Kapitel 1 von #30daysofwriting

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Anns POV

"Ann, ich finde du solltest dich echt mal von einem Arzt durchchecken lassen. Ich will mir nicht länger ansehen, wie meine beste Freundin und Mitbewohnerin sich alle halbe Stunde die Seele aus dem Leib kotzt", rät Elisa mir, während ich mit dem Kopf über der Kloschüssel unseres WG-Bads hänge, und meinen gesamten Mageninhalt entleere.  Eigentlich ein Wunder, dass überhaupt noch etwas herauskommt, denn es ist jetzt das  achte Mal heute, dass ich spucken muss, und es ist gerade Mal zwei Uhr. Die Uni habe ich heute ausfallen lassen. Genau wie gestern und vorgestern, und zwar aus demselben Grund. 

"Wie war das nochmal? Wenn man schwanger ist, muss man sich dann nicht auch übergeben?", wende ich mich an die Medizinstudentin neben mir, die mich mit kritischen Blicken beäugt.  "Meistens nur morgens, und auf jeden Fall nicht acht mal in vier Stunden", erklärt Elisa und ihr Blick ist fast schon sorgenvoll. Dabei ist sie doch sonst immer so gefühlsregungslos. "Sicher? Ich meine, Ich habe Bauchweh, muss andauernd spucken und habe erhöhte Temperatur, würde alles zu einer Schwangerschaft passen." "Ann, um das festzustellen, muss man nicht Medizin studieren. Du hast seit zwei Tagen kaum etwas gegessen, Schwangere tun so etwas nicht. Komm, wir nehmen die S-Bahn um viertel nach und fahren dann ins Krankenhaus, so kann das echt nicht weitergehen", schlägt meine Freundin vor, und drückt mir eine Tüte in die Hand, während sie mich vom Boden hochzieht. "Hey, die Tüte ist von meinem Lieblingsladen! Da kotz ich doch nicht rein, Elisa!", doch sie verdreht nur die Augen und führt mich aus dem Badezimmer. 

Sechs Minuten später stehen wir am Bahnsteig und warten im Schnee darauf, dass die S-Bahn einfährt. "Was glaubst du, was könnte ich haben?", frage ich Elisa. "Gute Frage, nächste Frage. Schmerzen im Abdomen, Übelkeit, erhöhte Temperatur, Appetitlosigkeit, das kann alles Mögliche sein. Oder du hast einfach nur einen Magen-Darm-Infekt. Aber in Bälde wissen wir es vermutlich besser", überlegt die Braunhaarige, während wir uns nach Sitzplätzen umschauen.

In der Notaufnahme des Krankenhauses werden wir ins Wartezimmer verfrachtet, wo wir schon seit einer halben Stunde sitzen. Bitte was macht man, wen. man tatsächlich halb am Sterben ist, und dann erstmal ewig warten muss? Inzwischen habe ich die Klatschzeitschrift in meinen Händen fertiggelesen, wobei ich mehrmals aus Verzweiflung fast gegen die Wand gerannt wäre. Wenn man wirklich Journalismus studiert hat, wie kann man sich denn dann dazu bringen lassen, etwas dermaßen hirnrissiges zu schreiben? Ist mir zumindest unbegreiflich. Ich will gerade aufstehen, um mir eine neue Zeitschrift zu holen, als mich das inzwischen allzu bekannte  Gefühl der Übelkeit überkommt und ich würgend zur gegenüberliegenden Toilette renne, Elisa dicht hinter mir. Ich stoße die Kabinentür auf und übergebe mich über der Kloschüssel, sehr darauf bedacht, nichts zu berühren, weil ich das echt ekelhaft finde. Wer weiß, wer da heute alles schon saß. Besorgt streicht Elisa mir die langen Haare aus dem Gesicht und hält sie nach hinten. "Fast wie ein déjà-vue, bloß genau falscherem, normalerweise hält du meine Haare zur Seite, wenn ich mal wieder zu viel getrunken habe", scherzt meine beste Freundin mit ihrem trockenen Humor, und steckte eine Haarsträhne, die sich selbstständig gemacht hat zurück hinter meine linkes Ohr. "Bring mich nicht zum Lachen, während ich mich übergebe!", versuche ich, ein Grinsen zu vermeiden. Inzwischen kommt nur noch flüssige Suppe aus meinem Rachen, kein Wunder, ist ja auch nichts mehr in meinem Magen, was sich einen Weg nach draußen bahnen könnte. 

Als wir zurück ins Wartezimmer kommen, steht schon eine Krankenschwester da, die uns in einen der Behandlungsräume führt. Wurde aber auch Zeit. Die blonde Ärztin stellt sich als Dr. Kraus vor, und liest sich das Formular durch, das ich im Wartezimmer ausfüllen musste. Als nächstes tastet sie meinen Bauch ab, und rechts unten quietsche ich vor Schmerz auf. "ups, tut mir Leid", entschuldige ich mich verlegen, doch die Ärztin winkt ab. "Kein Problem, ich werde jetzt ein CT machen und Ihnen Blut abnehmen, um festzustellen, was Ihnen fehlt", erklärt die Frau im Kittel und holt ein steril verpacktes Blutabnahme-Set aus einer Schublade.


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