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Ich saß auf dem Hügel, etwas abgelegen von meiner Fraktion, den Amite und dachte nach.
Ich war jetzt 16 und mein Freund, Jayden auch, das hieß, dass wir bald unser zu Hause wechseln sollten, so fern unser Test sagen sollte, dass wir eher in eine andere Fraktion sollten.
Bis jetzt habe ich mir selber geschworen, dass ich diesem Initiationstest folgen werde, diesen Schwur würde ich auch bei behalten, aber ich hatte etwas Angst, wenn Jayden nun ein anderes Ergebnis haben würde als ich, was mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit passieren würde, weil wir einfach von Grund auf verschieden waren, was würde dann mit uns passieren?

Ich vernahm ein Schnaufen und stampfende, schlurfende Schritte, diese konnten nur Jayden gehören.
"Hey, Prinzessin.", begrüßte er neckend und kam auf mich zu, um mich zu umarmen, was sich in unserer Fraktion so gehörte. Ich stand kurz auf, um ihn zu umarmen und flüsterte ein "Hi" in sein rotes Shirt, aber ließ mich dann wieder zurück ins Gras fallen und starrte auf die weite Landschaft, den Ackerbau, den wir betrieben.

Ich spürte Jaydens' Blick auf meinem Gesicht liegen, aber ich versuchte es zu ignorieren, was zu gegeben nicht mal ganz so einfach war, denn ich wusste, dass er, egal wie stur ich auch war, dass er immer alles haargenau wissen wollte.

"Was überlegst du?", fragte er nun und ich merkte, wie er nun auch mit seinen Augen über die Landschaft strich.

Ich kniff meine Augen für einen Moment zu, drehte meinen Kopf zu ihm, zog ein Mal tief die Luft durch meine Nasenlöcher ein und fing an zu reden: "Morgen ist der Initiationstest und ich bin mir ganz sicher, dass wir verschiedene Ergebnisse haben werden. Ich meine, sieh dich doch mal an, du bist taff und stark und mutig, also wärst du ein perfekter Ferox und ich, ich bin klug und gerissen, also, wenn mich nicht alles täuscht eine Ken..."

Ohne ein Wort zu verlieren, zog er mich an sich und nahm mich in seine Arme.
Mir brannten die Tränen in meinen geschlossenen Augen und lautlos fing ich an zu weinen.
"Ich hab Angst, Jayden.", schluchzte ich.
"Ich weiß, aber alles wird gut werden!", versprach er.
Ich merkte an seiner Stimmlage, dass er sich da selber allerdings nicht mal so sicher war, genau so wie ich, was, wenn wir die falsche Entscheidung treffen und fraktionslos werden würden?

Ich löste mich aus seiner Umarmung und benutzte meinen Ärmel, den ich mir über die Fingerspitzen zog, um die restlichen Tränen aus meinem Gesicht zu wischen.
ich schniefte noch einmal, rappelte mich dann auf, den Blick die ganze Zeit über, auf den verwunderten, noch sitzenden, Jayden gerichtet.

"Ich muss gehen.", sagte ich, beugte mich noch einmal zu Jayden runter und drückte ihm noch schnell einen Kuss auf die Lippen, wodurch meine Lippen heftig anfingen zu brennen.
Ich rannte den Hügel hinunter und an dem einen oder anderen Ackerbau vorbei, zu uns nach Hause.
Ich blieb vor unserer Tür stehen und atmete einmal tief ein und aus, damit ich nicht mehr ganz so sehr außer Puste war und öffnete unsere Tür.

"Hey Abi!", begrüßte meine Mutter aus der Küche. Ich zog meine Schuhe aus und ging zu ihr in die Küche und setzte mich dort auf den Stuhl hinter ihr, ein Bein an meinen Bauch angewinkelt.
"Wie war dein Tag?", fragte sie mich mit einer sehr guten Laune und drehte einmal ihren braunen Lockenkopf zu mir, den ich von ihr geerbt hatte, so wie meine olivgrünen Augen, obwohl meine noch einen Tick heller als ihre waren.

"Joah, ganz gut, schätze ich mal.", sagte ich unbeeindruckt.
Ohne auf meine Antwort zu reagieren forderte sie mich auf, ihr beim Abwasch behilflich zu sein: "Dort steht noch so viel herum, hilf mir bitte mal, Liebes."
Ich drückte mich stöhnend aus meinem Stuhl hoch und gesellte mich neben meine Mutter, an unsere zweite Spüle, was wir extra haben einbauen lassen, damit mein jüngerer Bruder Noah oder ich immer beim Abwasch mithelfen konnten.

Meine Mutter erzählte von ihrem Tag und obwohl es mich eigentlich wirklich interessierte, wie Noah sich im Moment in der Schule machte, hörte ich nur mit halbem Ohr zu, ich musste nämlich noch immer an Jayden's und mein Gespräch denken...

