Kapitel 16

774 26 0
                                    

Es klingelt und ich packe schnell meine Sachen zusammen und gehe gerade hinaus zur Cafeteria. Tobi rennt mir hinterher, aber ich ignoriere ihn weiterhin. "Liv. Warte mal." Ich beschleunige mein Tempo, Tobi aber, hält locker mit mir Schritt. "Ach, komm. Du bist doch nicht noch sauer wegen gestern oder? Ich weiß es ist alles 'n bisschen blöd ausgegangen, aber ich finde wir sind alt genug, um über solche Kleinigkeiten drüber zu schauen." Mein Wangen glühen und noch mehr Wut steigt in mir auf. "Du hast sie doch nicht mehr alle! Für dich ist es vielleicht ein bisschen blöd ausgegangen, aber Jack liegt im Krankenhaus. Du bist ein Psycho! Lass mich bloss in Ruhe! Weißt du, dass beste was du gemacht hast, ist aus dieser Stadt zu verschwinden und jetzt machst du einen Fehler, weil du wieder da bist." Ich schreie ihn lauthals an und es ist mir egal, dass sich langsam all unsere Mitschüler um uns versammeln. "Was denkst du denn? Denkst du, du kommst zurück und ich bin so dumm und lass mich wieder auf dich ein!? Ich hasse dich sowieso schon und wäre niemals wieder mit dir zusammen gekommen. Selbst, wenn es noch eine klitze kleine Chance gegeben hätte, hat deine Aktion gestern alles zerstört!" Für einen kleinen Moment sehe ich schmerz in seinen Augen, doch sofort fängt er wieder an spottisch zu Grinsen. "Ach, du bist auf mich sauer, weil dein kleiner neuer es nicht drauf hat, sich zu verteidigen? Weißt du, vielleicht sollten wir echt nicht wieder zusammen kommen, denn ich will nichts mit einer Schlampe anfangen, die sofort was mit dem Neuen hat, der erst seit ein paar Tagen da ist." Autsch, dass tut weh. Aber gleichzeitig ist das auch so lächerlich, denn Jack und ich haben Ja nichts am laufen. "Er ist nicht mein Neuer. Wir sind nur Freunde." "Ach und deswegen lässt er sich für dich von mir verprügeln?" Er kommt näher zu mir und flüstert mir leise ins Ohr. "Ich hoffe für dich, dass er nicht dein Neuer ist, denn das was ich ihm angetan hab, war noch gar nichts." Danach verabschiedet er sich mit einem Grinsen und einen "Bye schatz."

Der Kreis, der sich um uns versammelt hat, löst sich langsam auf, während ich weiterhin Regungslos da stehe. Er hat gerade wirklich gedroht Jack mehr anzutun, wenn was zwischen uns läuft. Und ich kenne Tobi, er macht seine Drohungen war.

"Liv, süße. Alles klar?" Benommen drehe ich mich zu Amanda. "Was?" Wie lange stehe ich hier schon? Ich war ganz in Gedanken und habe nicht gemerkt, dass ich immer noch im Flur stehe. Sie schaut mich besorgt an. "Na, komm. Wir gehen in die Cafeteria und holen dir erstmal was zu Essen." Amanda führt mich zu unserem Tisch, wo Nick und Tim schon auf uns warten. "Setz dich, ich hol uns 'n Salat." Tim und Nick beenden sofort ihr Gespräch und begutachten mich. "Alles ok? Es sieht irgendwie so aus, als wenn du unter Schock stehen würdest." Tim war schon immer gut darin, sofort zu erkennen, was mit mir los ist. Ohne um den heißen Brei zu reden, rücke sofort mit allem raus. "Tobi hat gedroht Jack noch mehr anzutun, wenn ich jemals was mit ihm anfange. Was soll ich denn jetzt bloss machen?" "Fang einfach nichts mit Jack an." Sofort schlägt Tim Nick mit seinem Ellbogen. "Du Idiot." "Hey Autsch, aber.." "Das hat Ja nicht nur was mit Jack zu tun. Er hat ihr indirekt gedroht alle zu verprügeln, mit den sie was anfängt oder den sie mag. Wer weiß, vielleicht sind auch wir bald dran." Meine Augen weiten sich und ich bin total geschockt, daran hab ich noch gar nicht gedacht.

Die ganze Woche habe ich versucht Tobi so gut wie möglich aus dem Weg zu gehen und Jack habe ich auch nicht wieder besucht, obwohl es mir nicht leicht gefallen ist, aber meine Angst um ihn war größer, als meine Sehnsucht ihn wieder zu sehen.

Es ist Samstag und ich sitze gemütlich mit Jogginghose und einem XXL T-shirt im Wohnzimmer und schaue mir "Little Manhattan" an, während ich Literweise Tee und ab und zu ein Glas Wein trinke. Dad und Finn sind zusammen mit den Nachbarn Essen und kommen wahrscheinlich erst heute Nacht wieder. Ich konnte mich zum glück mit Fieber vom Essen entschuldigen.

Genau an meiner Lieblingsstelle Klingelt es und ich drücke genervt auf Pause. Leicht beschwippst taumle ich zur Tür und öffne sie.

