft, was die Atmosphäre noch bezaubernder macht. Ja, 'Bezaubernd' ist wirklich der Richtige Begriff für diesen Ort. 

"Willkommen im Himmel", es ist das erste Mal seit unserer Begegnung, dass Petrus lächelt, denn er schaut stolz hinunter auf die Stadt. Sehr zu meinem Bedauern hält dieser Zustand nicht sehr lange, doch ich will unbedingt alles was ich sehe in mein Gedächtnis einprägen, so schön ist es.

Leider bleibt mir nicht viel zeit das Ganze zu bestaunen, denn Petrus zieht mich die Treppe hinunter, doch ich versuche, noch so viel wie möglich von der Aussicht aufzusaugen. Die Menschen auf der Treppe sind in allen Altersstufen, doch alle schauen sie mich mit einem freudigen Gesichtsausdruck an, in dem aber auch eine Spur Mitleid zu erkennen ist. 

Da bemerke ich es erst. Ich bin im Himmel. Heißt dass, ich bin tot?

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