Ich glaubte, er wusste es auch, vielleicht war er sich sogar sicher, dass wir uns trennen oder zusammen bleiben würden. Vielleicht war es ihm egal, vielleicht aber auch nicht... Es gab so viele unbeantwortete Fragen, aber ich konnte mich zwischen den Antworten nicht entscheiden, weil ich dafür einfach zu wenig über Jayden wusste, wir waren schließlich erst seit gut 5 Wochen zusammen.

Ich war so sehr in meinen Gedanken versunken, dass ich gar nicht gemerkt hatte, dass meine Mutter mich etwas gefragt hatte.
"Abi?", fragte sie mich, schob ihr Gesicht in meinen Blickwinkel und schnipste mit ihren Fingern vor meinem Gesicht rum.
ich schüttelte meinen Kopf um meine Gedanken 'bei Seite' zu schieben.

"Was ist los?", fragte ich unwissend.
Meine Mutter rollte mit den Augen und fragte: "Wie findest du das?"
Weil ich so überhaupt nicht wusste, worauf sie hinaus wollte und ich dazu erzogen wurde, immer freundlich zu sein, antwortete ich einfach nur mit einem "gut".
Anscheinend gab sich meine Mutter mit dieser Antwort zufrieden, denn sie machte keine weiteren Anspielungen.

"Du, Mum?", fragte ich nach einer etwas längeren Pause zwischen uns und sah ihr beim Säubern des Tellers zu.
"Ja, was ist Abi?", antwortete sie und sah von ihrem Geschirr auf zu mir und legte den gerade geputzten Teller auf den Stapel der sauberen Teller.
"Was würdest du machen, wenn Dad in eine andere Fraktion müsste und du ihn nie wieder sehen würdest?", sprach ich meine Frage aus.
Sie blähte ihre Backen auf und starrte runter auf den Schaum in der Spüle.
"Schwer zu beantworten.", fing sie an, "Aber ich denke, ich würde versuchen mein Leben weiter zu leben und ihn zu vergessen..."
Sie nahm sich den nächsten Teller und spülte diesen ab ohne mich zwischen durch eines Blickes zu würdigen.

Zuerst verstand ich nicht ganz, was sie sagen wollte, aber dann fiel es mir auf: "Du würdest dir einen neuen suchen?"
Sie zuckte mit den Schultern und nickte zaghaft.
"Okay.", antwortete ich und widmete mich auch wieder meinen restlichen drei Tellern.
"Warum die Frage?", fragte sie mich nun.
Ich zuckte mit meinen Achseln und sagte: "Weiß nicht, hat mich halt gerade so interessiert..."

Nachdem ich den letzten Teller abgetrocknet und auf den Stapel gelegt hatte, ging ich nach oben in mein Zimmer, schmiss mich auf mein Bett und wollte eigentlich überlegen, aber es dauerte nicht lange, bis ich einschlief.

***

Unsanft wachte ich von einem, in regelmäßigen Abständen erklingendes, Geprassel, aber Regen war es nicht.
Gähnend stand ich auf und schlurfte zu meinem kleinen Fenster, am Ende meines Zimmers.
Ich öffnete es sperrangelweit und lehnte mich auf mein Fenstersims, um besser nach draußen lugen zu können, aber ich sah nur schwarze Dunkelheit.

"Abigail? Bist du das?", flüsterte jemand in die Nacht hinein, aber dennoch so laut, dass ich es bis in den ersten Stock, in dem sich mein Zimmer befand,  hören konnte. Es war definitiv Jayden!
"Ja, ich bin es Jay", antwortete ich.
"Ich wollte dich nur fragen, ob alles in Ordnung ist, du bist vorhin so Hals über Kopf davon gestürmt.", fragte er mich besorgt, was ich zu gegeben wirklich süß von ihm fand.
"Ja, es ist alles Bestens. Du brauchst dir keine Sorgen machen!", versprach ich ihm.
"Ok, das freut mich.", ich konnte sein Lächeln förmlich hören. "Wegen morgen, du brauchst dir echt keine Sorgen zu machen, es wird alles gut werden und nun schlaf gut.", versprach er mir nun.
"Danke, du auch, bis morgen.", flüsterte ich als Abschluss.
"Bis morgen.", verabschiedete er sich auch und ich sah, wie seine schwarze Silhouette aus meinem Blick verschwand.

Ich musste mir wirklich keine Sorgen zu machen, Jayden hatte Recht, es würde alles gut werden, überlegte ich mir, während ich das Fenster schloss und mich wieder in mein Bett begab um weiter zu schlafen.

Alles, was ich her gabDonde viven las historias. Descúbrelo ahora