"Hallo Liv." Er lächelt mich süß an und ich habe sofort wieder Schuldgefühle. Sein Verband auf dem Kopf ist zwar weg, aber sein pfeilchen am Auge ist immer noch leicht sichtbar. "Jack... Was machst du denn hier?" Er lacht auf und mein Herz fängt an schneller zu schlagen. "So habe ich die Begrüßung zwar nicht erwartet aber okay." "Oh Ehm... tut mir leid. komm doch rein." Ich werde rot und trete zur Seite, um ihm Platz zu machen. Er begleitet mich ins Wohnzimmer und schaut sich um. Als er die Teekanne, den Wein und den Film sieht, der gerade auf Pause ist, schaut er entschuldigend an mir herab und zeigt auf mich und den Film. "Störe ich? Ich kann auch wieder gehen, also.." "Was?" ich schaue an mir herab und werde wieder rot, als ich realisiere, dass ich voll die Penner Klamotten an habe. "Nein, Nein. Du störtst nicht. Ich... Du kannst gerne mit mir gucken. Ich bin eh alleine." "Na wenn das so ist, ok." Er lächelt und ich nehme ihm seine Jacke ab und hänge sie über den nächsten Stuhl. "Willst du was bestimmtes trinken?" Er greift zum Wein und schaut ihn sich genauer an. "Also, das sieht ganz lecker aus." Ich nicke einfach nur stumm und hole ihm ebenfalls ein Weinglas. Er schüttete mir und sich selbst etwas ein und wir stoßen zusammen an. "Prost." Jack nimmt nur einen kleinen Schluck und schaut überall hin, bloss nicht zu mir. "Du hast mich nicht mehr besucht und hast auch meine anrufe und Nachrichten ignoriert. Ich habe mir sorgen gemacht." Ich schaue beschämt auf den Boden und weiß nicht was ich sagen soll. Er berührt vorsichtig meinen Arm, gleichzeitig rutscht der Ärmel seiner Jeansjacke etwas nach oben und entblösst seine blauen Flecken am Arm. Ich wende mich ab und nehme noch einen kräftigen Schluck von dem Wein. "Hab ich was falsch gemacht?" Ich zucke zusammen, als ich seine verletzte Stimme höre. Es tut weh, dass er sich jetzt Vorwürfe macht. "Nein. Ich..." Ich kann meinen Blick einfach nicht von seinem Arm lassen. Ohne ein weiteres Wort nehme ich seinen Arm und schiebe seinen Ärmel hoch. Noch mehr Schuldgefühle steigen in mir hoch, als ich sehe, das sein ganzer Arm voller blauer Flecken und wunden ist. "Hast du noch mehr?", frage ich mit zittriger Stimme. Er zieht seinen Arm zurück und schiebt seinen Ärmel wieder runter. "Hast du mich deshalb ignoriert, weil du Schuldgefühle hast?" "Du hast meine Frage nicht beantwortet, Hast du noch mehr blaue Flecken? sieht das an deinem ganzen Körper so aus?" "Das ist doch egal Liv." "Nein, ist es nicht!", schreie ich mit tränen in den Augen. Ich dummes Mädchen, warum weine ich eigentlich immer!? "Es ist verdammt noch mal nicht egal! Es ist nicht egal, dass du verprügelt wurdest, wegen mir, es ist verdammt noch mal nicht egal, dass du an deinem ganzen Körper Verletzungen hast! Mir ist das nicht egal. Ich bin das nicht Wert! versteht du das denn nicht?! Du kennst mich kaum und stellst dich trotzdem solchen gefahren aus! Wieso verdammt!? Wieso!?" Der Alkohol zeigt langsam seine Wirkung und die Worte sprudeln nur so aus mir heraus. Anstatt mir zu antworten, zieht Jack mich zu sich und küsst mich. Ich bin so überrascht, dass ich augenblicklich aufhöre zu weinen. Ich erwidere seinen Kuss und genieße es regelrecht, wie er mich am Anfang eher vorsichtig küsst und langsam immer fordernder und leidenschaftlicher wird. Wir fallen langsam nach hinten und er stöhnt leise auf. Meine Hände gleiten über seinen Rücken zu seinen Haaren, die ich wild durcheinander bringe. Mit einem Arm stützt er sich an der Couch ab und mit der anderen Hand streichelt er weine Wange. Es ist wunderschön ihn zu küssen und mein Bauch kribbelt wie verrückt. Es ist so, als wenn alles was vor ein paar Tagen passiert ist, weg wäre. Es gibt nur noch Jack und mich, wie wir uns küssen und.. Tobi. Seine Worte hallen in meinem Kopf wieder.

"Ich hoffe für dich, dass er nicht dein Neuer ist, denn das was ich ihm angetan hab, war noch gar nichts."

Ich stosse Jack von mir und er ist sichtbar total überrascht. "Nein, das geht nicht. Es tut mir leid, aber das kann ich nicht. Es.. es tut mir leid." Ohne auf seine Antwort zu warten renne ich ins Badezimmer und sperre mich dort ein.

SommerregenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt