Fühlt sich wie fliegen an

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Lukas kämpfte noch immer mit seinem Schluckauf, betrachtete kritisch das kleine Glas in seiner Hand und überlegte wohl, ob es wirklich noch reinpasste. Da durch seinen leichten Seegang jetzt sowieso nur noch die Hälfte drin war, zuckte er mit den Schultern und kippte es runter.
„Bah was ist das denn?", lallte er. „Das schmeckt ja nach Lakritz. Eklig!"
Beim Versuch, das Glas zurück auf den Tresen zu stellen, kippte er zur Seite. Ich konnte ihn gerade noch so aufrecht halten und er hing jetzt wild lachend in meinem Arm.
„Oh Timi! Ich bin so besoffen!"

Benni tippte mich an der Schulter an. „Timi, kommst du jetzt mit zum Klo, oder nicht?"
„Was wollt ihr da?", fragte Lukas grinsend. „Wenn Timi mit jemandem aufs Klo geht, dann mit mir!"
„Und was wollt ihr dann da?", fragte Benni. „Du hast bestimmt nicht das in der Hosentasche, was er dort gebrauchen könnte."
Lukas hangelte sich am Tresen entlang und legte nun Benni seine Arme um die Schultern. „Ich hab aber was anderes in der Hose, das Timi gebrauchen könnte", sagte er und grinste Benni breit an.
„Und das wäre?", fragte Benni sichtlich irritiert.

Lukas sah zu mir rüber. Ich schaute ihn einfach nur geschockt an und hoffte, er würde jetzt endlich mal die Klappe halten. Seine Pupillen zuckten unsicher im Raum herum, dann guckte er wieder zu Benni, der ihn noch immer mit hunderten von Fragezeichen in den Augen ansah.
Lukas tastete hektisch seine Hose ab, dann zog er irgendwas aus der Tasche.
„Den Notfallbrausebrocken!", rief er dann und hielt Benni einen Würfel Waldmeister-Ahoj-Brause vor die Nase.
„Was ist denn ein Notfallbrausebrocken?", fragte Benni und verstand offenbar nur Bahnhof.
„Na wenn ich unterwegs Kreislauf kriege!", rief Lukas.
Benni nahm den Würfel, wickelte ihn aus dem Papier und schmiss ihn in seinen Mund. „Nimmt man da nicht eigentlich Traubenzucker?"
„Der war leer im Laden", meinte Lukas und sah etwas enttäuscht auf das nun leere Papierchen, das Benni in ein leeres Glas geworfen hatte.
„Wie auch immer", sagte Benni und verzog ein bisschen das Gesicht wegen der Säure. „Ich geh jetzt mal alleine aufs Klo.

Ich beobachtete Benni noch dabei, wie er sich aus unserem Sichtfeld verzog, dann packte ich Lukas an den Schultern und sah ihn leicht fassungslos an. „Lukas!"
Er biss sich auf die Unterlippe und legte mir eine Hand an die Hüfte. „Was denn?", fragte er total unschuldig.
„Bist du irre?"
„Warum denn?", fragte er und legte mir auch noch seine andere Hand an die Hüfte. Auch, wenn es mir schwer fiel, weil es sich wirklich schön anfühlte, schob ich seine Hände von mir weg.
„Du kannst doch zu Benni nicht sagen, dass du was in der Hose hast, was ich gebrauchen könnte. Wie hört sich das denn an?"
„Oh", sagte Lukas und fuchtelte ein bisschen mit seinen Händen herum, weil er nicht wusste, wohin damit. „Ich weiß auch nicht. Ist einfach so aus meinem Mund gekommen!"
„Dann pass ein bisschen auf, was so aus deinem Mund kommt", sagte ich und schaute in seine Augen, die gerade so wunderbar grün glitzerten.
Lukas grinste und ließ langsam seinen Blick an meinem Oberkörper entlang wandern, bis er in meiner Mitte angekommen war. „Naja, ich will lieber aufpassen, dass heute noch was in meinen Mund kommt."
„Oh Gott, Lukas", stieß ich aus, während ich spürte, wie mir die Röte ins Gesicht schoss.
„Ich kann nicht mehr stehen. Ich bin so betrunken", jammerte Lukas plötzlich, hielt sich an mir fest und legte seinen Kopf auf meine Schulter. Da er ansonsten umgefallen wäre, konnte ich nichts anderes tun, als meine Arme um ihn zu legen.

Ich spürte die Hitze, die von ihm ausging und roch den Alkohol, gepaart mit seinem Parfum. Ich strich einmal kurz mit meiner Hand an seiner Seite unter dem Hemd entlang und mir fiel auf, dass sein Herz an meiner Brust heftig zu hämmern begann. Wenn wir doch jetzt nur alleine wären...
Aber das waren wir eben nicht, darum nahm ich meine Hand von seiner unfassbar zarten Haut weg und krallte mich wieder im Stoff seines Hemdes fest, um ihn zu stabilisieren.

Ich sah mich ein wenig in der näheren Umgebung um und stellte fest, dass uns niemand komisch ansah, was mich sehr beruhigte. Offenbar wirkte es wirklich nur so, als würde ich einen besoffenen Kumpel festhalten und man dachte sich nichts weiter dabei. Auch Lukas hielt seine Hände still und ließ seine Arme einfach nur erschöpft nach unten hängen.

Zehn SekundenWhere stories live. Discover now