Kapitel 7

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Ich musste wahrscheinlich nicht erwähnen, dass ich in dieser Nacht quasi gar nicht schlief, oder? Die ganze Zeit zerbrach ich mir den Kopf darüber, ob ich meinen Plan auch wirklich so in die Tat umsetzen konnte, wie ich mir das vorstellte. Ich wollte Leo nicht enttäuschen, das hatte er einfach nicht verdient. Ständig kämpfte er nur und musste immer Rückschläge einstecken. Wann war damit denn endlich mal Schluss? Und jetzt, wo ich ihm nicht mal diesen einen Tag in Freiheit bieten konnte, wollte ich zumindest, dass dieser Filmabend klappte.
Noch vor dem Klingeln meines Weckers stand ich auf und ging duschen, ehe ich mir in Ruhe meine Klamotten für den heutigen Tag raussuchte, mich schminkte und meine Haare machte. Normalerweise hatte ich nie so viel Zeit, da ich immer so lange schlief wie möglich, also musste ich das ja mal ausnutzen. Zudem hatte ich keine große Lust darauf, mit meinen Eltern zu frühstücken und auf happy family zu machen, vorallem da ich sowieso keinen Hunger hatte und dann gab es wieder nur Diskussionen über mein Gewicht. Darauf konnte ich echt verzichten.

Die restliche Zeit vertrieb ich mir also in meinem Zimmer, schrieb Leo noch eine SMS, in der ich ihm einen guten Morgen wünschte und machte mich dann auf den Weg. Meine Eltern grüßte ich nur kurz und verschwand dann auch schon mit einem "Bis später" aus dem Haus. Konfrontationen bloß aus dem Weg gehen, lautete die Devise.
Auf dem Schulhof erblickte ich Lea, die aus Richtung Parkplatz auf mich zuschlenderte. ,,Naa du? Oh du siehst aber irgendwie angespannt aus. Ist alles okay?", sie zog die Augenbrauen hoch und ich konnte nicht anders, als erstmal zu lachen. Lea hatte wirklich eine besondere Gabe. Sie wusste irgendwie immer, wie es mir ging. Manchmal war das von Vorteil... aber manchmal konnte das auch anstrengend sein.

,,Hi Nervensäge! Ja, es ist alles okay, ich habe nur nicht sonderlich gut geschlafen!", versuchte ich sie zu beruhigen. Von meinem Plan wollte ich ihr erstmal nicht erzählen, weil ich das Gefühl hatte, es damit vielleicht verfluchen zu können. Ich war eben abergläubisch und ich wollte die Sache auf gar keinen Fall gefährden. Wahrscheinlich war das albern, aber das war okay, solange ich mich dann besser fühlte.
,,Okay, wenn du das sagst", mit einem Schulterzucken reichte sie mir einen der zwei Kaffeebecher, die sie in der Hand hielt und grinste mich an. ,,Hier, zum wach werden! Man, bin ich nicht einfach die beste Freundin, die man sich wünschen kann?", lobte sie sich selber mit einem breiten Grinsen, was mir ein höhnisches Lachen entlockte, aber ich wollte sie nur ärgern. ,,Du bist sogar besser als die Beste. Wenn das irgendwie geht!"
,,Danke, weiß ich doch!", damit legte sie einen Arm um mich und wir betraten das Schulgebäude. Kurz darauf trennten sich unsere Wege auch schon wieder, denn Lea hatte in den ersten beiden Stunden Reli. Ich hingegen hatte das Fach abgewählt und dafür Philosophie, aber bevor ich zu meinem Unterricht ging, machte ich mich noch auf den Weg zum Informatikraum.

Ich wollte jetzt mit Herrn Brose reden, denn bis zum Unterrichtsende hätte ich es sicher nicht ausgehalten. Mein Herz raste schon den ganzen Morgen, denn seine Antwort entschied über Erfolg oder Misserfolg meiner kleinen Mission.
Ich kam gerade die Treppen hoch, als ich sah, wie er seine Schüler, eine Gruppe 6. Klässler, in den Raum ließ und so lief ich einen Schritt schneller, um ihn noch zu erreichen.
,,Herr Brose! Haben sie einen Moment Zeit?", rief ich und sofort traf mich sein überraschter Blick, ehe er schließlich nickte und ich schon mal ein wenig aufatmete. Als ich vor ihm stehen blieb, lächelte ich und begann gleichzeitig, nervös an dem Deckel meines Coffee to go Bechers zu spielen.
,,Was gibt es denn, Hannah?"
,,Ähm... ich hätte mal eine Frage. Ich weiß, das ist wahrscheinlich ziemlich außergewöhnlich und so weiter, aber es wäre wirklich wichtig! Die Schule hat doch Beamer und Leinwände und sowas, richtig?", wollte ich wissen.
,,Äh, ja, sicher, aber warum möchtest du das wissen?"

,,Ich... also... wäre es möglich, dass man sich das mal für einen Abend ausleiht? Ich verspreche Ihnen hoch und heilig, dass ich vorsichtig sein und total gut damit umgehen werde. Und es ist echt nur für einen Abend. Ich bringe alles so wieder her, wie ich es bekommen habe. Ich könnte auch Pfand hinterlassen! Und sollte was passieren, was aber nicht so sein wird, komme ich natürlich auch für den Schaden auf, also-"
,,Hannah! Hannah... jetzt warte doch mal, ganz in Ruhe!", unterbrach er mich und ich nutzte das, um tief durchzuatmen. Ja, wenn ich aufgeregt war, redete ich ohne Punkt und Komma. Vielleicht war es aber auch die Angst, dass er nein sagen könnte, sobald ich aufhörte zu sprechen. Oder eine Mischung aus Beidem.
,,Also zunächst mal: Ich weiß nicht, ob das so einfach geht. Ich müsste das wahrscheinlich erst mit der Schulleitung absprechen. Wofür brauchst du das denn überhaupt?", fragte er jetzt und sah mich an, als sei ich verrückt geworden. Vielleicht war ich das inzwischen sogar. War ja auch kein Wunder, wenn nichts so klappte, wie man es sich vorstellte.

Seine Worte machten mir jetzt nicht unbedingt große Hoffnungen, aber so leicht gab ich sicher nicht auf.
,,Können Sie das nicht einfach so machen? Es muss doch keiner wissen. Wird auch niemand erfahren, denn wie gesagt, die Geräte werden tip top wieder zurück gebracht! Und ich brauche das, um jemandem eine große Freude zu machen. Und glauben Sie mir, dieser jemand kann das sehr gut gebrauchen!", ich flehte ihn ja schon fast an, eigentlich konnte gar nicht nein sagen. Wo war denn auch das Problem? Wenn mich an seiner Stelle jemand darum gebeten hätte, hätte ich sofort ja gesagt. Ich fragte ja nicht, ob er mir eine eins geben konnte, ich wollte nur etwas ausleihen!
,,Hannah, das kann ich nicht machen. Ich kriege ärger, wenn das rauskommt-" ,,Kommts aber bestimmt nicht, also-" ,,Okay, stop! Man, wärst du mal im Unterricht so engagiert, wie bei diesem Gespräch!", seufzte er und schüttelte leicht den Kopf. Witzig. Musste er jetzt wieder darauf herumreiten, wie schlecht ich in der Schule geworden war? Sooo dramatisch war es ja auch wieder nicht, ich war vielleicht 1-2 Noten abgesackt, aber sowas passierte eben schon mal. Jeder hatte bessere und schlechtere Phasen.

,,Bitte! Es ist sehr, sehr, sehr wichtig! Und ich lasse Sie nicht eher gehen, bis sie "Ja" sagen", erklärte ich dann, nur um zu sehen, wie er die Augen verdrehte. ,,Und du denkst ich lasse mich jetzt erpressen?", er lachte leise, schien mir Gott sei Dank nicht ernsthaft böse zu sein.
,,Geht es um deinen Freund?", überrascht und mit großen Augen blickte ich ihn an und auf einmal schien es ihm unangenehm zu sein, dass er diese Frage gestellt hatte. ,,Es tut mir leid, ich hätte das nicht fragen dürfen. Es ist nur... die Schüler reden und als Lehrer schnappt man einige Dinge auf. Es geht mich nichts an und ich wollte dir nicht zu nahe treten"
Wow, okay. Ich atmete tief durch und winkte dann ab. Mir war eigentlich schon klar gewesen, dass die Leute auf der Schule über mich redeten. Ich hatte das Ganze zwar nicht an die große Glocke gehangen, aber ich verheimlichte meine Beziehung zu Leo auch nicht. Warum auch? Weil er Krebs hatte? Weil er ein Bein verloren hatte? Weil er mit der Glatze anders aussah, als andere Typen? Nein, ganz bestimmt nicht. Aber es gab Leute, die sich deswegen ganz besonders dafür interessierten und sich das Maul zerrissen. Anscheinend war das jetzt auch schon bis zu den Lehrern vorgedrungen. Super. Hatten die alle nichts besseres zutun? Kein eigenes Leben, um das sie sich kümmern konnten?

,,Ist... schon okay. Und ja, es geht um ihn. Also wenn Sie "einige Dinge aufgeschnappt" haben, dann können Sie sich ja sicher denken, warum mir das so wichtig ist. Und warum es ihm so sehr helfen könnte", erwiderte ich mit fester Stimme und sah, wie er nickte.
,,Ja, durchaus. Aber ich müsste leider trotzdem erst mit der Schulleitung reden. Es tut mir leid, das ändert nichts"
Boom! Schon wieder hatte ich das Gefühl, mit voller Wucht gegen eine Wand gerannt zu sein. Eine Niederlage nach der anderen. Kämpfen, um am Ende doch nur zu verlieren. Es fühlte sich beschissen an. Ich war hilflos, machtlos. Und es machte mich wütend.

,,Toll. Wissen Sie was? Lassen Sie das einfach. Ich komm schon klar. Ich hoffe, dass Sie auch mal in so eine Situation kommen und Ihnen dann niemand helfen will. Danke für Nichts!", zischte ich, machte auf dem Absatz kehrt und rannte dann die Treppen nach unten, direkt raus aus dem Schulgebäude.
Ich würde keine Minute länger hier verbringen... Ich hatte die Schnauze einfach nur voll.
Scheiß auf Schule. Scheiß auf oberflächliche Arschlöcher. Ich war fertig damit!

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Ihr Lieben!
Noch habe ich keinen Co-Autor gefunden, habe es aber trotzdem mal geschafft, ein kleines Kapitel zu tippen.
Eure Ideen und Vorschläge habe ich mir natürlich zu Herzen genommen und wenn ich jemanden finden sollte, der mit mir schreibt, schauen wir mal, was davon umgesetzt werden kann :)
Ich hoffe ich kann euch mit dem mini Kapitel eine kleine Freude machen und wünsche euch noch einen schönen Sonntag :)

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⏰ Letzte Aktualisierung: Nov 27, 2016 ⏰

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