Er stolperte wenige Schritte zurück, fing sich aber wieder. Ich nahm sicherheitshalber ein paar Schritte Abstand und strich Eren beruhigend über den Rücken. Er hatte sein Gesicht in meiner Schulter versteckt und klammerte sich verzweifelt an meiner Kleidung.

"Du bist nicht mein Vater.", sprach ich, bevor er seinen Mund öffnen konnte. "Jemand, der mich nicht in meinen Träumen unterstützt und mich für den Rest meines Lebens in ein Büro stecken möchte, ist nicht mein Vater! Mutter hätte das Gleiche gesagt!"

"Rede nicht mehr über Kuchle! Sie ist Vergangenheit! Hör auf, dich an sie festzuhalten!", stiess es aus meinem Vater raus und schaute mich böse an.

Ihm war nicht bewusst, was für eine Wut er damit in mir ausgelöst hatte.

"Ich habe meine Mutter mehr geliebt als du! Sie hat mir alles bedeutet und du?! Du warst nur in deiner Scheissarbeit interessiert, hast mich vernachlässigt und ignoriert! Du hast mich nur kritisiert und runtergemacht! Nur Mutter war für mich da!"

"Levi, hör auf über-"

"Nein, du hörst auf!", schrie ich jetzt und stiess ihn gegen die Tür. "Verpiss dich aus meiner Wohnung, verpiss dich aus meinem Leben und verpiss dich aus meinen verschissenen Erinnerungen! Ich habe gesehen, wie Mutter getötet wurde! Das ist mir Schmerz genug! Geh raus!"

Mein Vater hatte mit solch einem Wutanfall nicht gerechnet. Er starrte mich mit grossen Augen an und ich verspürte diesen Triumph, den ich schon seit Jahren gesucht hatte.

Alles war still mit Ausnahme von Eren's winselndem Weinen. Mein Vater suchte nach Wörter, welche ihm aber nicht gerecht schienen. Er versuchte seine Verwirrung zu erläutern, doch ich hatte die Geduld nicht dazu.

"Verschwinde.", sagte ich nun deutlich leiser, doch immer noch wütend. "Verschwinde einfach und lass mich in Ruhe, solange du noch im Sinne hast, mich zur 'Vernunft' zu bringen."

"Levi. Ich möchte doch nur das Beste für-"

"Du weisst nicht, was das Beste für mich ist.", unterbrach ich ihn. "Niemand weiss, was das Beste für mich ist ausser ich selbst. Also hör auf zu glauben, dass du immer Recht hast und verschwinde."

Und so endete ich die Konversation mit diesen abschliessenden Worte. Ich richtete meine Aufmerksamkeit auf Eren, welcher sich noch nicht erholt hatte.

Ich drehte meinem Vater den Rücken zu und zog stattdessen Eren in mein Sichtfeld.

"Hey, ganz ruhig. Ich bin ja da.", flüsterte ich und strich ihm über die verweinte Wange.

Vater's Präsenz spürte ich noch ein paar Sekunden an meinem Rücken. Schlussendlich hörte ich aber ein erlösendes Schliessen der Türe.

Sogleich fiel eine unschuldige Träne meine Wange runter und ich konnte sie gerade noch auffangen, da fiel schon die Nächste.
Eren's besorgter Blick war auf mich gerichtet und er verzerrte nur noch mehr das Gesicht.

"Ssh s-ssh.", schaffte ich zu sagen und biss mir auf die Lippen, als ich kurz schluchzte. "Mir geht's gut. Alles ist okay, Eren. Sieh mich an, ich lächle! Guck doch!"

Ich versuchte zu lächeln, ja.
Aber Eren war nicht dumm.
Er konnte jetzt schon feststellen, dass ich dieses Lächeln fälschte.

Another Life || ereriWhere stories live. Discover now