Kapitel 29-Aufgeflogen

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„Kannst du mir mal erklären, was hier los ist? Da draußen sitzt ein Haufen Leute die auf die Trauung warten und was geht hier ab? Derek wirkt unglaublich wütend und John ist vorhin einfach aus dem Haus gestürmt, deine Schwester heult und du siehst auch nicht gerade happy aus.", ratterte sie verwirrt runter.

„Sophie ist schwanger von Tom und Tom weiß, dass er der Vater ist. Ich habe Sophie die Affäre zwischen mir und Tom gebeichtet und jetzt hat sie ihm ihre Affäre gebeichtet und ich habe gerade Derek von mir und John erzählt.", klärte ich sie auf.

„Wow.", war das einzige, was sie sagen konnte. „Ich würde mal sagen, da steht noch ein Gespräch zwischen dir und John offen." Überrascht sah ich zu ihr auf. Ich war gar nicht auf die Idee gekommen, mit ihm zu reden und komischerweise hatte ich davor am meisten Angst. „Jetzt geh schon." drängte mich Kate.

„Okay.", stimmte ich nach kurzem Überlegen zu. „Kannst du dich um die Leute und meine Eltern da unten kümmern?" Ich nahm mein letztes bisschen Kraft zusammen und begann John zu suchen. Dabei kam ich nochmal an dem Schlafzimmer meiner Eltern vorbei und sah, wie Tom trotz allem Sophie in den Armen hielt. Egal wie es in ihr aussah, Tom liebte sie. Das erklärte auch all seine Reaktionen in den letzten Wochen.

Nach John musste ich eine ganze Weile suchen. Ich nahm nicht an, dass er sich unter die Leute gemischt hatte, die mehr als verwirrt da saßen und ich mied sie ebenfalls. Als ich ihn aber weder im noch am Haus fand, kam ich auf die Idee, er könnte in dem kleinen Wäldchen sein. Ich kämpfte mich zu dem kleinen See durch, zu dem Platz, wo ich auch immer hingerannt war. Und da hockte er tatsächlich am Ufer und sah gedankenverloren auf das Wasser. Er sprang erst auf, als ich direkt neben ihm stand. Er trug seinen Anzug und sah darin unverschämt gut aus, jedoch durfte ich mich nicht ablenken lassen. Da standen wir, beide völlig am Ende mit den Nerven und niemand wusste, wie er anfangen sollte.

„Nicht gerade das, was wir von dem Tag erwartet hatten.", kommentierte ich die Situation und hätte die Worte am liebsten wieder zurückgenommen. Wie bescheuert war das eigentlich? John sah mich nur weiterhin an, was mich noch unsicherer werden ließ. Was war überhaupt mein Plan gewesen, was hatte ich mir erhofft? Ich hatte einfach nur das Gefühl ihn finden zu müssen. Doch plötzlich küsste mich jemand. Nein, nicht jemand, sondern John und nicht gerade sanft. Sein Kuss war fordernd und voller...Verzweiflung. Er war verzweifelt, mehr nicht, also drückte ich ihn von mir weg.

„Was soll das?", herrschte ich ihn an.

„Tut mir leid. Ich brauchte das gerade einfach nur." Er kam wieder auf mich zu und blieb nur wenige Zentimeter vor mir stehen. „Ich brauche dich, Sam.", hauchte er mir ins Ohr. Ich ging wieder ein paar Schritte zurück.

„Du hast dich für sie entschieden. Du hast gemeint, du liebst sie."

„Du hast mich von dir weggestoßen.", entgegnete er.

„Was hätte ich denn sonst tun sollen? Du konntest Sophie nicht verlassen. Du hast dich schließlich schon vorher für sie entschieden gehabt. Und jetzt, wo du ihr Geheimnis erfahren hast und allein bist, bin ich die Ausweichmöglichkeit. Ich bin doch nur deine zweite Wahl." Meinte ich meine Worte ernst? Stimmte überhaupt, was ich sagte? Ich war überfordert, das alles war zu viel in diesem kurzen Zeitraum. Ich hätte ihn nicht mal suchen sollen.

„Du hast keine Ahnung. Ich liebe dich, Sam." In seinem Blick lagen so viel Schmerz und Zuneigung. Trotzdem konnte ich das nicht. Woher sollte ich wissen, ob er die Wahrheit sagte oder die Worte wie sein Kuss nur Ursprung seiner tiefen Verzweiflung waren? Er wollte nach meiner Hand greifen, doch ich entzog sie ihm schnell.

„Tut mir leid, aber ich kann das nicht." Damit rannte ich weg. Vor allem.

Es war mittlerweile Winter. Nach dem ganzen Drama hatte ich Abstand zu meiner Familie gebraucht, bis wir uns alle zusammengesetzt hatten. Die Hochzeit war natürlich ins Wasser gefallen und meine Eltern waren über alles, was wir ihnen erzählten, mehr als schockiert. Ich hatte nichts mehr seit dem vermeintlichen Hochzeitstag von Derek oder John gehört und mir ging es schrecklich. Ich hatte Derek so sehr verletzt und John einfach stehen gelassen, aber er hatte sich nicht nochmal dazu bewegen können, mich aufzusuchen und mit mir zu reden. Diese Erkenntnis traf mich schwer. Seit Wochen, nein es waren sogar schon Monate, fühlte ich mich innerlich leer und wie ein Wrack. Die ganze Sache machte mich weiterhin fertig. Ich brauchte John, ich hatte ihn immer gebraucht, aber es war versaut, vorbei. Wenigstens Sophie ging es besser. Wir telefonierten täglich und sahen uns fast jedes Wochenende. Ihr bauch war mittlerweile riesig und nicht mehr lange, dann konnte sie ihren kleinen Stern im Arm halten. Tom war für sie da, allerdings eher wie ein guter Freund. Ich fand es schade, dass sich zwischen ihnen nicht mehr entwickelt hatte, aber auch er hat in seinem Herzen Schaden genommen, der erst einmal verheilen musste. Ich hatte die Hoffnung für beide noch nicht aufgegeben. Wenigstens einer musste doch mal Glück haben.

Ich lief über einen Weihnachtsmarkt. Im Dunkeln leuchteten die Lichter wunderschön, es duftete nach Glühwein und Waffeln. Trotz der Kälte hinterließ die Weihnachtsstimmung ein warmes Gefühl in mir. Nur war ich allein und ich konnte die glücklichen Pärchen nur neidisch ansehen. Ich stellte mir jedes Mal vor, was hätte sein können. Wie ging es Derek wohl? Ich fragte mich ständig, was ich wirklich für ihn empfand. Anfangs war er nur ein Lückenfüller, so herzlos das klingen mag, doch es hatte sich eindeutig mehr entwickelt. Es konnte nur nie Sehnsucht nach John vollends übertreffen. Nun hatte ich beide verloren. Nein, ich durfte nicht in der Öffentlichkeit in Tränen ausbrechen. Ich sah wieder nach vorn, eine andere Möglichkeit gab es nicht. Da nahm ein Mann meine Aufmerksamkeit in Anspruch. Er lief einige Meter vor mir, es schien, als suchte er etwas oder irgendwen. Er kam mir sehr bekannt vor, dabei sah ich ihn nur von hinten. Dann drehte er sich um und mir wäre mein Glühwein beinahe aus der Hand gefallen. Er guckte sich weiter um, ich verblieb in meiner Schockstarre und folgte gebannt jeder seiner Bewegungen. Bis er mir direkt in die Augen sah, sich ein erleichtertes Lächeln auf seinem Gesicht ausbreitete. Erst zögerlich, dann immer zielstrebiger kam er auf mich zu. Ich konnte nichts anderes tun als ihn anzustarren, als sei er nur ein Tagtraum, selbst als er direkt vor mir stand.

„Deine Schwester sagte mir, dass ich dich hier finden würde." Er hatte Sophie gefragt, wo ich bin. Er hat nach mir gesucht, wollte mich wiedersehen. Ich glaubte, gleich zu sterben.

„Ich hätte dich schon viel früher gesucht, aber Sophie meinte immer wieder, dass ich dir erstmal Ruhe gönnen sollte." Darum war er erst in diesem Moment vor mir aufgekreuzt. Sophie war um mich besorgt und wollte mich nur beschützen. Das war vermutlich auch gut so.

„Ich habe dich so unendlich vermisst. Die Monate waren echt unerträglich.", sprach er weiter, als ich nichts erwiderte. Er wollte mich immer noch, trotz der Monate. War ich doch nicht nur die zweite Wahl, die Ausweichmöglichkeit? Ich weinte, doch diesmal vor Freude und Glück. Was hätte Besseres passieren können? John wirkte geschockt und schien meine Tränen falsch aufzufassen, also viel ich ihm um den Hals. Seit Monaten hatte sich nichts so gut angefühlt wie diese Umarmung. Wie ich das gebraucht hatte. Ihn gebraucht hatte. Scheiße, ich liebte ihn, fuhr es mir durch den Kopf. Aber wie.

„Ich habe dich auch vermisst.", gestand ich, als ich ihn ansah und er mir die Tränen aus dem Gesicht wischte. Und dann küssten wir uns. Diesmal richtig, ohne Verzweiflung oder Angst davor, erwischt zu werden. Wir konnten uns ganz normal küssen, wie ein ganz normales Paar. Ich war glücklich.

Das war es schon. Das ging einfach extrem schnell, dabei waren es ganz 29 Wochen, denen ein paar von euch diesem Buch von Anfang an gefolgt sind. Dieses Buch ist nicht gerade lang, trotzdem hoffe ich, dass es dem ein oder anderen gefallen hat. Eure anschließende Meinung würde mich an dieser Stelle herzlich freuen. Außerdem wäre es hilfreich, wenn ihr kommentieren würdet, ob ihr noch ein Zusatzkapitel wollt oder nicht. Ich bedanke mich für euer Feedback, für's Lesen und verabschiede mich hiermit aus dieser Geschichte. Vielleicht liest man sich bald wieder.

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